Julia Extra Band 373
wunderschön“, sagte Emir.
Amy konnte nicht aufhören, ihren neugeborenen Sohn anzusehen. Es war ein überwältigendes Gefühl, ihr eigenes Kind auf den Armen zu halten. Aller Kummer und alle Qualen der Vergangenheit waren vergessen, auch die Schmerzen der letzten vierundzwanzig Stunden waren ausgelöscht, seit sie in die dunklen Augen ihres Babys gesehen hatte.
„Bist du wirklich sicher, dass ich ihn geboren habe?“, fragte sie noch immer verwundert. Der Kleine war das Spiegelbild seines Vaters. Sie sah zu Emir auf, und er beugte sich vor und küsste sie innig. Leuchtendes Glück hüllte sie ein. Emir liebte sie und seine beiden Töchter, auch ohne dass sie ihm einen Sohn geschenkt hätte.
Er nahm das Baby auf den Arm und sah es lange an. Amy erkannte den Stolz in seinem Gesicht, aber auch den Schmerz, denn Emir erinnerte sich an die Zeit, als er das letzte Mal ein winziges Baby gehalten hatte, das wusste sie.
„Ich will keine Minute seines Lebens verpassen“, murmelte er. „Ich habe viel zu viel Zeit im ersten Jahr der Zwillinge verschwendet.“ Traurig schloss er für einen Moment die Augen.
„Dafür gab es einen Grund.“ Das verstand Amy inzwischen.
„Jedes Mal, wenn ich sie ansah, jedes Mal, wenn ich sie hielt, wollte ich nur das tun, was das Beste für sie ist, und doch musste ich die Zukunft meines Landes vor sie stellen.“
„Es muss die Hölle gewesen sein.“
„Erleichtert wurde es mir nur durch das Wissen, dass du dich um die Zwillinge gekümmert hast. Doch als du gingst und Fatima übernahm und mit ihr auch die alten Regeln streng befolgt wurden, da wurde mir klar, dass ich kein Land regieren will, das meine Töchter als wertlos erachtet. In der Vergangenheit mag es vielleicht funktioniert haben, doch heute nicht mehr. Und doch war Abstand nötig, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.“
„Ich wünschte, du hättest mit mir reden können …“ Ihre Stimme erstarb, denn sie wusste, Emir hatte recht. Zu dieser Entscheidung hatte er nur allein finden können. „Nun, letztendlich hat sich alles zum Guten gewendet. Die Regeln müssten nicht einmal geändert werden.“ Lächelnd sah sie auf ihr schlafendes Baby.
„Doch, sie müssen. Mein Sohn soll nie vor einer solchen Entscheidung stehen müssen wie ich. Die Weissagung ist falsch, den beiden Ländern geht es besser, wenn sie getrennt bleiben. Ich bin froh, dass ich einen Sohn habe. Damit beweisen wir, dass wir es tun, weil es richtig ist, nicht, weil es keine andere Wahl gab. Das Volk wird ihn lieben, so wie es die Mädchen liebt. So wie es dich liebt.“
Die Veränderungen in den letzten Monaten waren auf weniger Widerstand gestoßen, als Amy befürchtet hatte. Der weise alte Mann aus der Wüste hatte nur lachend den Kopf geschüttelt, als Emir und Rakhal ihm gemeinsam gesagt hatten, dass die Weissagung falsch war. Die beiden Völker hatten es mehr oder weniger anstandslos akzeptiert, dass beide Könige sich einig in der Entscheidung waren. Und noch bevor man von Amys Schwangerschaft erfahren hatte, feierten die Zeitungen in Alzan bereits die nächste Königin Clemira.
„Deine Mutter müsste bald hier sei“, sagte Emir. Als bei Amy die Wehen eingesetzt hatten, hatte er sofort seinen Jet losgeschickt, um sie zu holen.
Amy freute sich darauf, das Gesicht ihrer Mum zu sehen, wenn sie nach all den Sorgen und Problemen ihren Enkel im Arm hielt.
„Soll ich die Mädchen hereinholen, damit sie ihren neuen Bruder begrüßen können?“
„Ja.“ Sie war neugierig auf die Reaktion der beiden.
Amy lächelte glücklich, als Emir die beiden Mädchen hereinbrachte. Sie liebte sie so sehr, genauso sehr wie das Baby in ihren Armen. Sie beobachtete, wie Nakias Gesichtchen zu strahlen begann. Die Kleine war hingerissen von ihrem Bruder und überhäufte ihn mit Küssen. Clemira jedoch schien wenig beeindruckt. Sie musterte das Baby nur für einen Moment, dann rutschte sie vom Bett und tappte davon. Und wie immer folgte Nakia schon bald dem Beispiel ihrer Zwillingsschwester. Emir rief nach der Nanny, damit sie die beiden ins Kinderzimmer führen sollte.
„Glaubst du, sie ist eifersüchtig?“, fragte er, während er Amy das schlafende Baby abnahm und in die Wiege legte. Dann kam er zum Bett zurück und streckte sich neben ihr aus. „Sie hat ihn kaum richtig angeschaut.“
„Es ist ja noch früh.“ Es gab keinen schöneren Platz auf der Welt als im Bett mit Emir, mit der Babywiege neben ihnen. „Ein wenig überrascht bin ich allerdings
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