Julia Extra Band 362
Er, Karim, hatte nur zum Ausdruck bringen wollen, dass er bezüglich seiner Entscheidung, Rachel zu heiraten, keinerlei Einmischung dulden würde. Und ebenso wenig würde er es zulassen, dass ihr irgendwer respektlos begegnete.
„Aber für mich haben sie sich geändert“, hatte er gesagt. „Durch Rachel. Ich liebe sie, und ich bin überglücklich und stolz, dass sie meine Frau werden möchte.“ Seinem Vater schien der unbeugsame Unterton in seiner Stimme nicht entgangen zu sein, weil er das Telefonat mit den Worten beendet hatte, dass er erwarte, Karim bald zu sehen.
Sehr bald, dachte Karim, als das Flugzeug jetzt auf der Landebahn aufsetzte und der Pilot über Lautsprecher verkündete, dass sie am Ziel waren.
„Ist alles in Ordnung, Liebste?“, fragte Karim, nachdem sie in der ersten Limousine der Wagenkolonne Platz genommen hatten, die am Flughafen auf sie gewartet hatte. Roberta saß mit Ethan im zweiten Wagen. Beim Anblick des großen Empfangskomitees war es Rachel ziemlich flau im Magen geworden, aber Karim hatte aufmunternd gesagt: „Das schaffst du.“ Und er hatte recht. Für Karim konnte sie alles.
Das Problem im Moment war einfach, dass seine Titel – Scheich, Prinz, Thronfolger – bis jetzt nur Worte gewesen waren. Und dass sie unmöglich die perfekte Ehefrau werden konnte, die er in ihr sah, weil sie eine perfekte Lügnerin war. Aber mit den Lügen war es jetzt vorbei. Wenn sie Karim wirklich liebte, musste sie ihm die Wahrheit sagen. Er liebte sie. Und genau deshalb würde er sie verstehen. Oh ja, er musste sie einfach verstehen. Durch ihre Entscheidung, ihm bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit alles zu gestehen, wuchs ihr auch noch das letzte fehlende Quäntchen Mut zu.
„Ja“, flüsterte sie.
Sie fuhren eine von Palmen gesäumte Allee entlang, durch eine moderne blühende Stadt, an deren Ende sich vor einem wolkenlos blauen Himmel ein elfenbeinfarbener, mit goldenem Stuck verzierter Palast abhob. Nachdem sie dort vorgefahren waren, wurde ihre Wagentür von außen geöffnet, und ein Mann mit einem weißen arabischen Kopftuch salutierte. Karim stieg aus und ergriff Rachels Hand, die eiskalt war.
„Hab keine Angst, alles wird gut“, sagte er leise.
Und tatsächlich war alles gut, als sie die lange Treppe zum Palast hinaufgingen, dicht gefolgt von Roberta mit Ethan. Auch als sie durch das schwere goldene Eingangsportal den Palast betraten, war immer noch alles gut. Ebenso, als sie dem Dienstboten über einen langen Flur mit glänzendem Marmorboden folgten, der nicht zum Thronsaal, sondern zu den Privatgemächern des Königs führte.
Obwohl Karim sich wunderte. War es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, dass sein Vater entschieden hatte, sie hier zu empfangen? Nachdem der Bedienstete sie mit einer Handbewegung aufgefordert hatte, den großen Wohnraum des Königs zu betreten, blieb Karim irritiert stehen.
Hier hatte man zum Schutz vor der Nachmittagssonne die schweren Vorhänge an den Fenstern zugezogen, sodass der ganze Raum in ein Dämmerlicht gehüllt war. Der König saß in einem kunstvoll verzierten Sessel aus Elfenbein und Ebenholz, während sich im Hintergrund dunkle Schatten ballten. In der Luft lag eine Spannung, die Karim fast körperlich zu spüren meinte. Er hatte Rachel einen Arm um die Taille gelegt, den er auch jetzt nicht wegnahm.
„Vater“, sagte er. „Darf ich dir meine zukünftige Frau Rachel vorstellen?“
Der König erhob sich.
„Wir möchten nicht gestört werden“, gebot er dem Diener, der sie hergebracht hatte, knapp. Sobald der Mann verschwunden war, hob sein Vater eine Hand und bedachte Rachel mit einem kalten Blick.
„Das ist eine Frau, die weiß, wie man einen Trottel in die Falle lockt.“
Karim kniff empört die Augen zusammen. „Hör zu, alter Herr …“
„Oh nein, mein Sohn! Du hörst mir zu.“
Sobald er seinen Satz beendet hatte, trat aus den Schatten hinter ihm eine Frau mit langem blondem Haar. Rachel wurde vor Schreck fast ohnmächtig, und es dauerte einen Moment, bis sie sich soweit gefasst hatte, dass sie ungläubig ausrufen konnte: „Suki?“
„Richtig geraten“, gab Suki höhnisch zurück. „Hast du wirklich geglaubt, ich lasse dich damit durchkommen, Schwesterherz?“
Karim schaute völlig perplex von einer Frau zur anderen. „Rachel? Ist das deine Schwester?“
Rachel drehte sich zu ihm um. „Karim.“ Ihre Stimme zitterte so sehr, dass sie kaum sprechen konnte. „Karim, bitte … ich wollte es dir schon
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