Julia Festival Band 0103
jedem Licht anders. Finn hatte ihr einmal gesagt, es habe die Farbe flüssigen Honigs. Manche bezeichneten es jedoch auch als fuchsig oder goldblond. Amber hatte einen hellen, zarten Teint, Sommersprossen auf der kurzen, geraden Nase und einen vollen, sinnlichen Mund. Offenbar schlug sie ganz in die väterliche Linie.
Ursula dagegen war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, und man sah ihr die irische Abstammung auf den ersten Blick an. Sie hatte dichtes schwarzes Haar, frische Farben, und während Amber eine Figur hatte, die ganz dem Ideal des Zeitgeschmacks entsprach – lange Beine, schmale Hüften und runde, feste Brüste – war Ursula verschwenderisch gepolstert. Sie wünschte oft, sie hätte zu einer Zeit gelebt, als runde Oberarme und ausgeprägte Hüften als ausgesprochen weiblich und verführerisch gegolten hatten. Aber stattdessen lebte sie in einer Zeit, in der eine Frau gar nicht schlank genug sein konnte.
Ursula lächelte Amber liebevoll zu. „Vielleicht wäre ich mit meiner Figur auch viel zufriedener, wenn meine kleine Schwester nicht ausgerechnet ein Topmodel wäre.“
„Ich bin kein Topmodel“, widersprach Amber, während sie einschenkte. „Ich habe nur hier und da ein paar Aufnahmen gemacht, weil ich ja nicht groß genug bin.“
„Und weil Finn dich nicht gern aus den Augen lässt“, fügte Ursula hinzu.
Amber setzte sich ihrer Schwester gegenüber hin. „Willst du damit sagen, dass Finn besitzergreifend sei?“
Ursula schien ganz in den Anblick des Weihnachtsbaums vertieft. „Was einmal ihm gehört, das gibt er nicht wieder her. Eine Haltung, die nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass er noch sechs ältere Geschwister hatte. So gesehen, hat es mich wirklich überrascht, dass er dich dieses Interview in der Illustrierten geben ließ.“
Amber verschluckte sich fast an ihrem Champagner. „Du hast es gelesen?“
Ursula schüttelte den Kopf und sah ihre Schwester fragend an. „Wie kannst du so etwas fragen, Amber! Jeder hat es gelesen, die Zeitschrift liegt selbst im kleinsten Kiosk aus.“
„Und was hältst du davon?“
Ursula zog die Nase kraus. „Nicht viel, ehrlich gesagt. Ich fand den Artikel oberflächlich und irgendwie … dümmlich. Hat Finn dich wirklich auf der Gästetoilette geliebt, bevor er dich bat, seine Frau zu werden?“
„Das habe ich niemals gesagt!“, empörte sich Amber.
„Entweder du hast es angedeutet, oder der Reporter hat es sich aus den Fingern gesogen“, stellte Ursula nüchtern fest. „Trifft Ersteres zu, wird Finn dir bestimmt die Hölle heißmachen.“ Sie zwinkerte ihrer Schwester zu. „Ist Letzteres der Fall, kannst du den Reporter wegen Verleumdung anzeigen.“
Amber schloss die Augen und legte den Kopf zurück. „Finn ist außer sich.“
„Das ist kein Wunder. Warum, in aller Welt, hast du nur dieses völlig überflüssige Interview gegeben?“
Amber zuckte hilflos die Schultern. Sie traute sich nicht, ihrer Schwester zu gestehen, dass sie es aus tiefster Unsicherheit heraus getan hatte. Wie hätte ausgerechnet Ursula Verständnis für ein solches Motiv haben sollen? Schließlich hatte sie, Amber, eine wunderbare Wohnung, einen Job, der ihr Spaß machte, und einen atemberaubend schönen Verlobungsring am Finger. Wie konnte eine Frau da Zukunftsangst haben?
„Vielleicht war es ein Anfall geistiger Umnachtung“, wich sie daher einer ehrlichen Antwort aus.
„Von wem?“, ließ sich Finns Stimme aus dem Hintergrund vernehmen. Finn, der jetzt einen schwarzen Smoking mit einem blütenweißen Hemd trug, kam auf die beiden Frauen zu und küsste Ursula zur Begrüßung auf die Wange.
„Hallo, Finn.“ Ursula lächelte ihn an. „Von Amber – als sie sich auf dieses unmögliche Interview eingelassen hat.“
Mit unbewegter Miene schenkte sich Finn ein Glas Mineralwasser ein. „In Zukunft wird sie auch keine Interviews mehr geben, stimmt’s, Sweetheart?“
Amber lächelte gequält. Obwohl genau das ihr fester Vorsatz war, fühlte sie sich durch Finns Befehl gedemütigt. „Es war mein erster und letzter Versuch“, versprach sie jedoch gehorsam.
Finn setzte sich auf eine Sessellehne. „Was macht der Job, Ursula?“, wollte er wissen.
„Alles prima.“
„Und wie geht es Ross?“
„Auch prima“, antwortete sie und lächelte. Der flehende Blick, den sie Amber zuwarf, strafte ihren leichten Ton jedoch Lügen.
„Es macht dir also nichts aus, kurz mit uns auf die Party zu gehen?“, wechselte Amber
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