Julia Festival Band 05
gehen“, grummelte er.
„Sie müssen das Gefühl haben, dass Ihr Haus beschlagnahmt worden ist.“
„Ein bisschen.“
Erneut fragte sie sich, ob er überhaupt je lächelte, und sie malte sich unwillkürlich aus, wie sich ein Lächeln auf seinem ohnehin atemberaubenden Gesicht ausmachen würde. Für ihren Seelenfrieden war seine finstere Miene vermutlich besser. „Es tut mir leid, dass Ihr friedlicher Abend so jäh gestört wurde.“
„Das ließ sich wohl nicht ändern. Es ist zu gefährlich da draußen auf der Straße. Eigentlich hätte keiner von Ihnen unterwegs sein dürfen, schon gar nicht die Carters.“
„Wir waren wohl alle so erpicht darauf, an unser Ziel zu kommen, dass wir nicht genug auf die Wettervorhersage geachtet haben. Auch wenn sich der Typ, dem ich zugehört habe, gewaltig geirrt hat.“
Ohne etwas zu erwidern, begann Banner abzuwaschen, und sie nahm sich ein Geschirrtuch und trocknete ab. Es war nicht viel Platz vor der Spüle, sodass sie praktisch Schulter an Schulter standen – oder eher Schulter an Oberarm, da er wesentlich größer war als sie. Ein Grund mehr, warum er nicht auf ihre Wunschliste gehörte.
„Haben Sie Weihnachten was Bestimmtes vor?“, fragte sie, weil sein Schweigen sie nervös machte. „Oder hat das Wetter Ihnen ebenfalls einen Strich durch Ihre Reisepläne gemacht?“
„Ich hatte keine Pläne.“
„Oh. Sie feiern Weihnachten nicht?“
„Schon, aber in diesem Jahr wollte ich nicht wegfahren.“
„Haben Sie keine Familie?“
„Doch. Aber ich bin einfach nicht in der Stimmung, um zu verreisen.“
„Wohnt denn keiner Ihrer Angehörigen in der Nähe?“
„Nein“, erwiderte er einsilbig.
Offensichtlich redete er nicht gern über sich selbst. Vielleicht wollte er lieber etwas über ihr Leben hören. „Ich verbringe Weihnachten immer in Springfield bei meiner Lieblingstante, der jüngeren Schwester meines Vaters, ihrem Mann und ihren zwei Söhnen. Mein Vater ist Major in der Armee und in Texas stationiert. Er fliegt am ersten Weihnachtstag rüber, sofern es das Wetter zulässt.“
Ein harter Wind blies gegen das Fenster über der Spüle. Das Licht flackerte erneut und blieb dieses Mal etwas länger aus. Lucy atmete erleichtert auf, als es wieder anging.
Der Gedanke, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis der Strom völlig ausfiel, machte sie noch nervöser, und daher plapperte sie weiter. „Meine Mutter starb, als ich zwölf war. Mein Vater schickte mich zu meiner Tante und meinem Onkel, und deshalb sind sie fast wie Eltern für mich.“
„Hier.“ Er drückte ihr den abgewaschenen Kochtopf in die Hand. „Der gehört in den Schrank neben dem Herd.“
Also war er auch nicht daran interessiert, über sie zu reden. „Meinen Sie, dass der Sturm bald nachlässt?“
Er trocknete sich die Hände an einem Papiertuch ab und musterte Lucy mit seltsamer Miene. „Sie können Schweigen wohl keinen Moment aushalten, wie?“
Seine Offenheit amüsierte sie. „Ich fürchte, nein. Ich neige sowieso dazu, viel zu reden, aber besonders, wenn ich nervös bin.“
„Sie sind nervös?“ Das schien ihn zu überraschen.
„Ein bisschen.“
„Wegen des Sturms?“
„Wahrscheinlich.“
„Sie sind hier völlig sicher, selbst wenn der Strom ausfällt. Ich habe genügend Feuerholz und einen Gasherd zum Kochen.“
Lucy empfand seinen unbeholfenen Versuch, sie zu beruhigen, irgendwie rührend. Trotz seiner schroffen Art fing sie an, ihn zu mögen, zumindest ein wenig. „Ich weiß, dass wir in Sicherheit sind. Die Situation ist nur ein bisschen … nun, unangenehm.“
„Wem sagen Sie das?“ Er blickte zur Tür, so als wäre ihm immer noch nicht danach zumute, sich zu den anderen zu gesellen.
Lucy schaute auf die Uhr. Es war erst halb acht. Was sollten sie mit dem angebrochenen Abend anfangen?
Bobby Ray kam in die Küche geschlendert. „Miss Annie ist eingeschlafen. Ich habe Pop überredet, sich auch hinzulegen. Der arme Kerl ist total erledigt, auch wenn er es nicht zugeben will. Störrischer alter Kauz. Erinnert mich an meinen Großvater.“
„Ich hatte so einen Großonkel“, eröffnete Banner. „Hat allein gelebt, bis er mit zweiundachtzig im Schlaf an Herzversagen gestorben ist. Er hätte nie Hilfe oder Ratschläge von jemandem angenommen.“
Lucy wunderte sich über diese umfangreiche Information aus Banners Munde und fragte sich, wie viel er mit diesem Großonkel, den er sehr zu bewundern schien, gemeinsam haben mochte.
„Ich habe Holz im
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