Julia Festival Band 0105
die ganze Zeit daran denken, wie sie während der vergangenen zwölf Monate versucht hatte, Nick Tempest zu vergessen – völlig vergeblich, wie sie jetzt einsehen musste. Alle Wege führten zurück zu Nick!
Selbst als sie damals nach London geflohen war, um aus Nicks Nähe zu entkommen, war alles schiefgegangen. Ihr Großvater war schwer erkrankt, und sie musste sofort zurückkehren.
Großvater hatte ja nur mich, dachte Cally.
Sie war also nach Hause geeilt, und Nick hatte sich rührend um sie und ihren Großvater gekümmert und ihnen ein Dach über dem Kopf geboten. Das war die perfekte Gelegenheit für ihn, sich bei mir unersetzlich zu machen, dachte sie. Alles war darauf hinausgelaufen, dass sie zusammenkamen. Schon damals hätte sie wissen müssen, dass Nick eines Tages Forderungen an sie stellen würde. Er wollte kein Geld – das hätte sie ihm sowieso nicht zurückzahlen können, sondern sie – eine Marionette, die er nach Belieben manipulieren konnte. Doch nun hatte sie ihm gezeigt, dass er so nicht mit ihr umspringen konnte – ein Jahr lang. Und nun? Nun schien sie wieder ganz am Anfang zu sein.
Cally erinnerte sich genau an die ersten Worte, die er an sie gerichtet hatte: „Ihnen ist doch bewusst, dass Sie unbefugt meinen Grund und Boden betreten haben, oder?“
Schon damals hatte sie das Gefühl gehabt, es wäre eine versteckte Warnung gewesen, sich von ihm fernzuhalten, wenn er ihr nicht gefährlich werden sollte. Deshalb war sie auch nach London gegangen.
Als sie aus dem Fenster sah, bemerkte sie, dass sie sich auf einer Landstraße befanden. „Wohin fährst du?“, fragte Cally überrascht.
„Ganz in der Nähe gibt es ein gutes Gasthaus“, erklärte Nick. „Du musst etwas essen.“
Erst jetzt spürte sie, wie hungrig sie war, doch das wollte sie nicht zugeben. „Wie du wünschst“, sagte sie daher nur.
Nick lächelte amüsiert. „Wäre es doch nur so einfach!“
Kurze Zeit später parkte er vor einem Landgasthof. Das Fachwerkgebäude hatte niedrige Decken und unebene Böden. Hinter dem Haus erstreckte sich ein wunderschöner Bauerngarten, der bis zum Fluss hinunterging. Auf dem Rasen standen Tische und Stühle, die von Sonnenschirmen beschattet wurden.
„Wie gefällt es dir hier?“, fragte Nick und wies auf eine Laube, an der sich Kletterrosen emporrankten, deren Blüten gerade aufbrachen.
„Sehr gut, danke.“ Cally setzte sich und versteckte sich hinter einer Speisekarte.
„Die Küche ist für ihre Aufläufe berühmt. Ich werde Steak- und Nieren-Auflauf bestellen. Was hättest du gern?“
Sie überflog die Speisekarte und entschied sich für Puten- und Schinken-Auflauf. „Und dazu hätte ich gern ein Glas trockenen Weißwein.“
Cally beobachtete, wie Nick mit raumgreifenden Schritten zum Tresen ging, um die Bestellung aufzugeben. Ihr blieb auch nicht verborgen, dass alle anwesenden Frauen sich die Köpfe nach ihm verdrehten.
Er ist aber auch eine elegante Erscheinung, musste sie zugeben. Unter Tausenden würde sie ihn erkennen. Und sie fühlte sich noch immer zu ihm hingezogen.
Verlegen senkte sie den Blick, als sie bemerkte, dass Nick sie bei seiner Rückkehr seinerseits beobachtete und ihr zulächelte.
Als er die Getränke auf den Tisch stellte und sich zu Cally setzte, sagte Cally leise: „Es ist noch nicht zu spät, Nick. Wir müssen das nicht tun.“
Er zog die Brauen hoch. „Möchtest du die Bestellung ändern oder lieber woanders essen gehen? Ich dachte, dir gefällt es hier.“
„Das meinte ich nicht, und du weißt es ganz genau.“
„Vielleicht. Was willst du mir also sagen?“
„Die Frauen würden Schlange stehen, wenn sie wüssten, dass du eine Mutter für dein Kind suchst. Du brauchst also nicht unbedingt mich dazu.“
„O doch, mein Liebling“, widersprach er mit sanfter Stimme. „Nur dich. Du hast mich geheiratet, Cally. Erinnerst du dich an deinen Schwur? In guten wie in schlechten Zeiten … Mit etwas Verspätung wirst du lernen, meine Frau zu sein. Wie viele Unterrichtsstunden du benötigst, liegt ganz an dir“, fügte er rau hinzu.
Cally sah ihn fassungslos an. „Du bestehst also wirklich darauf zu bekommen, was dir zusteht, oder?“, fragte sie schließlich leise.
Genießerisch ließ er den Blick über ihr tiefes Dekolleté gleiten und sah, wie sich die kleinen Brüste unter dem dünnen gelben Stoff abzeichneten. „Ich will dich ganz und gar haben, Caroline.“
Sie schluckte. „Ich glaube, mir ist gerade der Appetit
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