Julia Extra Band 365
dem Leiter von Medizin ohne Grenzen“, berichtete seine Großmutter. „Finn stößt gleich zu uns. Wir wollen über die Organisation reden.“
Sein älterer Bruder Finn war nach seiner Heirat mit Ellie, mit der gemeinsam er ein chinesisches Waisenkind adoptiert hatte, verstärkt in der Wohltätigkeitsarbeit tätig.
„War Larry auch bei dem Meeting?“, erkundigte sich Brody nach einem befreundeten Kollegen.
„Nein, er ist noch in Haiti.“ Sie seufzte mitfühlend. „Die Zustände sind trostlos, und das geht ihm sehr nahe. Er hätte dich gern dort, denn du bist, wie er meint, einer der besten Ärzte, die er kennt.“
„Ach was“, wehrte Brody verlegen ab.
„Er meint, du hättest in Alabama wirklich das Leben der Menschen zum Besseren verändert. Vor allem das Vorsorgeprogramm gegen Diabetes und Herzkrankheiten, das du eingeführt hast, zeitigt großartige Resultate.“
„Ich habe nur meinen Job gemacht.“
„Du bist viel zu bescheiden“, hielt seine Großmutter ihm vor. „Schon immer hast du alle beschützen wollen. Ich glaube, das tust du jetzt auch mit der jungen Frau aus der Bäckerei. Manchmal ist es aber besser, wenn jemand seinen schlimmsten Ängsten ins Gesicht sieht. Daran wächst und reift ein Mensch.“
Sie seufzte, als sie seinen skeptischen Ausdruck sah.
„Du bist sichtlich anderer Meinung als ich, aber denk mal darüber nach. Jedenfalls lässt Larry dich herzlich grüßen, Brody.“
Seine Großmutter berichtete weiter über die Aktivitäten von Medizin ohne Grenzen, aber Brodys Gedanken schweiften immer wieder zu Kate Spencer.
Er versuchte sich einzureden, dass er kein Recht habe, sich mit ihr einzulassen. Dass es in seinem Leben im Augenblick keinen Platz gab für eine Beziehung. Aber wenn er ganz ehrlich war, hatte er sich bereits in sie verliebt.
Sie war süß und humorvoll und trotz allem optimistisch und fröhlich. Doch wenn er ihr jetzt die Wahrheit erzählte …
„Brody? Hörst du mir überhaupt zu?“
„Entschuldige, ich war in Gedanken. Was hast du gesagt, Granny?“
„Ich habe dich gefragt, ob du die Rede bei der Benefizveranstaltung nächste Woche halten könntest. Dr. Granville musste absagen, weil er sich das Bein gebrochen hat.“
„Oh nein!“ Brody stöhnte. „Du weißt doch, wie sehr ich es hasse, Reden zu halten. Und noch mehr hasse ich es, einen Smoking anzuziehen.“
In dem Moment kam Finn dazu und setzte sich neben ihn. „Du und Riley, ihr habt eine richtige Phobie gegen Smokings. Warum eigentlich? Ich sehe darin sexy aus – behauptet jedenfalls Ellie.“
„Deine Frau ist voreingenommen. Ihr Urteil ist nicht unparteiisch“, erwiderte Brody und lachte.
„Stimmt.“ Beim Gedanken an Ellie lächelte Finn selig.
Brody seufzte insgeheim.
Riley setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Was habe ich verpasst?“
„Die harte Arbeit, wie üblich“, spöttelte Finn.
„Mittlerweile bin ich kein Playboy mehr, sondern Steuerzahler, Verlobter und ein verantwortungsbewusster Erwachsener“, wehrte Riley sich.
„Tatsächlich?“ Brody zog die Brauen hoch. „Das Dritte wage ich zu bezweifeln“.
„Ihr benehmt euch immer noch wie Kinder“, kritisierte ihre Großmutter sie. „Warum neckt ihr euch ständig?“
Riley gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Weil es Spaß macht, Granny! Außerdem sind wir große Jungs und halten einiges aus.“
„Na schön. Ich würde ja gern länger hier sitzen und mit euch plaudern, aber ich muss ins Büro zurück. Also, Brody, hältst du nun die Rede?“, wollte seine Großmutter wissen. „Den Zuhörern tut es bestimmt gut, aus berufenem Mund zu hören, wie es in Afghanistan zugeht.“
Brody schluckte mühsam. „Niemand will hören, was ich durchgemacht habe.“
Sie legte die Hand auf seine. „Du musst darüber reden. Vielleicht hilft es dir, endlich zu …“
„Nein, es würde nichts ändern“, fiel er ihr ins Wort. „Ich kann nicht.“
„Wie du meinst.“ Sie stand auf. „Aber versprich mir, dass du es dir überlegst, ja?“
„Gut, ich verspreche es“, versicherte er.
Dabei dachte er nicht im Traum daran, es sich anders zu überlegen. Er würde sich ein Ausrede einfallen lassen und einen anderen Redner besorgen. Mehr konnte er nicht tun.
„Es geht mir wirklich gut, Granny“, sagte er eindringlich. „Und ich verspreche dir auch, beim nächsten Familienessen zu erscheinen.“
„Das ist schön. Da Riley und Stace dann auf Hochzeitsreise sind, ist Platz am Tisch. Ich hätte gern, dass du die junge
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