Julia Festival Band 0103
wollte damit erreichen, dass ich wirklich das Gefühl habe, verlobt zu sein.“
„Das verstehe ich nicht.“
Es muss für dich auch schwer nachzuvollziehen sein, dachte Amber und sah ihn hilflos an. Es gab nur eine Möglichkeit, ihm ihr Verhalten zu erklären: Sie musste ihm die Wahrheit sagen, koste es, was es wolle. Sollte er sie ruhig für überspannt halten, alles war besser als dieser eisige, leidenschaftslose Blick, mit dem er sie betrachtete.
„Ich kam mir vor wie … in einem Theaterstück“, sagte sie stockend. „Unsere Verlobung schien nichts mit der Wirklichkeit zu tun zu haben.“
„Das verstehe ich nicht“, wiederholte er.
„Ich bin ja gerade dabei, es dir zu erklären!“ Amber war frustriert. „Als wir uns nach jener Party verlobt haben …“
„Auf der Gästetoilette, wie ja jetzt alle Welt weiß“, unterbrach er sie sarkastisch.
„Nicht alle Welt, nur die Leser der Illustrierten“, berichtigte sie ihn und seufzte. „Finn, du hattest heimlich den Ring gekauft und mich damit überrascht. Es war einfach wundervoll. Aber hinterher … hinterher passierte nichts. Du hast eine großartige Geste vollbracht, auf die nichts folgte.“
„Wie meinst du das?“
„Du hast nie von Heiraten oder gar einem Hochzeitstermin gesprochen. Wir haben uns nie über die Themen unterhalten, die für ein frisch verlobtes Pärchen typisch sind.“
„Zum Beispiel?“
Amber errötete. „Kinder, zum Beispiel.“
„Kinder?“ Finn sah sie fassungslos an. „Du möchtest ein Baby haben?“
„Natürlich jetzt noch nicht! Trotzdem war für mich klar, dass wir einmal Kinder haben würden – das heißt, wenn wir überhaupt welche bekommen können.“
Finn setzte sich auf den Rand seines Schreibtischs. „Du beklagst dich also, dass wir nie über die Zukunft gesprochen haben“, meinte er nachdenklich.
Amber nickte. „Ja. Wir haben keinerlei Pläne geschmiedet. Um ehrlich zu sein, haben wir uns fast nie richtig unterhalten. Du bist beruflich so eingespannt, dass wir überhaupt keine Zeit füreinander haben. Lediglich der Ring hat mich daran erinnert, dass ich das mit der Verlobung nicht geträumt hatte.“
Finn zog die Augenbrauen hoch. „Und warum hast du mir das nicht gesagt, Amber? Warum hast du stattdessen dieses unselige Interview gegeben?“
„Wann denn, bitte sehr, hätte ich mit dir darüber reden sollen? Du hast ja nur gearbeitet und stundenlang mit Birgitta telefoniert, die dir ja so ausnehmend gut zu gefallen scheint.“ Amber hasste sich dafür, wie eine eifersüchtige Ehefrau zu klingen.
„Bitte nicht schon wieder.“ Finn schloss die Augen.
Auch jetzt fiel Amber auf, wie völlig erschöpft er aussah. Sie machte sich ernsthaft Sorgen um ihn, ihr Tonfall jedoch klang eher vorwurfsvoll als fürsorglich. „Hast du dich in letzter Zeit eigentlich einmal im Spiegel betrachtet, Finn? Du siehst einfach schrecklich aus.“
Er kniff die Augen zusammen. „Eitelkeit ist nicht mein Ding. Das ist auch der Grund, warum ich meine Karriere als Dressman aufgegeben habe.“
„So?“ Amber wich seinem Blick nicht aus. „Vielleicht hat es dir ja auch einfach nicht mehr gepasst, dir von anderen etwas sagen zu lassen“, bemerkte sie langsam. „Du willst alles allein entscheiden, weil du es am besten weißt – oder es dir jedenfalls einbildest.“
„Ist das deine ehrliche Meinung?“
„Ja.“
„Und warum hast du es dann mir gegenüber noch nie erwähnt?“ Finn ließ Amber nicht aus den Augen.
„Vielleicht weil ich in der ersten Zeit unserer Verliebtheit keine Veranlassung dazu gehabt hatte.“
„Aber diese Phase ist jetzt vorbei. Ist es das, was du mir mitteilen möchtest?“
„Mag sein, dass ich jetzt hinter deine Fassade sehe.“ Sie hob das Kinn. „Und mag sein, dass mir nicht gefällt, was da zum Vorschein kommt.“
„Ich habe das Gefühl, dass sich plötzlich Gräben zwischen uns auftun, Amber.“
Sie erschrak. So weit hatte sie es nicht treiben wollen. Plötzlich schien ihr Finn, der so ruhig und lässig auf seinem Schreibtisch saß, erschreckend gefühlskalt. Gefühlskalt genug, um ihre Beziehung zu beenden?
Sie streckte ihm die Hand entgegen, um alles wiedergutzumachen. Wenn Finn sie jetzt doch nur in die Arme nehmen und küssen würde! „Bitte“, sagte sie leise.
Doch er schüttelte den Kopf. „Nein, Amber, jetzt nicht. Ich habe zu tun, außerdem bin ich noch verärgert über dich.“
Immer musste alles nach Finns Kopf gehen! Zärtlichkeiten kamen für ihn nur dann
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