Julia Festival Band 0105
Miles.
Sie zuckte die Schultern. „Er ist mir ins Auge gefallen. Außerdem sind Aquamarine meine Geburtssteine, und ich habe sie schon immer geliebt. Ich hatte einmal einen Anhänger …“ Sie verstummte unvermittelt, weil sie schon zu viel verraten hatte. „Der Ring ist wunderschön“, fuhr sie stattdessen fort. „Er wurde bereits von anderen Frauen getragen und hat somit eine Geschichte. Alter Schmuck ist wertbeständig. Du wirst nicht viel Geld verlieren, wenn du ihn wieder verkaufst.“
„Du bist sehr umsichtig“, bemerkte er ironisch. „Mir wäre es allerdings lieber, wenn du ihn behalten würdest.“
„Das geht nicht.“ Bekümmert dachte sie an den Preis, den er dafür gezahlt hatte.
„Betrachte ihn als Souvenir oder als Belohnung für tapfer ertragenes Leid. Würdest du mir erzählen, was aus dem Anhänger geworden ist?“
„Er wurde verkauft. Sie haben alles mitgenommen und uns bloß das Lebensnotwendigste gelassen. Du hast das Haus gesehen“, fügte sie resigniert hinzu.
„Ja. Und es tut mir leid. Es war eine schlimme Zeit für euch.“
Versonnen strich Chessie über den Aquamarin. „Sonderbarerweise hat nicht der Verlust des Schmucks oder der Möbel am meisten geschmerzt.“
„Sondern?“
„Sie haben mein altes Schaukelpferd vom Dachboden geholt“, flüsterte sie. „Ich habe beobachtet, wie sie es hinausgetragen haben, und wollte sie anschreien, dass sie es zurückbringen sollen. Eines Tages sollten nämlich meine eigenen Kinder damit spielen.“ Sie lachte bitter. „Ich konnte einfach nicht fassen, dass sie tatsächlich auch Spielzeug mitnahmen. Dinge, die wir so sehr geliebt hatten und die für andere keinen Wert besaßen.“
„Auf Gefühle der Betroffenen wird dabei keine Rücksicht genommen.“ Miles startete den Motor.
Sie hatte noch nie jemandem davon erzählt, nicht einmal Jenny. Sie wollte gar nicht daran denken. Warum hatte sie es dann Miles erzählt?
Ich will nicht daran erinnert werden, sagte sie sich energisch. Sie konnte es sich nicht leisten, denn es gab dringendere Probleme.
Sie hatten das Haus fast erreicht, als Miles bemerkte: „Du bist sehr still. Hoffentlich habe ich nicht zu viele traurige Erinnerungen geweckt.“
„Ich war eher mit der unmittelbaren Zukunft beschäftigt und damit, wie ich es Jenny beibringen soll.“ Sie seufzte. „Oder was ich ihr sagen kann. Sie ist nicht gerade diskret.“
„Dann sag ihr alles, was sie wissen muss, nur nicht die Wahrheit“, riet er ihr.
„Ich bin es nicht gewohnt, sie anzulügen.“
„Schade, dass sie dir gegenüber nicht genauso ehrlich ist. Sag ihr, du hättest meinen Antrag aus rein finanziellen Erwägungen akzeptiert“, fuhr er fort. „Dann kannst du später behaupten, du würdest meine ständige Nähe nicht ertragen und müsstest dich deshalb von mir trennen. Sie wird dir glauben. Welche Frau will schließlich mit einem Ungeheuer verheiratet sein?“
„O nein!“ Chessie stöhnte auf, als sie vor dem Haus hielten. „Du weißt davon.“ Ihre Wangen glühten.
„Ich wusste, dass sie eine abgrundtief schlechte Meinung von mir hat. Von dem Spitznamen hatte ich jedoch bis vor Kurzem keine Ahnung.“
„Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Sie zögerte. „Jenny ist in mancher Hinsicht noch sehr jung und verkraftet nicht, was mit uns passiert ist. Ich fürchte, du bist für sie ein Symbol für ihr Unglück geworden, obwohl das natürlich keine Entschuldigung ist.“
„Keine Sorge.“ Miles lächelte. „Sie wird noch mehr Grund haben, mich zu verabscheuen, wenn sie erfährt, dass ich ihr Schwager werde.“
Ich muss endlich aus diesem schrecklichen Albtraum erwachen, dachte Chessie, während sie den Sicherheitsgurt öffnete.
„Und um dir das Leben noch schwerer zu machen, kommt meine Schwester übers Wochenende“, ergänzte Miles, als sie ausstieg.
„Mrs. Chubb erwähnte, dass du einen Gast erwartest. Bringt deine Schwester ihre Familie auch mit?“
„Diesmal nicht. Robert nimmt die Kinder mit zu seinen Eltern. Wir haben also Steffies ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie freut sich darauf, dich kennenzulernen.“ Er nickte ihr aufmunternd zu und fuhr weg.
Sie ging ins Haus und direkt in ihr Büro. Auf dem Anrufbeantworter waren zwei Anrufe registriert. Einer stammte von Miles’ Agentin, doch beim zweiten hatte der Teilnehmer aufgelegt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.
Wie ungezogen, dachte sie. Wenn man sich verwählt hat, kann man doch eine kurze Entschuldigung auf Band
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