Julia Extra Band 362
ihn vom ersten Moment an belogen, und das rächte sich jetzt. Sie würde das Kind verlieren, das sie liebte wie ihr eigenes. Und obendrein auch noch den Mann, den sie liebte. Genau betrachtet hatte sie beide bereits verloren, und zwar für immer.
Oh, natürlich konnte sie Suki die Schuld geben. Und Karim konnte sie vorwerfen, dass er wieder der herzlose Scheich war. Aber war die Sache wirklich so einfach? Immerhin hatte sie gelogen. Außerdem hatte sie sich Gefühle gestattet, die gefährlich waren, obwohl sie es besser hätte wissen müssen.
„Miss?“
Rachel schaute auf. Die Stimme gehörte dem Dienstboten, der sie hierher gebracht hatte, aber er hatte Roberta angesprochen.
„Das Kind …“ Der Mann streifte Rachel mit einem flüchtigen Blick. „Die Mutter des Kindes benötigt Ihre Hilfe.“
„Ich will ihr aber nicht helfen“, entgegnete Roberta wütend.
Rachel berührte sie am Arm. „Bitte“, sagte sie. „Gehen Sie. Sie tun es nicht für meine Schwester, sondern für … meinen kleinen Jungen. Er braucht Sie. Bitte.“ Ihre Stimme brach. „Er ist wahrscheinlich völlig durcheinander, in einer fremden Umgebung, mit einer Frau, die er …“ Ihr schossen die Tränen in die Augen. Sie streckte die Hand aus und nahm Robertas Hand. „Bitte, Roberta“, wiederholte Rachel. „Mein kleiner Junge braucht Sie.“
Jetzt kamen Roberta ebenfalls die Tränen. „Ja, Sie haben recht. Machen Sie sich keine Sorgen, ich bleibe bei ihm, solange man es mir erlaubt.“
Die beiden Frauen umarmten sich. Dann verließ Roberta mit dem Dienstboten den Raum, und Rachel blieb allein zurück. Sogar der König war gegangen. Plötzlich war es totenstill. Rachel fuhr sich mit den Händen über die nassen Augen, unschlüssig, was sie jetzt tun sollte. Hier war für sie alles verloren, deshalb musste sie diesem schrecklichen Ort schnellstmöglich den Rücken kehren, die Frage war nur, wie.
„Rachel.“
Das war seine Stimme, diese vertraute tiefe Stimme, die sie unter Millionen anderer Stimmen heraushören würde. Rachel wirbelte zur Tür herum und sah den Mann, den sie liebte, auf der Schwelle stehen. Auf seinem Gesicht spiegelte sich nackte Wut, aber das änderte nichts an ihrer Liebe zu ihm. Er stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an.
„Karim“, sagte sie mit bebender Stimme. „Karim, ich flehe dich an, gib mir wenigstens noch die Chance, dir zu erklären …“
„Ich kenne deine Lügen. Ich habe sie mir bereits angehört.“
„Ich hätte das mit Ethan nicht sagen dürfen, ich weiß. Aber was meine Liebe zur dir und zu Ethan betrifft, habe ich nicht gelogen.“
Er presste die Lippen zusammen. „Spar dir die Mühe, es ist zwecklos.“
„Ich liebe dich, Karim. Das musst du mir einfach …“
Er streckte die Hand aus und hielt ihr ein Stück Papier hin.
Sie starrte darauf. „Was ist das?“
„Ein Scheck.“
„Ein Scheck?“, wiederholte sie entgeistert. „Wofür?“
„Es ist eine Honorierung deiner Schauspielkunst. Was du geboten hast, war wirklich eine Glanzleistung. Na los, nimm schon.“
Rachel hob die Hände, als wollte sie einen Fluch bannen.
„Sind fünfzigtausend Dollar nicht genug?“ Er zuckte die Schultern. „Was willst du? Hunderttausend? Ich warne dich, Rachel. Meine Großzügigkeit hat Grenzen.“
„Glaubst du allen Ernstes, ich würde dein Geld nehmen?“ Sie lachte fassungslos auf. „Ich will dein Geld nicht. Ich will …“
„Du willst nur, was für dich bereits in Reichweite lag“, erwiderte er kalt. „Die Finger auf meinem Vermögen. Ein Leben an meiner Seite. Ein Kind, das dir nicht gehört.“
Jedes Wort traf sie wie ein Peitschenhieb.
„Das ist nicht wahr!“
„Dir steht es nicht zu, mir zu sagen, was wahr oder unwahr ist.“
„Du hast mich nie geliebt“, flüsterte Rachel. „Wenn du mich geliebt hättest, wüsstest du, dass ich an deinem Geld nicht interessiert bin. Und du wüsstest auch, dass Suki die Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit verdreht hat. Ja, es stimmt, Ethan ist ihr Sohn, aber sie hat ihn nie gewollt. Und dann ist sie plötzlich abgetaucht, und ich habe nie wieder etwas von ihr gehört.“
„Reden kannst du ja, das muss man dir lassen“, sagte Karim tonlos.
„Verdammt, hörst du mir eigentlich zu? Suki hat sich das alles ausgedacht. Ich habe nie versucht, ihr Rami wegzuschnappen, ich habe ja kaum jemals mit ihm geredet. Was Ethan betrifft, habe ich dich angelogen, das stimmt. Aber ich hatte
Weitere Kostenlose Bücher