Julia Extra Band 373
seiner Hand beendete.
Er brauchte keine Wachen, um mit dieser Frau fertig zu werden. „Fahren Sie fort.“ Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie. Diese Frau wagte anzudeuten, dass er, König Emir von Alzan, eine Vereinbarung nicht eingehalten hatte, die seine Unterschrift trug. „Legen Sie dar, wie ich angeblich mein Wort gebrochen haben soll.“
Aufgewühlt und leicht atemlos stand Amy vor ihm, aber sie war auch dankbar für die Chance, endlich einmal zu Wort zu kommen. „Die Zwillinge brauchen ihren Vater …“ Er zuckte mit keiner Wimper. „Wie ich schon sagte … meine Rolle soll die einer helfenden Begleitung sein, sowohl hier im Palast als auch auf den regelmäßigen Reisen nach London.“ Vielleicht war es besser, sich auf weniger praktische Aspekte zu konzentrieren. „Ich war seit fast einem Jahr nicht mehr zu Hause.“
„Reden Sie weiter“, forderte er sie auf.
Sie holte tief Luft. Wie sollte sie es am besten zur Sprache bringen, jetzt, da er ihr zuhörte? „Die Mädchen brauchen mehr, als ich ihnen geben kann. Sie …“ Die Mädchen brauchten Liebe, und so viel Amy ihnen auch davon gab, sie brauchten Elternliebe. Irgendwie musste sie ihm das klarmachen. Musste ihn daran erinnern, dass es das war, was Hannah für ihre Töchter gewollt hatte. „Bis zum vierten Lebensjahr soll ich Hilfestellung bei der Erziehung leisten. Laut Vertrag habe ich Anspruch auf zwei freie Tage pro Woche, doch stattdessen …“
Er ließ sie innehalten und sprach in schnellem Arabisch mit Patel, bevor er sich wieder zu ihr wandte. „Nun gut. Fatima wird bei der Erziehung der Mädchen helfen. Ab jetzt haben Sie Ihre beiden freien Tage. Um die Arrangements Ihres Jahresurlaubs werden sich meine Diener kümmern.“
Sie konnte nicht fassen, wie er alles verdrehte! Jetzt sah es so aus, als wäre sie nur gekommen, um ihre Urlaubsansprüche vorzutragen!
„Das wäre dann wohl alles.“
„Nein!“ Dieses Mal hob sie die Stimme, ohne dass diese wankte. Es ging um die Zwillinge, und Amy war entschlossen, ihr Anliegen vorzubringen. „Darum geht es doch gar nicht. Ich bin hier, um bei der Erziehung zu helfen, nicht, um die Kinder allein aufzuziehen. Sonst hätte ich diese Stelle nie angenommen.“ Damals hatte sie geglaubt, in eine liebende Familie zu kommen. „Beim Einstellungsgespräch mit Königin Hannah …“
Emir wurde jäh blass, Qual huschte bei der Erwähnung seiner verstorbenen Frau über seine Züge, wurde aber sofort ersetzt durch Ärger.
Er stand auf, dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Amy war schon verstummt, hatte sie doch ihren Fehler sofort erkannt. Drückendes Schweigen legte sich über den Raum, alle verharrten still. Emir war ein beeindruckender Mann, auch ohne seinen Titel. Über ein Meter neunzig groß und mit breiten Schultern, war er die Verkörperung des Kriegers, ein ungezähmter Mann der Wüste. Und er war ebenso ein Herrscher, gegen den sie sich aufgelehnt hatte. Sie hatte an ein Thema gerührt, das abgeschlossen war.
„Gehen Sie!“
Seine laute Stimme hob sich über den Raum, und dieses Mal erschien es Amy besser, den Befehl zu befolgen, denn seine dunklen Augen glühten vor Wut, die Narbe über seiner Augenbraue trat hervor und ließ seine Züge wild erscheinen. Amy war klar, dass sie eine Grenze überschritten hatte. Hier im Palast und im ganzen Land gab es viele Grenzen, die nicht überschritten werden durften, aber die verstorbene Königin zu erwähnen … Nur Narren taten das. Amy wusste, dass sie geschlagen war.
Sie drehte sich um, um sich zurückzuziehen.
„Nicht Sie!“
Seine Stimme ließ sie mitten im Schritt verharren.
„Die anderen gehen. Die Kinderfrau bleibt!“
Die Kinderfrau.
Stocksteif blieb Amy stehen. Sie war sich ziemlich sicher, dass Emir sich nicht einmal an ihren Namen erinnerte. Sie erzog seine Kinder, aber er wusste nichts über sie. Nicht, dass sie dazu jetzt eine Bemerkung machen würde – im Moment konnte sie froh sein, wenn sie ihren Job behielt. Ihr Herz begann wild zu pochen. Sie würde es nicht ertragen, die Zwillinge zurückzulassen. Nach Hause geschickt zu werden, ohne die Möglichkeit, sich zu verabschieden.
„Bitte … ich entschuldige mich.“
Er beachtete sie gar nicht, während der Raum sich langsam leerte. „Du auch, Patel“, richtete Emir sich an seinen Berater, der noch immer abwartend dastand, obwohl die anderen inzwischen alle gegangen waren.
Als Patel den anderen folgte und die Türen leise hinter sich ins Schloss
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