Julia Festival Band 0103
ehrlich, allein dir habe ich es zu verdanken, dass Katy ein unbeschwertes Kind geblieben ist, obwohl sich ihre Mutter klammheimlich aus dem Staub gemacht hat. Da ist es doch nur natürlich, dass ich meiner Anerkennung auch auf diese Weise Ausdruck verleihen möchte.“
Dem konnte und wollte Ursula nicht widersprechen. Tapfer mit den Tränen kämpfend bedankte sie sich. „Es ist mir nur so peinlich, dass ich dein Geschenk zu Hause vergessen habe“, setzte sie mit bebender Stimme hinzu.
„Es wird schon nicht weglaufen“, tröstete er sie. „Ursula, du bist heute psychisch sehr labil.“
„Das ist zu Weihnachten ganz normal, und für Katy wird es in diesen Tagen besonders schmerzlich sein, ohne ihre Mutter auskommen zu müssen.“
Ross schüttelte den Kopf. „Erstaunlicherweise ist das nicht der Fall. Jedes Mal, wenn wir über unsere familiäre Situation sprechen, erklärt sie mir, für sie wäre die Situation okay. Katy erwähnt Jane fast nie.“
„Vielleicht weiß sie, dass sie dir damit wehtun würde.“
„Katy weiß, dass ich ehrlich zu ihr bin, Ursula! Ich lehne es ab, die Rolle des armen, verlassenen Ehemannes zu spielen, selbst wenn man das von mir erwarten sollte. Ich respektiere meine Tochter viel zu sehr, um ihr Gefühle vorzuspielen, die ich nicht empfinde.“
„Soll das heißen, dass du dich mehr in deinem Stolz getroffen fühlst? Dass es gar nicht so sehr deine Gefühle sind, die Jane verletzt hat?“
Er wich ihrem Blick nicht aus. „Ehrlich gesagt, bin ich überhaupt nicht verletzt. Ich mache mir nur Gedanken um Katy.“
„Hältst du es denn nicht für möglich, dass sie in Wirklichkeit gar nicht so gefasst ist, wie es den Anschein hat? Dass sie zu verzweifelt ist, um über ihren Kummer zu sprechen?“
„Nein. Katy ist rundum glücklich und zufrieden. Vielleicht ist sie sogar erleichtert, weil sich die Stimmung hier im Haus normalisiert hat. Denn sosehr Jane und ich uns auch bemüht haben, vernünftig miteinander umzugehen, die Atmosphäre war gespannt. Anscheinend hat es Katy doch mehr belastet, als wir dachten.“
Aufmunternd lächelte er ihr zu. „Katy hat viel von unserer Reise nach Prag gesprochen. Sie freut sich sehr darauf, besonders weil du mitkommst – das geht mir nicht anders.“
„Für mich ist es der erste richtige Urlaub meines Lebens, Ross. Aber wir müssen vorsichtig sein …“
Ross betrachtete sie aus zusammengekniffenen Augen. „Worauf willst du hinaus, Ursula?“
„Bestimmt nicht auf das, woran du jetzt denkst“, konterte Ursula, errötete aber trotzdem. „Ich möchte nur verhindern, dass Katy in mir eine … eine Ersatzmutter sieht.“ Sie senkte den Kopf, damit er ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. „Für Katy wäre das die einfachste Lösung ihrer Probleme.“
„Ich weiß“, antwortete er nachdenklich und strich ihr das Haar, das ihr ins Gesicht gefallen war, wieder hinter das Ohr. „Auch für mich wäre es die einfachste Lösung.“
Hatte sie sich verhört? Verwirrt durch die Reaktion, die seine zärtliche Berührung in ihr auslöste, sah sie zu ihm auf. Wie konnte eine kleine Geste nur so unschuldig und provozierend zugleich sein? Seine Finger berührten sie nur ganz leicht, und trotzdem hatte Ursula das Gefühl, dass ihre Knie gleich nachgeben würden.
Ross zog die Hand nicht zurück. „Weihnachten ist eine gefühlsbetonte Zeit, das hast du selbst gesagt, Ursula. Ich glaube, wir sollten uns jetzt verabschieden, sonst tun wir noch etwas, das wir morgen früh bereuen könnten.“ Er ließ den Arm sinken.
Enttäuscht schloss Ursula für einige Sekunden die Augen. Doch er hatte ja recht.
„Ich gehe jetzt“, verkündete sie. Unvernünftig, wie sie war, hoffte sie jedoch, er würde sie zurückhalten, in die Arme nehmen und küssen, bis ihr schwindelig wurde …
„Ja, Ursula, bitte geh!“ Plötzlich wirkte er richtig wütend. „Um alles in der Welt, bitte geh jetzt! Wenn du mich mit deinen wundervollen blauen Augen so ansiehst, dann …“
„Dann?“
„Ich glaube, das erkläre ich dir lieber nicht, sonst hältst du mich noch für ein Monster.“
„Nein, du bist alles andere als ein Monster!“, widersprach sie heiser.
„Aber abartig bin ich trotzdem, oder?“
Verzweifelt umklammerte Ursula ihr Geschenk. Bevor sie noch weitere Dummheiten sagte, musste sie unbedingt gehen. „Ein frohes Fest, Ross!“
„Ein frohes Fest, Ursula“, antwortete er zärtlich. „Und jetzt nimm deinen Mantel, und ab mit dir nach
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