Julia Extra Band 372
glasierter Schinken stand auf einer Silberplatte bereit. In einem großen Topf sollte der Rosenkohl gekocht werden, und auf der Arbeitsplatte wartete eine ganze Reihe von Plumpuddings. Hope machte gerade die Cranberry-Sauce, und Wally war dabei, einen großen Haufen Kartoffeln zu schälen. Die Nikolausmütze saß noch auf seinem Kopf, wenn auch inzwischen etwas schief.
Sobald er Jack erblickte, meinte er: „Nehmen Sie sich ein Schälmesser, mein Junge, und erzählen Sie mir alles über Ihr Flugzeug. Es ist das neueste Cessna-Modell, richtig?“
„Ja. Eine Skyhawk.“
„Hätte nichts dagegen, mal eine Runde mit ihr zu drehen.“
„Gerne, wenn sie wieder flugtauglich ist.“
„Wird bald so weit sein, mein Junge. Die Ersatzteile sind schon gestern Abend mit dem Bus gekommen. Ich werde mich morgen früh gleich als Erstes darum kümmern. Die Luftfahrtbehörde muss zwar noch den Unfallhergang prüfen, aber das ist sicher kein Problem. In null Komma nichts werden Sie wieder auf und davon sein.“
Auf und davon. Jill hielt beim Erbsenschälen inne.
Ob Jack zurückkommen würde, nachdem er seine Antworten gefunden hatte? Wäre sie dann noch hier?
Irgendwie musste sie ihm zu verstehen geben, dass sie ihn sehr gerne in ihrem Leben hätte, wenn er das wollte. Egal wann, und egal, wo sie sich aufhielt. Über ihre Eltern könnte er sie immer finden.
Jill blickte zu ihrer Mutter, die am Herd die Sauce rührte. Danach zu ihrem Vater, der gerade ein großes Tranchiermesser an einem Wetzstahl schärfte. Dann seufzte sie.
Faith sah ihre Nichte an. „Ich hoffe, du isst nicht zu viele von den Erbsen, Jillian.“ Sie nahm einen Stapel Leinen-Servietten und silberne Serviettenringe. „Ich helfe jetzt nur noch, die Tische fertig zu decken. Danach schicke ich Judith herunter, und dann …“
Plötzlich fiel schwerer Stahl auf die Küchenfliesen, und bei dem scheppernden Geräusch zuckten alle zusammen.
„Jim!“ Hope wurde blass. „Was ist los?“
Jill glitt die Erbsenschote aus den Fingern. Das Gesicht ihres Vaters sah schrecklich grau aus und war schweißbedeckt. Krampfhaft presste er eine Faust vor die Brust, das klassische Zeichen für jemanden, der unerträgliche Schmerzen im Herzbereich hatte.
Das war nicht nur ein Anfall von Angina pectoris. Nitrospray und Sauerstoff allein würden hier nicht mehr helfen.
„Er hat einen Herzinfarkt, oder?“, sagte Hope tonlos.
Glücklicherweise war Jack da. Er und Wally trugen Jim in die Praxis, wo Jack das EKG anschloss und ihm Morphium verabreichte. Jill war wie betäubt.
„Sieht aus wie ein leichter Infarkt.“ Jack ordnete das EKG-Diagramm in die Patientenakte ein. „Wie weit entfernt ist der Helikopter?“
„Müsste bald hier sein.“
Hope war seit dem Zusammenbruch ihres Mannes in der Küche nicht von seiner Seite gewichen. Noch immer hielt sie seine Hand. „Untersteh dich, einfach so zu sterben, Jim Metcalf!“
„Ich dachte, du hättest mich satt.“
„Wie kann ich dich satt haben? Dazu sehe ich dich doch gar nicht oft genug, du Dummkopf. Wie oft hab ich dir schon gesagt, du arbeitest zu hart?“
„Nicht hart genug“, murmelte er. „Ich hätte dir mehr helfen sollen.“
„Ich brauche keine Hilfe.“ Hope schniefte. „Ich wollte nur, dass du ab und zu überhaupt mal Notiz von mir nimmst.“
Da hörte man von Weitem schon das Brummen des herannahenden Rettungshubschraubers. Hoffentlich würde er Jim schnell genug in eine Notaufnahme bringen, damit er behandelt werden konnte und sein Herzmuskel keinen allzu großen Schaden erlitt.
„Ich komme mit“, erklärte Hope.
„Natürlich“, bestätigte Jim. „Ohne dich könnte ich nicht leben, Hope. Will ich auch gar nicht.“
„Ich komme auch mit.“ Aufmunternd lächelte Jill ihrer Mutter zu und reichte ihr ein paar Taschentücher.
„Das geht nicht“, protestierte Jim. „Ballochburn darf nicht ohne ärztliche Versorgung sein.“
„Was ist denn mit Dr. Sinclair?“, warf Faith ein. Sie betrachtete die Spritze, die Jack in der Hand hielt. „Er scheint seinem neuen Ruf jedenfalls durchaus gerecht zu werden.“
Jill hatte diesen Ausdruck der Angst schon einmal in Jacks Augen gesehen. Er war noch nicht bereit, so viel Verantwortung zu übernehmen.
„Ich bleibe“, sagte sie daher ruhig.
Die Erleichterung in Jacks Miene war jedoch nur von kurzer Dauer, denn plötzlich flog die Tür auf.
„Hilfe! Helft mir!“ Maisie trug einen schlaffen kleinen Körper in ihren Armen. „Es ist Nat!“, rief
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