Julia Extra Band 376
ihre Schwangerschaft so lange wie möglich verschwiegen, denn sie wusste, wie er reagieren würde. Und das tat er dann auch: „Ach Vanessa, wann wirst du endlich vernünftig?“ Er hatte keinerlei Freude gezeigt.
„Ich gebe dir meine Ankunftszeit durch, sobald ich Genaueres weiß. Dann kannst du mich vom Flughafen abholen. Bis dahin.“
Nie hielt er es für nötig, sie um etwas zu bitten, für ihn war es selbstverständlich, dass sie ihn abholte. Und falls sie andere Pläne hatte? Wenn sie einmal nicht mitspielte, ließ er sie seine volle Enttäuschung spüren.
Stöhnend ließ sie das Telefon zurück auf den Stuhl fallen. Als sie zum Pool sah, stellte sie überrascht fest, dass Marcus und Mia sie vom Rand aus beobachteten.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Marcus.
Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Natürlich. Alles bestens.“
„Sie lügen.“
Sie versuchte, eine unschuldige Miene hinzukriegen, aber vermutlich war es eher eine schiefe Grimasse. „Wie kommen Sie darauf?“
„Weil Sie auf dem Daumennagel kauen. Normalerweise macht man das nur, wenn man sehr nervös ist.“
Sie sah sich ihre Hände an und stellte erschrocken fest, wie sehr sie ihren linken Daumennagel malträtiert hatte. Warum nur entging Marcus nichts? Jetzt erst fiel ihr sein hungriger Blick auf, und sie fragte sich, ob sie statt des Bikinis nicht besser den Badeanzug angezogen hätte. Sie fühlte sich so … nackt, und gleichzeitig gefiel es ihr auch, wie er sie ansah.
Vanessa, du spinnst doch.
„Sie müssen nicht darüber reden“, sagte er.
Sie setzte sich an den Beckenrand. „Mein Vater hat mir eine Nachricht hinterlassen. Er kommt nächste Woche auf einen Besuch nach Los Angeles.“
„Heißt das, Sie fahren?“
Früher wäre sie vielleicht wirklich gefahren. Sie hätte die Enttäuschung ihres Vaters nicht ertragen. Aber sie war erwachsen, verdammt noch mal! Es war an der Zeit, die Nabelschnur zu kappen und ihr eigenes Leben zu führen.
„Nein. Ich werde ihn anrufen und ihm sagen, dass ich nächste Woche nicht da bin.“
„Und wenn er fragt, wo Sie sind?“
Genau da lag das Problem. „Dann werde ich ihm die Wahrheit sagen.“ Vielleicht.
Du bist stark. Du bist selbst für dein Leben verantwortlich, ganz egal, was er darüber denkt. Vanessa musste es sich nur oft genug sagen, dann würde sie es schon noch glauben.
Im Historischen Museum hielt Marcus sich hinter Vanessa, während sie die Stücke in der Vitrine genau betrachtete. Von allen Besuchern, mit denen er schon hier gewesen war, zeigte sie das größte Interesse an der Ausstellung.
„Sie wissen schon, dass im Palast kein Quiz auf sie wartet“, meinte er neckend, während sie auch noch das Kleingedruckte unter einigen Gegenständen aus dem Varieanischen Bürgerkrieg von 1899 studierte.
Sie lächelte verlegen. „Ich brauche ewig, ich weiß, aber ich liebe alles, was mit Geschichte zu tun hat. Schon in der Schule.“
„Mir macht das nichts aus“, sagte er. Das war die Wahrheit. Genauso wenig hatte es ihm tags zuvor etwas ausgemacht, den ganzen Nachmittag mit ihr und Mia am Pool zu verbringen. Und das nicht etwa wegen ihres knappen rosa Bikinis. Zumindest war der nicht der einzige Grund gewesen. Es war einfach, dass er sie … mochte.
„Wenn Mia nur im Wagen bleiben würde“, sagte Vanessa und schob sich ihre Tochter ein wenig auf der Hüfte nach oben. Mia war den ganzen Tag schon ungewöhnlich unruhig und schwierig. „Sie müsste dringend ein bisschen schlafen.“ Aber jedes Mal, wenn Vanessa sie in den Wagen setzte, fing Mia an zu schreien.
„Ich könnte sie doch mal übernehmen“, sagte Marcus und streckte die Arme aus. Mia schien sich direkt hineinstürzen zu wollen.
„Ich habe schon verstanden!“ Lachend reichte Vanessa ihm ihre Tochter. Mia schmiegte sich behaglich an seine Schulter. „Keine Frage, sie mag Sie wirklich.“
Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Marcus fand es schön, wenn ein Baby im Palast war. Auch wenn es eine seltsame Vorstellung war, dass die Kleine seine Stiefschwester werden könnte. Was er allerdings für immer unwahrscheinlicher hielt. War er etwa langsam bereit dafür, selbst eine Familie zu gründen? Noch vor acht Monaten hätte er das für absolut unmöglich gehalten. Aber seither hatte sich so vieles geändert. Auch er hatte sich geändert, insbesondere seit Vanessa da war.
Wie gern hätte er sie berührt! Immer schwerer fiel es ihm, dieser Versuchung nicht nachzugeben. Und die Art und Weise, wie sie ihn
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