Julia Festival Band 0103
schimmerte. Sie fand, dass sie ausnahmsweise einmal interessant und exotisch wirkte. Das unterstrich sie noch, indem sie sich ihren mit großen Blüten bedruckten Sarong um die Hüften knotete. Das seidige Material kaschierte vorteilhaft ihre Rundungen und gab ihr das Gefühl, dass sie einigermaßen korrekt angezogen war.
Als sie einen letzten kritischen Blick in den Spiegel warf, hielt sie überrascht den Atem an. Wirklich nicht schlecht, dachte sie, wirklich nicht schlecht.
Da sie sich gegen Schuhe entschieden hatte, verursachte sie keinerlei Geräusch, als sie durch die Tür auf die Veranda ging, und hatte die Gelegenheit, Ross ungestört betrachten zu können, der damit beschäftigt war, die Weinflasche zu entkorken.
Sie hatte befürchtet, dass er in einer knappen Stringbadehose erscheinen würde, musste sich aber selbstkritisch eingestehen, dass ihre wilden Fantasien mehr über sie als über Ross aussagten. Denn natürlich wäre er nie auf eine derartige Idee gekommen.
Er trug ein ausgebleichtes Sporttrikot mit dem Wappen seiner ehemaligen Universität und ausgebeulte, leicht verknitterte Shorts, die ebenso alt und verwaschen waren, aber bequem saßen.
Die kurze Hose ließ seine Beine länger erscheinen, als sie ohnehin schon waren, und das ärmellose Trikot brachte seine muskulösen Arme und seinen athletischen Oberkörper zur Geltung. Obwohl sie schon jahrelang mit ihm zusammenarbeitete, hatte sie nie geahnt, was er für einen Körperbau hatte. Jetzt wusste sie es. Ross war durchtrainiert und sportlich.
Plötzlich sah er auf und bemerkte sie. Sein Lächeln verschwand wieder. Ungläubig betrachtete er sie und runzelte die Stirn. Ihr Anblick schien ihn zu schockieren, denn Ross musste erst schlucken, ehe er die Sprache wiederfand.
„Na also“, bemerkte er rau und schenkte zwei Gläser ein. „Jetzt siehst du wirklich … wirklich sommerlicher aus.“
Schnell nahm Ursula ihr Glas und trank einen großen Schluck. „Du auch“, erwiderte sie nervös, bemerkte aber, dass Ross auch nicht gerade ausgeglichen wirkte, denn er stürzte seinen Wein buchstäblich hinunter.
„Wollen wir nicht grillen?“, fragte er so eifrig, als könnte er es gar nicht erwarten, sich irgendwie abzulenken. „Das Feuer ist schnell angezündet, Fisch ist im Kühlschrank, und frischen Rosmarin hätten wir auch.“
Ursula schauderte. Der Appetit war ihr gründlich vergangen. Gewiss, zu Hause würde sie sich jetzt bestimmt über eine Riesenportion Eis hermachen, doch hier, in Ross’ Nähe, überkamen sie keine Essgelüste …
Sie setzte sich auf eine Sonnenliege, die Ross auf die Terrasse geholt haben musste, während sie sich umgezogen hatte. „Bei diesem Wetter grillen? Es ist einfach zu heiß, um überhaupt etwas zu essen“, meinte sie und schob ihr Glas unter die Liege. Es war schon fast leer, und außerdem war es gefährlich, bei dieser Hitze zu viel Wein zu trinken.
„Damit hast du wohl recht.“ Er nahm auf der anderen Liege Platz und drehte sein Glas zwischen den Händen.
Es herrschte gespanntes Schweigen. Ursula stellte sich schlafend, beobachtete Ross jedoch heimlich. Auch ihm schien nicht wohl in seiner Haut zu sein, denn er konnte nicht still sitzen und stand schließlich auf, um die Rabatten am Rand der Terrasse zu betrachten.
Nach einer Weile drehte er sich zu ihr um. „Hungrig?“, fragte er.
„Nein, Ross, ich habe wirklich keinen Hunger.“ Sie schloss die Augen und wandte das Gesicht der Sonne zu. Jetzt dachte er bestimmt, sie würde nur heimlich essen und wäre eine jener dicken Frauen, die sich nie in der Öffentlichkeit die Blöße gaben, um nicht als hemmungslos abgestempelt zu werden.
„Ich mag eigentlich auch nichts essen“, gestand er. Überrascht öffnete Ursula wieder die Augen und sah ihn an. Diesen Gesichtsausdruck kannte sie nur zu gut aus dem Büro, und aus Erfahrung wusste sie, dass Ross damit beschäftigt war, nach einer Problemlösung zu suchen.
„Was bedrückt dich?“, erkundigte sie sich.
„Nichts“, antwortete er nicht sehr überzeugend. „Ich wünschte nur, wir hätten einen Swimmingpool. Es ist so heiß, dass ich nicht klar denken kann.“
„Dann solltest du dich nicht auch noch in die Sonne legen und Wein trinken! Ich werde uns jetzt noch etwas Zitronenlimonade machen, denn überall liest man, dass man bei diesem Wetter unbedingt auf seinen Flüssigkeitshaushalt achten soll. Wir Engländer kommen mit der Hitze so schlecht zurecht, weil wir einfach nicht daran gewöhnt
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