Julia Festival Band 0103
gut?“, fragte Amber und runzelte die Stirn.
Nein, auch hier in Irland darf ich mich nicht gehen lassen, dachte Ursula ernüchtert. Auch hier muss ich mich verstellen, besonders heute, denn dieser Tag gehört allein Amber. Und Amber würde sich große Sorgen machen, wenn sie ahnen würde, welche Gefühle sie, Ursula, einem Mann entgegenbrachte, der immer noch verheiratet war.
„Mir geht es ausgezeichnet“, beruhigte sie Amber. „Du kennst mich doch.“
„Eben. Und genau deshalb würde ich wetten, dass du mir etwas verheimlichst, Ursula.“ Amber blickte in den Spiegel, zupfte an ihrem Schleier und fügte wie nebenbei hinzu: „Geht es um einen Mann, Ursula?“
„Eigentlich nicht“, antwortete Ursula ausweichend.
„Also doch! Hast du Ross eigentlich eingeladen, mit zur Hochzeit zu kommen? Das hatten wir schließlich so abgesprochen.“
Ursula schluckte. „Ich habe ihn auch eingeladen. Ross hat mir auch ein Geschenk für euch mitgegeben, die Einladung aber dankend abgelehnt. Er hat etwas gegen Hochzeiten.“
Amber nickte nur und nahm ihren Strauß aus der Vase.
Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, denn sowohl Finn als auch Amber stammten aus weit verzweigten Familien. In der letzten Reihe saßen auch die hochschwangere Holly Lovelace und ihr Mann Luke Goodwin. Beide lächelten verträumt, als sie dem Brautpaar hinterherblickten, denn auch Holly war in dem Kleid, das Amber jetzt trug, getraut worden.
Für Ursula war es ein schwacher Trost, dass für sie im Moment nichts weniger infrage kam, als zu heiraten. Denn dann hätten alle erwartet, dass auch sie dieses Kleid trug – und es war ihr mindestens vier Nummern zu klein.
Ambers Trauung war die bewegendste Zeremonie, die Ursula je erlebt hatte. Allerdings war es auch nicht weiter verwunderlich. Schließlich war ihre kleine Schwester, bedingt durch die lange Krankheit ihrer Mutter, fast so etwas wie eine Tochter für sie gewesen.
Jedenfalls bis heute.
Heute jedoch begann für Amber ein neuer Lebensabschnitt an der Seite des geliebten Mannes. Ursula war vernünftig genug, einzusehen, dass sich die Beziehung zu ihrer Schwester von nun an grundlegend ändern würde. Das war gut und richtig so – aber deshalb nicht weniger schmerzlich. Ursula tupfte sich mit dem Taschentuch die Augen.
Als Ursula am Tag nach der Trauung, einem Sonntag, in London landete, fühlte sie sich ausgebrannt.
Geduldig wartete sie am Band auf ihren Koffer und machte sich dann auf den Weg zum Taxistand. In der Hand hielt sie nicht nur ihren riesigen Hut, sondern auch Ambers – schon leicht verwelkten – Brautstrauß, den diese ihr zum Abschluss der Feier zugeworfen hatte. Die Zukunft erschien ihr so trostlos wie noch nie.
„Ursula!“
Diese Stimme kannte sie doch! Langsam drehte Ursula sich um und sah direkt in ein Paar nur allzu vertraute dunkle Augen, die jedoch ungewöhnlich matt und müde wirkten.
„Hallo, Ross! Was machst du denn hier?“, fragte sie und wunderte sich darüber, dass sie so ruhig klang, obwohl ihr das Herz bis zum Hals schlug.
„Ich will Urlaub machen und in die Karibik fliegen!“ Ross lächelte ironisch und nahm ihr, ohne zu fragen, den Koffer ab. „Was meinst du wohl, warum ich hier bin? Natürlich um dich abzuholen! Das Auto steht auf dem Parkplatz.“
„Und wo ist Katy?“
„Bei Sophie-Jo.“
„Oh.“ Ursula betrachtete den Fußboden des Flughafengebäudes, als wäre er das Interessanteste der Welt. „Woher wusstest du denn, mit welchem Flug ich komme?“
„Ich habe in meine Kristallkugel gesehen.“ Als sie ihn betroffen anblickte, fügte er schnell hinzu. „Du hast mir doch vor deiner Abreise einen Zettel mit allen wichtigen Reisedaten und Telefonnummern auf den Schreibtisch gelegt, Dummchen.“
„Oh.“
Bevor Ross die Beifahrertür öffnete, umfasste er ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Was ist los mit dir, Ursula? Du bist blass aus, und deine Stimme klingt so komisch. Was hast du?“
Ursula biss sich auf die Lippe. Ross war doch sonst so verständnisvoll und mitfühlend. Konnte er es denn wirklich nicht erraten? Wusste er nicht, dass eine Hochzeit ein aufregendes Ereignis war – nicht nur für das Brautpaar? Sie musste sich beherrschen, um vor lauter Selbstmitleid nicht laut zu schluchzen.
„Ich habe nichts“, behauptete sie, aber ihr Tonfall strafte ihre Worte Lügen.
„Ursula, mach mir bitte nichts vor!“
Ursula hatte keine Kraft mehr, Ross weiter zu täuschen. „Die Hochzeit“, brachte sie
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