Julia Festival Band 0105
sprechen, oder? Sie notierte Vinnie Baxters Bitte um Rückruf auf einem Zettel und legte ihn Miles auf den Schreibtisch, dann ging sie hinauf in die Wohnung.
Als sie eintrat, hörte sie, wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde. Gleich darauf erschien Jenny an der Küchentür.
Das Mädchen war weiß vor Zorn. „Es ist nicht wahr. Sag mir, dass sie lügt und es nicht wahr ist!“
Chessie unterdrückte ein Seufzen. So viel zu der Hoffnung, ihr die Sache sanft beizubringen, überlegte sie. „Du bist früh hier. Ich dachte, du hättest Chorprobe.“
„Was?“ Jenny starrte sie ratlos an, dann errötete sie. „Ach, die wurde abgesagt. Wechsle nicht das Thema, Chessie“, fügte sie wütend hinzu. „Was ist los?“
„Beruhige dich, bitte. Wovon redest du eigentlich?“
„Von dir und dem Ungeheuer, für das du arbeitest. Mir wurde erzählt, dass du diesen Mann heiraten willst.“
„Wer hat das behauptet?“
„Lady Markham – Linnet. Ich stand an der Bushaltestelle in Hurstleigh, als Linnet vorbeikam und mich mitnahm. Sie ging davon aus, ich wüsste alles. Als ich verblüfft war und erklärte, sie müsse sich irren, hat sie nur gelacht. Sag mir, dass sie alles falsch verstanden hat.“
„Nein“, entgegnete Chessie so ruhig wie möglich. „Ich bin mit Miles verlobt. Wir waren heute in Hurstleigh, um den Ring zu kaufen. Mich würde allerdings interessieren, was du dort gemacht hast. Warum bist du von der Schule nicht direkt nach Hause gekommen, wenn die Chorprobe abgesagt wurde?“
„Du solltest dich einmal hören.“ Jenny verdrehte die Augen. „Ich bin kein kleines Kind mehr und kann in die Stadt fahren, wann immer ich will.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich fasse es nicht, Chessie. Wie konntest du das bloß tun? Es ist absurd!“
„Wieso das denn?“, rief Chessie.
„Wie kannst du einen anderen heiraten, obwohl du Alastair liebst? Es ist verrückt, zumal es sich um das Ungeheuer handelt.“
„Hör sofort damit auf!“ Der Unterton in Chessies Stimme schockierte sie beide. „Du wirst nie wieder so von Miles reden, verstanden? Ich dulde es nicht.“
„Chessie!“
„Es ist mein Ernst. Du hast dich von Anfang an ihm gegenüber undankbar verhalten. Er ist nett und großzügig und will für uns beide sorgen. Von nun an wirst du zumindest höflich sein.“
„Alastair ist zurück“, erinnerte Jenny sie. „Warum hast du nicht auf ihn gewartet?“
„Weil er mich nicht darum gebeten hat.“
„Aber du kannst Miles Hunter unmöglich lieben.“
„Das habe ich auch nicht behauptet. Wir sind jedoch zu einer Übereinkunft gelangt – auf der basiert unser Verhältnis und nicht auf irgendeinem romantischen Traum.“
„Ich glaube es nicht.“ Jenny klang entsetzt. „Er hat dich offenbar einer Gehirnwäsche unterzogen.“
„Nein. Ich bin nur realistisch.“
„Dann hat Linnet recht. Sie meinte, du seist bloß hinter seinem Geld her und er brauche eine Krankenschwester. Ach, Chessie, wie konntest du nur?“
„Komm mit, und setz dich.“ Chessie führte sie sanft in die Küche. „Miles und ich sind verlobt, aber nicht aus den Gründen, die du vermutest.“ Sie atmete tief durch. „Wir versuchen, eine Beziehung aufzubauen, mehr nicht. Mal sehen, ob es funktioniert.“
„Und wenn nicht?“
Chessie zuckte die Schultern. „Dann trennen wir uns als Freunde“, erwiderte sie mit einer Sorglosigkeit, die sie keineswegs empfand.
„Freunde“, wiederholte Jenny bitter. „Wann war er je unser Freund? Er hätte nie eine andere gefunden, die für das bisschen Geld so viel gearbeitet hätte wie du. Jetzt will er dich an sich binden, damit du nicht fortgehst und ein eigenes Leben führst. Du wirst hier mit ihm eingehen. Er hat keine Gefühle.“
Einen flüchtigen, prickelnden Moment lang erinnerte Chessie sich an Miles’ Lippen auf ihren und an das Verlangen in seinem schlanken Körper, das eine so sinnliche Reaktion in ihr hervorgerufen hatte. Dieser Mann sollte keine Gefühle haben?
„Wir sind noch nicht verheiratet. Außerdem bin ich alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen. Und während ich das tue, wirst du dich benehmen“, fügte sie streng hinzu. „Also keine heimlichen Ausflüge in die Pubs mehr.“
Gewissensbisse und Zorn spiegelten sich in Jennys Gesicht. „Ich schätze, das hat er dir erzählt. Er lungert nachts ständig im Garten herum.“
„Es ist sein Garten“, erinnerte Chessie ihre Schwester. „Übrigens war es nicht Miles, sondern Jim Fewston. Er hat mir außerdem
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