Julia Extra Band 377
„Ich will Alex nicht verlieren. Sie ist alles, was ich habe.“
„Passen Sie auf sich auf!“ Dr. Bassano drückte ihr die Hand. „Ihre Schwester schläft noch, sollte aber bald aufwachen. Sie können mich jederzeit anrufen, falls Sie weitere Fragen haben.“
Ally setzte sich wieder ans Bett ihrer Schwester und betrachtete das blasse, schmale Gesicht, das ihrem eigenen fast vollkommen glich. Wie ein hilfloses Kind lag Alex zusammengerollt auf dem schmalen Bett.
Wie können eineiige Zwillinge charakterlich so verschieden sein? überlegte sie. Alex war immer die extrovertiertere gewesen, die ohne Punkt und Komma redete und sich vor Verehrern kaum retten konnte.
Ally hingegen hatte am liebsten ihre Ruhe. Da sie das Ebenbild ihrer hübschen Schwester war, interessierten die Männer sich auch für sie. Doch bisher hatte keiner ihr Herz erobert. Die Ereignisse in ihrer Kindheit hatten ihren Gefühlen zu sehr zugesetzt. Das Zusammenleben mit einer unberechenbaren Mutter hatte Ally sehr vorsichtig gemacht. Es fiel ihr schwer, anderen Menschen zu vertrauen. Sie blieb stets distanziert und wachsam. Alex dagegen ähnelte ihrer Mutter und stürzte sich Hals über Kopf in Abenteuer, ohne über mögliche Folgen nachzudenken.
Unter der Decke bewegte sich etwas und Alex fragte mit krächzender Stimme: „Bist du das, Ally?“
Ally beugte sich vor und umfasste behutsam die Hände ihres Zwillings. „Ja, Liebes, ich bin so schnell wie möglich hergekommen.“
„Es tut mir leid.“ Alex’ Gesicht verzog sich, weil sie im Begriff war zu weinen. „Ich habe alles kaputt gemacht. Du hasst mich jetzt sicher.“
„Nein, Schwesterchen, sag doch so was nicht!“ Selbst den Tränen nahe, versuchte Ally, ihre Schwester zu trösten. „Ich könnte dich niemals hassen. Du weißt doch, dass ich alles für dich tun würde, damit es dir bald wieder besser geht.“
„Er hat gesagt, er liebt mich“, flüsterte Alex.
Ally beugte sich noch weiter vor, um Alex besser zu hören. „Wer hat das gesagt?“
Alex schloss die Augen und schluchzte. „Es tut so weh. Ich kann nicht darüber reden.“
Tröstend streichelte Ally ihr die Hand. „Reg dich nicht auf, Schatz! Wir können uns später unterhalten. Jetzt musst du erst mal wieder gesund werden. Alles andere ist unwichtig.“
„Ich muss in eine Klinik, hat der Arzt gesagt.“ Verängstigt wie ein kleines Kind sah Alex ihre Schwester an.
„Ja, das wird das Beste sein. Mach dir keine Sorgen um die Kosten. Die übernehme ich.“
Wieder flossen Tränen. „Ich wollte sterben. Ohne ihn hatte das Leben für mich keinen Sinn mehr.“
Ally schluckte einen Anflug von Panik hinunter. Der Arzt hatte extra betont, Alex dürfte sich nicht aufregen. Und nun? Offensichtlich hatte ihre Schwester während ihres Auslandjahrs in Europa einen Mann kennengelernt. „Warum hast du denn nichts gesagt, Süße? Ich dachte, alles wäre in Ordnung, seit du nach London gegangen bist.“
Alex senkte den Blick. „Ich habe dir nichts erzählt, weil du sowieso dagegen gewesen wärst.“
„Wie kommst du nur darauf, Schwesterherz?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits ahnte.
„Er ist verheiratet.“
Genau das hatte Ally sich schon gedacht!
„Das habe ich aber erst erfahren, als ich meine Stelle in London gekündigt und ihm nach Rom nachgereist bin. Er hat doch gesagt, er liebt mich! Und dann hat er versprochen, seine Frau zu verlassen. Aber das war gelogen.“
Ally seufzte unterdrückt. Irgendwann hatte sie aufgehört zu zählen, wie viele Affären mit verheirateten Männern Alex in den vergangenen Jahren gehabt hatte. Immer wieder war sie auf ein charmantes Lächeln hereingefallen und bald wieder enttäuscht worden. Normalerweise kam sie schnell darüber hinweg, doch dieses Mal schien es sie sehr hart getroffen zu haben. Natürlich hätte Ally gern Näheres erfahren, doch sie musste sich gedulden. Alex durfte sich nicht noch mehr aufregen.
„Sag mal, Liebes, wann hast du denn deine Tabletten abgesetzt?“, erkundigte sie sich vorsichtig.
Alex kniff die Augen zu. „Weiß ich nicht mehr. Vor einigen Wochen, glaube ich. Er sollte nicht wissen, dass ich was einnehmen muss. Ich hatte Angst, er liebt mich nicht mehr, wenn er erfährt, warum ich die Tabletten schlucke und ich nicht … normal bin.“
„Du bist völlig normal, Alex“, widersprach Ally. „Wenn du an Asthma oder Diabetes leiden würdest, müsstest du auch regelmäßig etwas einnehmen. Wo ist da der Unterschied?“
„Aber
Weitere Kostenlose Bücher