Julia Extra Band 372
ein bisschen brennen.“
Es brannte tatsächlich, und dann folgte die Betäubung.
Die Art von Betäubung, an die sich Jack auf der Gefühlsebene schon fast gewöhnt hatte. Er blinzelte leicht, um Jill beim Arbeiten zuzusehen.
Sie war fantastisch. Auch ohne ihr fröhliches Lächeln. Sie war so sehr auf ihre Aufgabe konzentriert, dass das Blau ihrer Augen noch intensiver wirkte. Es erinnerte ihn an die hohen Ritterspornstauden im Garten ihrer Großtante. Ein paar Sommersprossen verteilten sich auf ihrer hübschen Stupsnase.
Zu jeder anderen Zeit hätte Jack sie umwerfend attraktiv gefunden. Im Moment jedoch wäre er schon froh gewesen, irgendeine Reaktion zu spüren. Es war, als betrachtete er ein Foto. Ein nettes Bild, mit dem ihn nicht das Geringste verband.
Aus dieser Nähe bemerkte er einen schmalen hellen Streifen an ihrem Ringfinger, wo sie anscheinend lange einen Ring getragen hatte. Da Jill ihn abgelegt hatte, war sie jetzt vermutlich wieder Single. Doch selbst das löste bei Jack nicht mehr als eine leichte Verwunderung darüber aus, dass sie eine gescheiterte Beziehung hinter sich hatte.
Erneut überfiel ihn die Angst, er hätte die Fähigkeit verloren, sich überhaupt mit irgendjemandem verbunden zu fühlen. Dabei war diese Fähigkeit das Einzige, was dem Leben wahre Bedeutung verlieh.
Jack schloss die Augen wieder und stellte sich vor, er würde neben Jill stehen und sie bei ihrer Arbeit beobachten. Das war sicherer, als daran zu denken, dass eine junge, lebendige Frau wie sie ihn umsorgte, obwohl er doch nichts weiter war als eine leere Hülle.
Diese leere Hülle wollte Jack nicht sehen. Das war nicht er. Und wenn er nicht in der lauernden Angst versank, konnte er an der Hoffnung festhalten, dass er eines Tages wiederfinden würde, was er verloren hatte. Dass er sich selbst wiederfinden würde.
4. KAPITEL
„Was hast du mit dem abgestürzten Flugzeugpiloten gemacht?“, fragte Jim.
„Ich habe Maisie auf ihn angesetzt.“ Jill, die gerade in sein Dienstzimmer gekommen war, fuhr fort: „Ich musste zu extremen Maßnahmen greifen, weil er sich partout nicht darauf einlassen wollte, sich ein paar Stunden auszuruhen.“ Sie lachte. „Irgendwann habe ich ihm dann gesagt, ich hätte keine Zeit für den Papierkram, weil ich dir in der Sprechstunde helfen müsste. Und wenn er einfach verschwindet, würde ich große Probleme kriegen. Das Krankenhaus würde womöglich seine Lizenz verlieren, und ich wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass Ballochburns einzige medizinische Einrichtung geschlossen wird. Außerdem sollte er erst mal Tee trinken und etwas gegen seine Kopfschmerzen einnehmen.“
„Ich könnte selbst auch gut einen Tee gebrauchen“, meinte Jim. „Aber als ich vorhin in die Küche kam, war Maisie nirgendwo zu sehen.“
„Hm“, sagte Jill nur. Denn Maisie war gerade oben und half dabei, die Betten für die neuen Patienten zu beziehen, von denen Jills Vater noch nichts wusste. Um das Thema zu wechseln, fragte sie: „Wen soll ich übernehmen?“
„Frag Muriel, ob irgendwas Dringendes anliegt“, erwiderte er. „Wenn nicht, kannst du Aaron Baker behandeln. Sein Arm tut weh. Er sieht nicht gebrochen aus, aber der Junge wartet schon eine ganze Weile. Dann stelle ich die Nachfolgerezepte aus. Sue kommt nachher auch noch. Sie braucht wieder Morphium.“
„Oh, ich muss unbedingt mit ihr reden. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, weil ich noch keine Gelegenheit hatte, auf die Plantage rauszufahren.“
„Ich sag ihr, dass du da bist. Ihre Freunde braucht sie jetzt ganz dringend. Sie hat ein wirklich hartes Jahr hinter sich.“
„Ich weiß. Als sie mit Emma in Auckland war, haben wir uns oft getroffen.“
Schweigen trat ein, und sie sahen einander an. Jill versuchte, den dicken Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. Was sollte man sagen, wenn die beste Freundin damit konfrontiert war, das letzte Weihnachtsfest zu feiern, das ihre kleine Tochter erleben würde?
Jill bemühte sich um ein Lächeln, das ihrem Vater zeigte, dass sie verstand, wie hart die Geschichte auch für ihn als Arzt war. Sein beruflicher Stress war ihr sehr bewusst, und sie konnte seine Brummigkeit nachvollziehen, die vielleicht zu dem häuslichen Krach geführt hatte. Sie liebte ihn wegen der Fürsorge und dem echten Mitgefühl, das er seinen Patienten entgegenbrachte.
Mindestens ein halbes Dutzend Leute saßen noch geduldig im Wartezimmer. Darunter ein dickes Mädchen, das völlig regungslos wartete, den
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