Julia Festival Band 0103
sie, und drittens handelt es sich um Katys Geburtstagsparty.“
„Oh.“
„Warum sagst du das so spitz, Amber?“
„Ach, nur so. Wahrscheinlich dachte ich, dass er dich zu irgendeiner dieser rauschenden Partys eingeladen hat, die in der Werbebranche so beliebt sind.“
„Das hat er nicht. Und wenn er es getan hätte, wäre ich nicht mitgegangen.“
„Also hat er dich zu einem Kindergeburtstag eingeladen – wie aufregend! Ich finde es traurig, dass eine solche Feier das Ereignis des Monats für dich ist, Ursula.“
„Das ist es nicht, Amber!“
„So? Was hast du diesen Monat denn sonst unternommen?“
Ursula schluckte. „Ich war mit meinem Französischkurs essen …“
„Waren auch Männer dabei?“
„Jede Menge!“, antwortete Ursula triumphierend und dachte an den stattlichen Portier eines bekannten Londoner Luxushotels, der im Kurs neben ihr saß. Er wollte im Sommer nach Marseille reisen, um auf den Spuren seiner Vorfahren zu wandeln. Er hatte lange herumgedruckst, ehe er es endlich gewagt hatte, sie zu fragen, ob sie ihn begleiten wollte. Sie hatte dankend abgelehnt.
Dann war da noch der junge Bildhauer, der nie Geld hatte und dessen Bier sie stets bezahlte, wenn sie nach dem Kurs noch in einen Pub gingen. Der hoffnungsvolle Künstler war zwar erst zwanzig, aber wirklich liebenswert.
„Interessante Männer?“, hakte Amber nach, und Ursula wusste genau, dass ihre Schwester am anderen Ende der Leitung jetzt die Brauen hochzog.
„Das kann ich dir leider nicht beantworten, da es Ansichtssache ist.“
„Dann ist ja alles bestens. Und warum rufst du mich dann an?“
„Weil ich nicht weiß, was ich anziehen soll.“
„Jeans natürlich. Das ist doch bei einem Kindergeburtstag gar keine Frage.“
„ Jeans! Du meine Güte, die machen mich noch unförmiger!“
„Warum wendest du dich an mich, wenn du sowieso schon eine eigene Meinung hast? Woran hast du denn gedacht?“
Ursula zögerte. „Meinst du, ich könnte die cremefarbene Hose und die Seidenbluse tragen, die wir zusammen ausgesucht haben? Die Sachen hängen noch so im Schrank, wie wir sie gekauft haben.“
„Ausgezeichnet“, erwiderte Amber prompt. „Die Farbe unterstreicht deinen zarten Teint und lässt deine Wangen noch rosiger wirken! Kämm dir das Haar zurück und halte es mit den Perlmuttspangen, die ich dir zum Geburtstag geschenkt habe, zusammen. Und, Ursula …“
„Ja?“
„Mach keine Dummheiten!“
Ambers Ermahnung klang ihr noch in den Ohren, als Ursula auf der Straße stand und sich nicht traute, durch den Vorgarten zu Ross’ Haus zu gehen und zu klingeln. Als hätte eine echte Gefahr bestanden, dass sie Dummheiten machen könnte! Welcher Mann würde sie schon beachten?
Ursula schluckte nervös und wünschte, sie hätte sich einen Drink genehmigt, bevor sie von zu Hause aufgebrochen war. Sie hatte ganz vergessen, Ross danach zu fragen, wer sonst noch eingeladen war, und hoffte inständig, dass nicht alle weiblichen Gäste so gebildet und elegant wie Jane wären.
Ursula fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Es war drückend heiß, und kein Lüftchen regte sich. Das Wetter war genauso unerträglich wie die ganze Situation. Plötzlich hatte sie das unangenehme Gefühl, dass man sie beobachtete. Sie kniff die Augen zusammen und blickte zum Haus, einer alten, liebevoll restaurierten Villa aus viktorianischer Zeit.
Und tatsächlich bemerkte sie hinter einem Fenster im ersten Stock eine Gestalt. Sie wusste sofort, dass es Ross war, der dort stand und zu ihr herüberblickte, der sie beobachtete und wartete …
Wenn sie sich nicht völlig zum Narren machen wollte, durfte sie jetzt nicht mehr zögern. Entschlossen klemmte sie ihr Geschenk für Katy unter den Arm, ging die kiesbestreute Auffahrt entlang zur Haustür und klingelte.
Das Geburtstagskind selbst machte ihr auf. Katy wirkte in ihrem kurzen Rock und dem schlichten T-Shirt weitaus reifer als zehn. Sie war für ihr Alter nicht gerade klein, und ihre Plateauschuhe ließen sie noch größer wirken.
Katy hatte die braunen Augen und das dunkle Haar ihres Vaters. Während dessen Haare nur leicht gewellt waren, hatte sie jedoch dichte Locken – genau wie ihre Mutter, von der sie auch die kurze Nase mit den frechen Sommersprossen und die schön geschwungenen Lippen geerbt hatte.
„Herzlichen Glückwunsch, Katy!“ Ursula hielt ihr das Geschenk entgegen. Anstatt es anzunehmen, fiel Katy ihr allerdings in die Arme und drückte sie so fest, dass sie
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