Julia Extra Band 367
sie ihn geliebt und sich nach einer sicheren Zukunft mit ihm gesehnt, doch er hatte nicht das Gleiche für sie empfunden. Warum verletzte sie der Gedanke immer noch? Seitdem war viel Zeit vergangen, und sie liebte ihn längst nicht mehr. Vielleicht begehrte sie ihn körperlich, genoss seine Gesellschaft und achtete seine Klugheit und Stärke. Als sie in Gedanken die lange Liste seiner positiven Eigenschaften aufzählte, kniff sie die Lippen zusammen. Darauf durfte sie nicht länger achten, denn das spielte in ihrer Beziehung keine Rolle mehr. Sie war die Mutter seiner Kinder, mehr nicht.
„Damals …“ Christo suchte nach Worten. „Damals war ich mir über meine Gefühle nicht im Klaren.“
„Ich wusste gar nicht, dass du oberhalb deines Gürtels überhaupt welche hast“, erwiderte sie knapp.
„Das stimmt doch gar nicht!“, entgegnete er barsch und legte die Hände auf ihre Schultern, um Erin herumzudrehen. „Bei dem Gedanken, dass du mit einem anderen ins Bett gegangen bist, wurde mir richtig übel! Das hat meine Welt völlig auf den Kopf gestellt!“
„Ach ja? Dann stell dir doch vor, wie es ist, von einem Mann schwanger zu sein, der nicht einmal mit dir telefonieren will!“, fuhr Erin ihn mit unverhohlener Bitterkeit an.
„Wenn ich das geahnt hätte, wäre es nie so weit gekommen. Warum hätte ich dich wie eine Stalkerin behandeln sollen? Ich verspreche, dass ich meine Assistentin deswegen sobald wie möglich zur Rede stellen werde.“
„Trotzdem werde ich dir das niemals verzeihen.“
„War die Schwangerschaft denn so schlimm?“ Er sah ihr fest in die Augen.
„Ich erhielt Sozialhilfe und kämpfte täglich ums Überleben“, gab sie ehrlich zu. „Ich lebte in einer heruntergekommenen Sozialwohnung, die man einem Menschen niemals hätte zumuten dürfen. Erst als meine Mutter mich besuchte und meine Lebensumstände sah, lud sie mich ein, wieder bei ihr einzuziehen. Meine Mutter war schockiert, dass ich unverheiratet schwanger geworden war. Sie ist ziemlich altmodisch und findet, dass anständige Mädchen erst ein Baby bekommen, nachdem sie einen Ehering am Finger haben. Während meiner Schwangerschaft war unser Verhältnis deshalb getrübt.“
„Nicht einmal deine Freundin Elaine hat dich unterstützt? Hat sie dich etwa aus ihrem Apartment geworfen?“ Er klang ernstlich bestürzt.
„Nein, ich selbst habe die Entscheidung getroffen, weil ich die Miete nicht mehr zahlen konnte“, erklärte sie. „Aber Tom und Melissa haben mir geholfen, so gut sie nur konnten.“
„Melissa?“
„Sie ist heute mit Tom verheiratet, aber damals lebten sie schon als Paar zusammen. Ich hätte mir keine besseren Freunde wünschen können. Sie waren sehr gut zu mir.“
„Dafür schulde ich ihnen Dank.“ Für einen Moment schloss Christo die Augen.
„Das stimmt“, erklärte Erin rundheraus. „Sie besaßen selbst nicht viel, aber das bisschen, das sie hatten, teilten sie mit mir.“
Als er den Blick hob, war jede Wut aus seinen schönen Augen gewichen. „Den größten Dank aber schulde ich dir, weil du meine Kinder geboren hast. Du musst mir glauben, dass ich dir das wirklich hoch anrechne.“ Seine Stimme verriet, wie aufgewühlt er war.
Mit diesem freimütigen Geständnis nahm er Erin den Wind aus den Segeln, dennoch wollte sie nicht so leicht klein beigeben. „Als ich von der Schwangerschaft erfuhr, dachte ich, dass du einen Abbruch vorziehen würdest, wenn ich dir die Wahl ließe. Du hattest mir schließlich von dem Bekannten erzählt, dessen Freundin ungewollt schwanger geworden war“, erinnerte sie ihn.
„Ich habe nie gesagt, dass ich ihre Entscheidung gutgeheißen habe. Vielleicht war sie für die beiden richtig, aber ich hätte anders gehandelt.“
„Das sagt sich im Nachhinein so leicht“, stichelte sie. „Damals meintest du nämlich, du würdest lieber ohne Ballast reisen.“
„Verurteile mich nicht für das, was ich vor drei Jahren gesagt habe. Seitdem bin ich reifer geworden“, erwiderte er.
Als sie wieder ins Haus traten, entdeckte Erin auf dem Couchtisch drei geöffnete Briefumschläge, die an das Londoner Büro von Christo adressiert waren. „Was sind das für Briefe?“, fragte sie verwundert.
„Das sind die Beweise, die ich dir zeigen wollte. Schau dir den Inhalt der Umschläge bitte einmal an. Ich erhielt sie während der letzten Monate unserer Beziehung.“
Erin zog ein unscharfes Foto von einem händchenhaltenden Paar heraus. Der Mann war ihr Freund Tom, und das
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