Julia Festival Band 0103
Augenwinkeln. Er wirkte immer noch wie erstarrt. „Wir gehen jetzt besser nach Hause, Ross“, meinte sie sanft. „Jane wird bestimmt mit Katy dorthin zurückkehren.“
Ross drehte sich um, ging zum Auto und überließ es ihr, sich von Clara Sanstead zu verabschieden. Clara hörte ihr allerdings gar nicht richtig zu, weil sie nur Augen für ihn hatte. Das Verlangen, das aus ihrem Blick sprach, verursachte Ursula richtig Übelkeit. Wie konnte Clara Sanstead ihm in einer Situation wie dieser nur so ungeniert ihre Bereitschaft signalisieren?
Auf dem Heimweg trat Ross das Gaspedal gefährlich weit durch.
„Du fährst viel zu schnell, Ross!“
„Na und?“
„Es bringt Katy absolut nichts, wenn du eine Anzeige wegen überhöhter Geschwindigkeit bekommst.“
„Mag sein. Aber mir bringt es was!“ Die Reifen quietschten, als er vor einer scharfen Kurve heftig bremsen musste. Ursula hörte, wie er einmal tief durchatmete und dann die Geschwindigkeit reduzierte.
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich schließlich.
„Wenn es Ihnen guttut, mich als Punchingball für Ihre verbalen Attacken zu benutzen, Mr. Sheridan, tun Sie sich bitte keinen Zwang an. Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung.“
Er sah sie von der Seite an. „Habe ich das wirklich getan?“
„Es macht wirklich nichts.“ Schon wieder hatte sie es getan – sich verleugnet, nur um sich unersetzlich zu machen. Einfach schrecklich!
„Doch, es macht was“, beharrte er.
„Ja, Ross, du hast recht, also tu es bitte nicht wieder.“
Als sie bei ihm eintrafen, fanden sie das Haus leer vor. Ross ging sofort in sein Arbeitszimmer, um den Anrufbeantworter abzuhören. Als er wieder zurückkam, genügte Ursula ein Blick, um Bescheid zu wissen.
„Nichts“, sagte er heiser.
Sie schloss kurz die Augen. „Lass uns genau überlegen“, schlug sie dann vor. „Wohin könnte Jane Katy gebracht haben? Hat Jane Verwandte hier in der Nähe, die sie besuchen könnte?“
Er schüttelte den Kopf. „Ihre Cousinen leben in Schottland, aber Jane hat keinen Kontakt mehr zu ihnen.“
„Schottland ist auch zu weit weg“, überlegte Ursula laut. „Vielleicht wollte Jane Katy mit einem kleinen Ausflug überraschen, und die beiden sind ins Kino gegangen oder besuchen einen Erlebnispark – oder sie sind einfach nur einkaufen gegangen.“
Ross schüttelte wieder den Kopf. „Das glaube ich nicht, das ist für Janes Geschmack viel zu unspektakulär. Und warum diese Geheimniskrämerei, wenn sie einfach nur etwas mit Katy zusammen unternehmen wollte? Warum hat sie mich nicht angerufen und es mit mir abgesprochen? Ich wusste noch nicht einmal, dass sie überhaupt in England ist … Verdammt …“ Er wandte sich ab und eilte wieder in sein Arbeitszimmer.
Diesmal wirkte er richtig erleichtert, als er zurückkehrte. „Wir haben Glück gehabt. Katys Reisepass liegt noch da, wo er hingehört.“
„Wenigstens etwas.“ Ursula sah ihn fragend an. „Glaubst du wirklich, dass Jane versuchen könnte, Katy ohne dein Wissen außer Landes zu bringen?“
„Ich bin mir nicht sicher, und da liegt auch mein großes Problem. Ich weiß nicht, woran ich bei Jane bin, und kann mir deshalb auch keine Taktik überlegen. Ich muss unbedingt versuchen, mich in Jane hineinzuversetzen, um so zu erraten, was sie als Nächstes unternehmen könnte.“
Nachdenklich blickte sie vor sich hin. „Ich an ihrer Stelle würde zu meiner Mutter gehen – sofern es möglich wäre …“
„Janes Mutter lebt in Australien, und Katy hat ihren Reisepass nicht dabei.“
„Aber Janes Mutter weiß bestimmt mehr als wir. Jane wird sich doch von ihr verabschiedet haben, bevor sie nach England geflogen ist, meinst du nicht auch?“
„Vielleicht.“ Sehr überzeugt schien Ross nicht zu sein, dennoch blickte er auf seine Uhr. „In Australien ist es jetzt mitten in der Nacht.“
„Na und?“ Sie zuckte die Schultern. „Es wäre einen Versuch wert – es sei denn, du möchtest die Polizei benachrichtigen …“
„Noch nicht.“ Er ging zum Telefon, blätterte in seinem Notizbuch und wählte dann.
Ross macht sich Vorwürfe, dachte Ursula, die ihn dabei beobachtete. Er hat ein schlechtes Gewissen, weil er Katy allein gelassen hat, um mich vom Flughafen abzuholen – er wird auch mich für Katys Verschwinden verantwortlich machen! Hoffentlich konnte Janes Mutter etwas dazu beitragen, dass Katy schnell gefunden wurde!
„Marian? Hier ist Ross. Es tut mir leid, dass ich dich um diese Zeit anrufe, aber
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