Julia Festival 94
Zustand keine passende Antwort fand.
„Über mangelnden Hochmut brauchte ich mich nie bei dir zu beklagen“, setzte Alexio seine Abrechnung fort. „In dieser Hinsicht bist du bis in die Fingerspitzen eine Gakis!“
Ione sah ihn verständnislos an. „Das ist nicht wahr.“
„Nein? Mit welchem Recht hast du dann unsere Ehe für beendet erklärt? Bist etwa nur du davon betroffen? Hast du immer recht, und andere haben Unrecht? Findest du es fair, jemanden auf den ersten Anschein hin zu verurteilen? Eins ist mir jedenfalls klar: Unsere erste kleine Ehekrise hat dir genügt, um dich aus dem Staub zu machen.“
Ione presste die Lippen zusammen und schwieg.
„Du bist eben doch eine Gakis und kannst dich niemals irren.“ Alexio stellte einen kleinen Kassettenrekorder auf den Tisch. „Aber diesmal wirst du feststellen, dass du dich nur lächerlich gemacht hast.“
„Ach ja?“ Rote Flecken brannten auf Iones blassen Wangen. „Was hat der Apparat zu bedeuten? Willst du mich damit für dumm verkaufen?“
„Meine sämtlichen Anrufe im Büro werden auf Band aufgenommen.“ Alexio drückte auf eine Taste, und schon beim ersten Wort zuckte Ione zusammen. Das war unverkennbar Pascales Stimme. Sie teilte Alexio in fließendem Griechisch mit, dass sie über Nacht in London sei und sehr hoffe, ihn zu treffen. Alexio schien fest anzunehmen, das sie von seinem Apartment aus anrief, denn er antwortete kühl und zurückhaltend, bis Pascale deutlicher wurde und ihn direkt aufforderte, zum Dinner zu ihr zu kommen.
„Lass mir Zeit“, lautete Alexios etwas spöttische Antwort. „Bleib über Nacht in der Wohnung, und lass den Schlüssel morgen liegen. Wir werden uns nicht sehen.“
„Du weißt, wo du mich findest, falls du deine Meinung änderst“, sagte Pascale noch verheißungsvoll, bevor sie einhängte.
Tödliche Stille breitete sich im Zimmer aus. Ione spielte nervös mit den Enden ihres Gürtels und hätte vor Freude und Erleichterung beinahe laut aufgeschrien. Sie hatte sich geirrt. Sie hatte sich entsetzlich geirrt und war überglücklich, so eindeutig davon überzeugt zu werden.
„Alexio!“ In Iones Augen glänzten Tränen, und sie war kaum fähig zu sprechen. „Es tut mir so …“
„Nein!“ Alexio hob abwehrend die Hand und maß Ione mit einem verächtlichen Blick. „Glaub ja nicht, dass mit einem bloßen Bedauern alles aus der Welt geschafft ist.“
„Aber es tut mir leid, und ich …“
„Du hattest versprochen, im Nebenzimmer zu warten, aber das war eine Lüge. Ich war noch nie mit einer Frau zusammen, der ich nicht trauen konnte, und erwarte von meiner Ehefrau ein besonderes Maß an Vertrauen und Aufrichtigkeit. Beides scheint dir absolut fremd zu sein.“
„Aber ich …“ Weiter kam Ione nicht. Alexios Anschuldigung traf sie so schwer, dass ihr die Stimme versagte.
„Kein Aber.“ Alexio betrachtete sie von Kopf bis Fuß. „Du hast mich verlassen, als es deine Pflicht gewesen wäre, mich zumindest anzuhören. Eine kleine Schwierigkeit, ein kleiner Zweifel … und was tust du? Du läufst einfach davon und zerstörst damit alles.“
„Was sollte ich denn glauben, als ich Pascale in deiner Wohnung antraf?“, verteidigte sich Ione mit plötzlicher Heftigkeit.
„Du hättest an mich glauben sollen. Du hättest unsere Ehe ernst nehmen und über etwaige Probleme wie ein Erwachsener mit mir reden sollen. Aber du dachtest ja nur an dich und deinen Stolz. Nichts zählte für dich. Du wolltest mir nicht mal zuhören …“
„Weil Pascale behauptet hatte, ihr wärt ein Liebespaar!“
„Gewesen … wenn du das Wort verstehst. Ich habe Pascale seit Monaten nicht gesehen, und unser flüchtiges Verhältnis war lange vorbei, bevor du auftauchtest.“
„Meinetwegen, dann habe ich eben überreagiert.“ Ione wurde von wachsender Unruhe erfasst. „Ich hätte dir länger zuhören und Gelegenheit geben müssen …“
„Kommt diese Einsicht nicht etwas spät?“ Bitterer Vorwurf klang aus Alexios Stimme. „Wenn Pascale mich über Handy angerufen hätte, wäre ich unfähig gewesen, dir meine Unschuld zu beweisen. Zum Glück war ihr meine neuste Nummer unbekannt, sodass sie im Büro anrufen musste. Wäre das Gespräch allerdings nicht aufgenommen worden …“
Alexio schwieg vielsagend, und Ione wurde noch eine Spur blasser.
„Ohne diese Aufnahme hättest du deine Meinung niemals geändert. Du vertraust mir nicht, und eine Ehe ohne Vertrauen kann ich nicht führen.“
Das klang so endgültig,
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