Julia Extra Band 376
Danke.“
Als George an der Theke Spaghetti und Apfelsaft bestellte, fühlte er sich wie ein normaler Familienvater. Doch er wollte dieses Gefühl jetzt nicht analysieren.
„Ihr kleiner Junge ist ja ein richtiger Schatz!“, bemerkte die Kellnerin. „Und er hat genau Ihre Haarfarbe.“
Ganz sicher nicht. Ethan war nicht sein Kind. Und wie es aussah, würde er auch niemals ein Kind haben. Höflich lächelte er die Kellnerin an. „Danke. Er ist wirklich ein Schatz.“
„Wie alt ist er?“
„Fünf.“ Zum Glück hatte George es sich gemerkt.
„Ein entzückendes Alter.“
„Ja, das stimmt.“ Und es war ein Alter, in dem ein Herz für immer gebrochen werden konnte. Diese Erfahrung hatte er selbst schmerzhaft gemacht.
Ethan und Serena aßen mit großem Appetit, doch George fühlte sich beklommen. Diese Situation ließ alle Alarmglocken bei ihm schrillen. In gewisser Weise war alles, was er sich wünschte, plötzlich in Reichweite. Eine richtige Familie. Er fühlte sich sogar irgendwie schon dazugehörig.
Aber. Ein großes Aber. Wenn er sich auf sie einließ, bestand die Gefahr, dass es schiefging. Je mehr er sich an sie gewöhnte, desto größer würde der Verlust sein. Trotzdem versuchte er, ein unbeschwertes Gesicht aufzusetzen und sich normal mit den beiden zu unterhalten.
Als sie nach dem Essen auf dem Weg nach draußen waren, klingelte sein Telefon. „Stört es dich, wenn ich das Gespräch annehme?“, fragte er Serena.
„Natürlich nicht!“
Er sprach schnell und leise mit dem Anrufer. Obwohl Serena nicht lauschen wollte, konnte sie nicht verhindern, dass sie seine letzten Sätze hörte. „Das wäre großartig. Gut. Ich sehe dich dann morgen. Hab dich lieb.“
Hab dich lieb. Ein Satz, den sie von George nicht erwartet hätte. Und wie lächerlich, dass sie sich plötzlich sehnlich wünschte, er würde ihn zu ihr sagen. Sie musste vollkommen verrückt sein!
„Wer war denn das?“, erkundigte sie sich beiläufig.
„Ed.“
Sein Bruder? Erstaunt sah sie ihn an. „Wow. Es kommt nicht oft vor, dass man hört, wie ein Mann seinem Bruder sagt, dass er ihn lieb hat.“
George zuckte die Schultern. „Nun, wir tun das. Wir haben eine Menge zusammen durchgemacht.“
Und natürlich war sein Bruder ein Mensch, dem er so etwas gefahrlos sagen konnte, überlegte Serena.
„Es ist Zeit, nach Hause zu gehen“, erklärte sie. „Bald wird es kalt und dunkel.“
Auf dem Heimweg hielten sie beim Spielplatz an. George schubste Ethan auf der Schaukel an und drehte ihn im Karussell. Wieder einmal fiel ihm auf, wie sehr ihm der Familientag im Park gefiel. Und das Gefühl, Teil dieser Familie zu sein.
Plötzlich entdeckte er eine riesige Rutsche in der hintersten Ecke des Spielplatzes. Gerade sauste ein Mann mit einem kleinen Mädchen auf dem Schoß herunter, wobei beide vor Vergnügen laut jauchzten.
„Das scheint ziemlich großen Spaß zu machen“, sagte George, während sie näherkamen.
„Mir nicht.“ Serena schüttelte vehement den Kopf.
Natürlich. Achterbahnfahrten und Ähnliches gehörten ja nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. George bemerkte allerdings, dass Ethan sehnsüchtig zu der Rutsche blickte.
„Grandpa rutscht immer mit mir.“
Die Rutsche war also nicht grundsätzlich verboten. George sah Serena fragend an und formte lautlos mit den Lippen die Frage: „Vertraust du mir?“
Eine Sekunde lang flackerte Panik in ihren Augen auf.
„Ich passe auf, dass ihm nichts passiert. Versprochen!“, raunte er ihr zu.
Die Rutsche war etwas feucht vom Herbstnebel, sodass Georges Jacke, die aus einem glatten Nylonstoff war, eine großartig gleitende Unterlage abgeben würde. Sie würden unglaublich schnell sein! Die Aussicht auf den Adrenalinkick gefiel ihm, und Serenas Sohn würde es mit Sicherheit auch genießen.
„Ethan, möchtest du mit mir zusammen rutschen?“
Unsicher schaute Ethan seine Mutter an.
„Meinetwegen“, stimmte Serena zu.
Serena vertraute ihm also das Wertvollste in ihrem Leben an. George spürte, wie ihm warm ums Herz wurde. „Wir werden sehr schnell sein. Bist du bereit?“
Ethan nickte.
Beim Hochklettern hielt George den Jungen sorgsam fest, damit er nicht die Leiter herunterfiel. Oben angekommen, setzte er sich hin und nahm Ethan auf den Schoß. Fürsorglich schlang er die Arme um den Kleinen, damit der Junge auf jeden Fall sicher war.
Unten wartete Serena auf sie. Ihr Blick war alles andere als entspannt.
„Fertig? Eins, zwei, drei –
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