Julia Extra Band 363
haben. Kristies Augen wurden feucht, während sie die alten Einträge las. Ihre Schwester hatte damals so gefasst gewirkt. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie in Wahrheit gelitten hatte.
Plötzlich stach ihr Radfords Name ins Auge. Tarah hatte die erste Begegnung beschrieben. Liebe auf den ersten Blick. Die Euphorie, einen Mann gefunden zu haben, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte. Nach einigen Monaten wurde der Ton leidend.
Er will keine Kinder, er hasst sie. Und er will mich auch nicht mehr. Ich habe ihn mit einer anderen Frau gesehen. Er sagt, es ist eine neue Kollegin, aber ich sehe doch, wie er sie anschwärmt. Ich habe es satt, die zweite Geige zu spielen.
Die Schrift wurde immer verschwommener.
Es ist alles vorbei. Er hat mich im Stich gelassen.
Hier war der Beweis, dass Tarah nicht gelogen hatte! Zornig schlug Kristie das Tagebuch zu. Sie würde Radford gleich morgen damit konfrontieren.
Dazu hatte sie bereits früher als erwartet Gelegenheit, denn am nächsten Morgen wurde Radford von einer strahlenden Chloe ins Wohnzimmer geführt, wo Kristie gerade am Computer arbeitete.
„Was machst du hier?“, fragte Kristie unverblümt. Radford sah verdammt gut aus in seinem himmelblauen Shirt und der hellen Chinohose. Zu ihrem Verdruss spürte sie, wie ihr Herz höherschlug.
„Begrüßt man so den Vater seines Kindes?“, fragte Radford stirnrunzelnd.
„Pst!“ Kristie blickte besorgt zu Tür. „Chloe weiß nichts davon.“
Radford zuckte mit seinen breiten Schultern. „Sie wird es früh genug herausfinden.“
„Jedenfalls nicht von mir.“
„Warum? Wenn wir verheiratet sind, wird es allgemein bekannt werden.“
„Bist du deswegen hier? Die Antwort ist Nein. Du hast nicht den Hauch einer Chance.“
Radfords Augen begannen zu glitzern. „Du denkst, das ist eine kluge Entscheidung?“
„Das klingt wie eine Drohung“, entgegnete Kristie gereizt. „Ich kann dir versichern …“
„Und ich kann dir versichern, Kristie“, fiel er ihr ins Wort, „dass ich alles unternehmen werde, was in meiner Macht steht, um meinen Sohn zu bekommen. Die Heirat wäre die einfachste und am wenigsten schmerzhafte Lösung. Aber wenn das für dich nicht infrage kommt, dann mach dich auf einen Krieg gefasst.“
10. KAPITEL
„Natürlich kommt es nicht infrage“, erwiderte Kristie wutentbrannt. „Warum sollte ich einen Lügner heiraten?“
„Was hast du da gesagt?“ Radfords Miene verdüsterte sich immer mehr.
„Du hast gelogen“, behauptete Kristie. „Ich habe den Beweis dafür, dass Tarah nicht mit dir Schluss gemacht hat! Du bist derjenige, der alles beendet hat.“
„Ach so?“ Radford hob seine dunklen Brauen.
„Ja! Es steht alles in Tarahs Tagebüchern.“
„Dann hat deine Schwester trotzdem gelogen.“
„In ihrem Tagebuch?“, fragte Kristie ungläubig. „Das bezweifle ich.“
„Offenbar kanntet ihr euch doch nicht so gut, wie du glaubst.“
Kristie warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Unsinn. Ich weiß alles über Tarah.“
Radford nahm ihre Hand und führte sie zur Couch. „Setz dich hin und hör mir zu.“
Kristie protestierte aufgebracht. „Das ist mein Haus. Du hast kein Recht, mich hier herumzukommandieren …“ Die Berührung seiner Hand verschaffte ihr eine prickelnde Gänsehaut. Sie ärgerte sich maßlos über sich selbst. Wie konnte sie solche Gefühle für einen Mann hegen, der damit drohte, sie von ihrem Sohn zu trennen?
„Dann reden wir eben im Stehen.“
Radford fixierte Kristie mit seinen grauen Augen, und sie spürte, wie sie unerbittlich in seinen Bann gezogen wurde. Sie sank auf die Couch – das war immer noch besser als Augenkontakt.
Radford begann mit leiser Stimme zu sprechen. „Ich habe Tarah geliebt. Zuerst dachte ich, sie wäre die Frau, die ich einmal heiraten würde. Dann ist sie bei mir eingezogen. Wir hatten eine wunderbare Zeit, bis Tarah ihr wahres Gesicht zu zeigen begann …“
Kristie runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“
„Deine Schwester war eine sehr besitzergreifende Frau.“
„Du meinst, sie hat es nicht gerne gesehen, wenn du mit anderen Frauen ausgegangen bist“, erwiderte Kristie und sprang auf. „Vergiss nicht, ich habe ihr Tagebuch gelesen!“
„Tarah wollte die Wahrheit nicht hören“, fuhr Radford fort. „Ich habe sie nie betrogen – aber sie hat mir einfach nicht geglaubt. Sie wollte, dass ich für jeden Augenblick, den ich nicht bei ihr war, Rechenschaft ablege. Jeden
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