Julia Extra Band 363
konnte den sinnlich-würzigen Duft seines Aftershaves riechen. Es sandte ein Prickeln durch ihren ganzen Körper. Der Abend würde brandgefährlich werden. „Meistens mache ich um fünf Schluss, aber natürlich muss ich noch nach Hause, um mich umzuziehen.“
„Ich werde Sie von zu Hause abholen“, schlug Radford vor. „Sagen wir um halb acht?“
Sie nickte.
„Gut. Ich freue mich schon darauf!“
Kristie seufzte. Sie wusste, dass es hart, wenn nicht geradezu unmöglich werden würde, seiner unverhohlenen sexuellen Anziehungskraft zu widerstehen. Sie hoffte inständig, dass Radford nicht mehr oft hier sein würde.
Die Konzentration fiel ihr an diesem Tag schwerer als sonst. Sie war froh, als sie einen Anruf erhielt und daraufhin zu einem Kunden fahren musste. Es war bereits halb sieben, als sie endlich nach Hause kam. Dort badete sie Ben in aller Hektik und brachte ihn zu Bett. Sie hätte das Baden auch Chloe überlassen können, wollte aber so wenig wie möglich von der wertvollen Zeit mit ihrem Sohn verpassen. Wenn sie ihn mit Chloe allein ließ, fühlte sie sich immer so schuldig, dass sie es mit jeder Menge Umarmungen und Küssen und sonstigen Liebesbeweisen wiedergutzumachen versuchte.
Ben schlief bereits, als Radford ankam, und Kristie schaffte es, ihn ruhig und gelassen zu begrüßen und zum Wagen zu begleiten. Neben ihm zu sitzen verursachte ihr jedoch einen wahren Sinnestaumel. Sie hatte noch nie einen Mann getroffen, dessen bloße Anwesenheit sie derart erregte.
Im Restaurant – ein abgeschiedener, gemütlicher kleiner Ort auf dem Land – war es nicht viel besser. Kein einziges unangemessenes Wort verließ Radfords Mund. Im Gegenteil, er benahm sich wie der perfekte Gentleman. Trotzdem wirkte seine unmittelbare Gegenwart so aufreizend auf Kristie, dass sie schon fürchtete, er könne sie darauf ansprechen.
Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie derart auf einen Mann reagierte, den sie die letzten fünf Jahre über verabscheut hatte. Es ergab absolut keinen Sinn. Wie konnte sie ihm ins Gesicht sehen und dabei Begehren empfinden? All die finsteren Gedanken, die sie ihm gegenüber gehabt hatte …
Während des Dinners sprachen sie hauptsächlich über die Hochzeit seiner Schwester. Es war ein unverfängliches Thema. „Ihre Mutter hat mir erzählt, wie es dazu kam, dass Felicity im Rollstuhl sitzt“, sagte Kristie leise.
Radford nickte langsam. Ein Schatten legte sich auf seine Gesichtszüge. „Ich fühle mich teilweise schuldig“, gestand er und legte Messer und Gabel beiseite. „Ich war damals bei ihr und hätte sie aufhalten sollen. Sie war so stur, damals schon. Die Erinnerungen an diesen Unfall … wie sie so blass und leblos dagelegen hat … werden mich ein Leben lang verfolgen.“
Das war eine Seite von Radford, die Kristie noch nicht kannte. Sie ließ ihn menschlicher, verletzlicher wirken. Nicht dass es etwas an ihrer Einstellung zu ihm ändern würde, aber sie konnte jetzt verstehen, warum er seiner Schwester gegenüber immer so aufmerksam war.
„Wie hat sie es aufgenommen, als sie erfuhr, dass sie nie wieder wird laufen können?“
„Sehr schlecht. Sie hatte richtige Wutanfälle. Meine Mutter war mit ihrer Weisheit am Ende.“
„Nun, das kann ich gut verstehen“, meinte Kristie. Die arme Felicity. Sie konnte sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen.
„Aber nach und nach hat sie gelernt, das Unvermeidliche zu akzeptieren, und hat ihr fröhliches, sonniges Gemüt wiedererlangt. Ich bin so froh, dass sie Daniel getroffen hat. Er ist der perfekte Mann für sie.“ Radford begann wieder zu essen.
Beide hatten sie Fisch als Hauptgang bestellt – Radford Forelle und Kristie pochierten Lachs mit Kräuterkruste. Kristie fand ihr Menü wirklich köstlich. „Ich habe noch nie eine Hochzeit für jemanden ausgerichtet, der im Rollstuhl sitzt. Es hat mir die Augen geöffnet.“
„Ich höre, dass Sie sehr gute Arbeit leisten“, meinte Radford. „Das, was ich zu Beginn gesagt habe, nehme ich zurück.“
„Entschuldigung angenommen“, meinte Kristie mit zurückhaltendem Lächeln. Zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, dass sie sich langsam entspannte. Und das in Radfords Gegenwart – das hätte sie nie für möglich gehalten.
Wahrscheinlich lag es daran, dass er sich an diesem Abend ausnahmslos gesittet verhielt – keine Annäherungsversuche, keine barschen Worte, einfach nur gepflegte Konversation. Doch dann forderte er sie plötzlich auf: „Erzählen Sie mir
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