Julia Festival Band 0103
infrage, wenn er sie wollte. Stolz hob sie den Kopf. „Du hast mich nicht richtig verstanden, Finn. So weit bin ich noch nicht gesunken, dass ich dich anflehen würde, mich zu umarmen! Ich wollte dich lediglich bitten, mit mir zum Spiegel zu gehen und dich einmal in Ruhe zu betrachten.“
Er nahm zwar nicht ihre Hand, folgte ihr aber wortlos zu dem großen Spiegel, vor dem die Models sich fürs Casting zurechtmachten. Schweigend standen sie eine Weile davor und betrachteten sich.
„Und?“, fragte Finn schließlich.
Amber war verwirrt. Konnte oder wollte Finn es nicht zugeben? „Siehst du denn nicht, wie blass du bist? Wie abgezehrt du wirkst, wie erschöpft? Bilde ich mir denn nur ein, dass du dunkle Ringe unter den Augen hast?“
„Es ist kurz vor Weihnachten, Amber.“ Finns Stimme klang plötzlich weich und zärtlich. „Das ist immer eine turbulente Zeit, noch dazu, da Jackson in Amerika ist.“
Sein sanfter Ton brachte Amber gefährlich nah an den Rand der Tränen. Doch sie biss sich auf die Lippe. Keinesfalls wollte sie jetzt zu weinen anfangen. „Ja“, sagte sie deshalb nur mühsam.
Finn seufzte. „Nächstes Jahr wird alles besser werden. Dann haben wir endlich Zeit füreinander. Wenn Jackson wieder da ist, gibt es keinen Termindruck mehr, und wir können es uns abends zu Hause so richtig gemütlich machen – nur wir beide.“ Er strich ihr eine Locke aus der Stirn und lächelte sie so charmant an, dass sie nichts Gutes ahnte.
Und wirklich. „Aber leider dauert es bis dahin noch etwas. Du hast doch nicht vergessen, dass heute die große Party bei Prodigy ist? Ich hatte versprochen, dass wir kurz reinschauen würden.“
Über all den Sorgen, die sich Amber in den letzten Tagen um ihre Beziehung gemacht hatte, hatte sie die Party dieses weltbekannten Parfümherstellers tatsächlich vergessen gehabt.
Amber runzelte die Stirn. „Aber Ursula wollte nachher zum Essen kommen!“
„Dann sag ihr eben ab.“
„Nein. Wir haben uns zwei Wochen nicht gesehen, und für Ursula ist es eine der wenigen Gelegenheiten, endlich mal abends aus dem Haus zu kommen.“
„Das ist doch wohl nicht unser Problem, Amber, oder?“
Amber sah ihn lange an und war plötzlich unbeschreiblich wütend auf den Mann, von dem sie noch vor Kurzem behauptet hätte, er wäre überhaupt nicht fähig, ein falsches oder verletzendes Wort zu sagen. „Weißt du eigentlich, was du gesagt hast?“, fragte sie ihn gefährlich ruhig.
Finn beugte sich vor. „Ja, nichts als die Wahrheit. Deine Schwester hat sich bewusst für dieses Leben entschieden, niemand zwingt sie, ihre Abende allein zu verbringen. Und wenn sie ihr Herz an einen Mann gehängt hat, der für sie unerreichbar ist, so ist das ebenfalls allein ihre Sache.“
„Sie hat ihr Herz überhaupt nicht an Ross Sheridan gehängt!“
„So?“ Finn lächelte triumphierend. „Und woher wusstest du dann, wen ich meinte?“
„Ross Sheridan ist ihr Boss …“
„Ich war auch dein Boss“, erinnerte er sie.
„Aber er ist verheiratet !“
Finn zuckte die Schultern. „Na und? Ein Ring am Finger hat noch niemanden gehindert, eine Affäre zu haben, das hat uns die Geschichte schon oft genug bewiesen.“
„Ich finde deinen Zynismus widerlich! Nie würde meine Schwester ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann anfangen!“, fuhr sie ihn derart heftig an, dass er gespielt verzweifelt die Hände hob.
„Vielleicht nicht“, gab er zu. „Es liegt mir völlig fern, Ursulas Moral infrage zu stellen, Amber, aber ich habe auch kein Mitleid mit ihr, nur weil sie sich entschlossen hat, ihre Freizeit in völliger Zurückgezogenheit zu verbringen.“
„Nicht völlig, denn immerhin wollte sie heute zum Essen zu uns kommen. Was machen wir also mit der Party?“
„Nimm Ursula doch einfach mit.“
„Wirklich? Geht das denn?“
Finn sah darin kein Problem. „Es wird überhaupt nicht auffallen. Wer weiß, vielleicht trifft Ursula ja dort den Mann ihres Lebens. Aber selbst ein Mr. Universum mit der Intelligenz Einsteins und dem Vermögen eines Rockefellers hätte bei ihr ja wohl keine Chance. Aus dem ganz einfachen Grund, weil er nicht Ross Sheridan ist.“
Amber warf ihm einen erstaunten Blick zu. „Bist du etwa eifersüchtig?“
Sein ungläubiges Lächeln zeigte Amber ganz deutlich, dass diese Vorstellung für Finn völlig abwegig war – wahrscheinlich war er in seinem ganzen Leben noch nie auf einen anderen Mann eifersüchtig gewesen. „Wie kommst du denn auf die Idee?
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