Julia Festival Band 0103
„Geh schon vor, ich will nur noch duschen.“
Er blinzelte ihr zu. „Lass mich mitkommen.“
Doch Amber schüttelte den Kopf. Nach dem Abenteuer auf dem Teppich fühlte sie sich völlig erschlagen, und auch Finn sah aus, als hätte er Ruhe nötiger als eine zweite leidenschaftliche Umarmung. „Geh schon ins Bett“, sagte sie und strich ihm zärtlich übers Haar.
„Genau das ist es, was ich unter dem Verlobungssyndrom verstehe“, beklagte er sich, raufte sich theatralisch das Haar, lächelte jedoch amüsiert. „Sex wird rationiert, mehr als einmal gibt es nicht am Tag.“
„Alles andere ist auch unanständig“, behauptete Amber und verschwand im Badezimmer.
Nach dem Duschen ging sie jedoch erst einmal in die Küche, machte noch einen Teller mit Käseschnittchen und richtete Joghurt mit Blaubeeren an. Nichts weiter als Chips zu servieren ließ ihr hausfraulicher Stolz nicht zu. Das wird Finn guttun, dachte sie zufrieden, als sie das Tablett die Treppe hochtrug.
Finn jedoch war eingeschlafen – genau, wie sie vorhin auf dem Sofa eingeschlafen war. Die Weingläser hatte er auf den Nachttisch gestellt und den Kühler mit der Flasche auf den Boden. Obwohl Amber das Tablett ganz leise absetzte, schlug Finn die Augen auf und blickte sie verschlafen an.
„Amber!“ Er lächelte.
„Finn!“ Sie erwiderte sein Lächeln. „Schlaf ruhig wieder ein, wenn du möchtest. Obwohl …“ Sie zögerte, denn sie wollte nicht wie seine Mutter klingen, oder besser, wie Philomena, denn sie war es ja gewesen, die Finn aufgezogen hatte.
„Obwohl was?“, hakte er nach.
„Du solltest lieber etwas essen, Finn. Du weißt, dass es nicht gesund ist, Mahlzeiten auszulassen.“
Er setzte sich auf, gähnte und reichte ihr dann ein Glas. „Und wie geht es Ursula?“, fragte er, nachdem er einen Schluck getrunken hatte.
Amber sah ihn verständnislos an. „Ursula?“
Finn betrachtete sie nachdenklich und runzelte die Stirn. „Ja, Ursula, deine Schwester. Mit ihr hast du doch den Nachmittag verbracht – das jedenfalls hast du mir erzählt.“ Dass er in Wirklichkeit daran zweifelte, war nicht zu überhören. „Du hast mit ihr Champagner getrunken. Was hatte sie für Neuigkeiten?“
Sag es ihm, warnte eine innere Stimme sie. Sag ihm, dass du nicht mit Ursula gesprochen, sondern ein Interview gegeben hast.
Morgen erzähl ich ihm alles, nahm Amber sich fest vor.
„Keine. Sie war einfach so vorbeigekommen.“ Amber zuckte die Schultern und trank einen großen Schluck Wein.
3. KAPITEL
Das Büro war voller Besucher, als Finn völlig außer sich in die Agentur stürmte. Ohne zu grüßen, knallte er Amber eine Illustrierte auf den Schreibtisch. So wütend hatte Amber Finn noch nie erlebt.
„Was, in aller Welt, hast du dir eigentlich dabei gedacht? Oder hast du überhaupt nicht gedacht?“, herrschte er sie an.
Amber fühlte sich in die Enge getrieben und ertappt. Das geschah ihr nur recht. Sie hätte es ihm noch am gleichen Abend beichten sollen. „Finn …“, wollte sie ihn beschwichtigen, doch er ließ sie nicht ausreden.
„Ich bestehe auf einer Erklärung, und zwar sofort! Wie konntest du nur derart intime Dinge diesem … diesem Schmierblatt preisgeben.“ Er wies auf das grellbunte Titelblatt und verzog verächtlich den Mund. „Also los, ich höre.“
Wenn sie mit Finn allein gewesen wäre, hätte Amber ihm jetzt ehrlich gestanden, was sie getan hatte. Denn daran, dass es überhaupt zu dieser Szene hatte kommen können, war sie selbst schuld. Schon längst hätte sie sich mit ihm aussprechen sollen. Sie war jedoch nicht allein mit Finn, sondern von einem ganzen Aufgebot weiblicher und männlicher Models umgeben, die kaum den Kinderschuhen entwachsen waren und plötzlich alle die von ihnen kultivierte Pose der coolen Abgeklärtheit vergessen hatten. Interessiert beobachteten sie, wie ihr Boss, sonst eine Respektsperson und die Ruhe selbst, wild mit den Händen gestikulierte.
Amber war sich bewusst, dass auch sie für die jungen Leute eine Art Autorität war. Sie war nicht einfach die Sekretärin, mit der man Termine vereinbarte, sondern sie war eine Vertrauensperson, mit der man bei einer Tasse Kaffee auch persönliche Probleme besprechen und die man um Rat und Hilfe bitten konnte. Wenn sie jetzt zuließ, dass Finn in diesem Ton mit ihr redete, würde sie ihren Schützlingen damit signalisieren, dass solch ein Verhalten angebracht war. Und das war es nicht.
Sie hatte im
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