Julia Festival Band 0105
Gleichgewicht auswirken würde. Oder doch?, überlegte Louise, als der Chauffeur vor den Stufen des Savoy hielt.
Andie und George sorgten für eine angeregte Unterhaltung bei Tisch, und das Essen war vorzüglich. Louise trank ihren eisgekühlten Champagner und musste sich eingestehen, dass sie die kleine Feier genoss. Es änderte sich jedoch, als sich die beiden Trauzeugen sofort nach dem Mokka erhoben und sich wegen dringender Termine entschuldigten.
Louise betrachtete das Muster des Tischtuchs. Ganz klar, die beiden wollten sich taktvoll zurückziehen, um Alex und sie sich selbst zu überlassen. George, der genau wissen musste, weshalb Alex sie geheiratet hatte, war in dieser Beziehung nicht besser als Andie, die davon nichts ahnen konnte.
Alex und Louise begleiteten ihre Gäste zum Taxistand vor dem Haupteingang des Hotels.
„Es ist wirklich schade, dass ihr eure Flitterwochen verschieben müsst“, bedauerte Andie, als sie neben Louise die Stufen hinunterging. „Aber Alex ist momentan wirklich unabkömmlich. Als frisch gewählter Vorstandsvorsitzender hat er alle Hände voll zu tun. Allerdings wird es nicht lange dauern, und es herrscht wieder die gewohnte Routine in der Bank.“
„Es macht mir nichts aus, ich kann warten“, betonte Louise.
„Ehrlich?“ Andie wirkte etwas ungläubig. „Na, ich nehme an, Alex wird dich durch einen besonders ausgefallenen und romantischen Urlaub entschädigen.“ Sie umarmte Louise herzlich. „Mach das Beste aus dem Rest des Tages“, empfahl sie und lächelte verschwörerisch.
Louise und Alex winkten den beiden Taxis nach. Dann waren sie allein. Als Alex den Arm um sie legte, zuckte Louise unwillkürlich zusammen und sah ihn alarmiert an.
„Keine Angst“, beruhigte er sie. „Ich glaube nicht, dass das Savoy stundenweise Zimmer vermietet. Ich könnte allerdings fragen.“
Sie errötete. „Mach bitte keine Witze!“
„Die ganze Situation ist ein Witz!“, erwiderte er überraschend bitter. „Ich muss sofort zu einer dringenden Besprechung. Was hast du vor? Soll ich dich auf dem Weg zur Bank irgendwo absetzen?“
Langsam schüttelte sie den Kopf. Sie kam sich unbeschreiblich gedemütigt vor, weil er sie an ihrem Hochzeitstag allein ließ.
„Du willst heute arbeiten?“ Sie schluckte.
„Hast du etwas dagegen?“
„Nein“, log sie. „Ich wundere mich nur, dass Andie es nicht erwähnt hat.“
„Andie weiß auch nicht alles. Sie war gestern schon gegangen, als sich der Termin ergeben hat“, erwiderte er kurz angebunden.
Das also sollte der schönste Tag ihres Lebens sein! Alex hatte ihr nicht das kleinste Kompliment wegen ihres Brautkleids gemacht und nicht gelächelt, als der Beamte sie zu Mann und Frau erklärt hatte. Wenn ich in Sack und Asche gekommen wäre, dachte sie traurig, hätte er es auch nicht gemerkt.
„Ich möchte zurück in die Wohnung“, sagte sie ausdruckslos.
„Wie du willst.“ Ungeduldig winkte Alex nach seinem Wagen. Er konnte sie anscheinend gar nicht schnell genug loswerden.
„Alex“, fragte Louise, nachdem sie eingestiegen waren, „stimmt etwas nicht? Habe ich mich falsch verhalten?“
„Nein, Darling, dein Benehmen war ohne Fehl und Tadel.“ Alex wich ihrem Blick aus.
„Was ist es denn? Ist dir eingefallen, dass du eigentlich doch nicht heiraten wolltest? Die Erkenntnis kommt etwas spät.“
„Leider!“ Er lachte bitter. „Ich tauge nicht zum Ehemann. Das ist mir bei der Trauung klar geworden. Jetzt sitze ich in der Falle und komme nicht wieder raus.“
Die Worte verletzten Louise tief. Dennoch bemühte sie sich, unbeteiligt zu klingen. „Wenn du die Ehe als Falle betrachtest, hast du sie dir selbst gestellt. Hoffentlich ist Rosshampton die Sache wert.“
„Im Moment bezweifle ich es“, antwortete er düster und verfiel in brütendes Schweigen, bis der Chauffeur vor dem Wohnkomplex hielt.
„Soll ich dich nach oben begleiten?“, fragte Alex und blickte sie an, als wäre er mit ganz anderen Problemen beschäftigt.
„Nein, mach dir bitte keine Umstände. Lass uns so weiterleben, als wäre nichts geschehen. Und sieh mich nicht so grimmig an“, bat Louise und bemühte sich, einen gut gelaunten Eindruck zu machen. „Denk positiv. Vielleicht öffnet sich die Falle schneller, als du denkst.“
Louise stieg aus und ging auf die Glastür zu, die ihr der Portier diensteifrig öffnete. Sie nickte ihm kurz zu und betrat den Aufzug, der sie zum Penthouse brachte. Sie war wütend und verzweifelt. Sie gab sich
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