Julia Festival Band 05
aufgeschlagenes, aber unbeachtetes Buch. Es war eine gemütliche Szene, und sie wusste die Friedlichkeit zu schätzen, aber es störte sie, dass der Hausherr allein draußen war, während seine Gäste die gegenseitige Gesellschaft genossen.
Sie hatte die Werkstatt so überstürzt verlassen, weil ihr noch unzählige Fragen auf den Lippen gebrannt hatten und sie befürchtete, ihn durch ihre Neugier zu nerven. Nun dachte sie über all die Dinge nach, die er ihr erzählt – die sie ihm vielmehr entlockt hatte.
Als hätte Banner gehört, dass sie an ihn dachte, stand er plötzlich in der Tür. Er ließ den Blick durch den Raum wandern und trat lautlos auf Socken zu Lucy. „Es ist ja so still hier“, flüsterte er.
Sie nickte lächelnd. „Die Kinder haben sich verausgabt. Wie gefällt Ihnen der Weihnachtsschmuck?“
Erneut blickte er sich um. Der Baum wirkte sehr festlich mit Ketten aus Popcorn und Buntpapier. Ornamente aus Glanzpapier in Form von Schneeflocken, Sternen, Glocken und Engeln baumelten an Schleifen von den Ästen. Weitere Papierketten zierten den Kaminsims, und Glitzersterne waren im ganzen Raum verstreut. „Sie haben furchtbar viel Schmuck gebastelt.“
Sie nickte. „Die Kids haben sich richtig ins Zeug gelegt. Ich glaube, Ihre Bastelvorräte sind aufgebraucht.“
„Dazu waren sie ja da.“
„Wir hatten vorhin das Radio an – nur ganz kurz, um die Batterien zu schonen. Dem letzten Wetterbericht zufolge soll die Temperatur weiter ansteigen. Einige Straßen werden morgen wieder befahrbar sein.“
„Das klingt vielversprechend.“
„Bobby Rays Boss schickt morgen einen Abschleppwagen für den Truck. Und Pops Enkelsöhne wollen morgen Nachmittag kommen. Einer will den Pick-up nach Harrison fahren, obwohl Pop darauf bestanden hat, dass er ihn sehr gut selbst fahren kann“, berichtete sie leise. „Seine Enkel wollten offensichtlich nichts davon hören.“
„Zum Glück. Mir ist wohler, wenn er nicht selbst fährt.“
„Mir auch.“
„Und was ist mit Ihnen?“, fragte er beiläufig, den Blick auf das Kaminfeuer geheftet. „Brechen Sie gleich morgen früh auf?“
„Wenn Sie möchten, warte ich, bis die anderen fahren. Nur um zu helfen, alle auf den Weg zu bringen.“
„Danke, das wäre wirklich hilfreich.“
Ganz bewusst hatte sie keinen persönlichen Grund für die Verlängerung ihres Aufenthalts genannt, und seine Stimme hatte belanglos geklungen. Warum also empfand sie es als bedeutsam, dass sie als Letzte aufbrechen würde?
Um sich von diesem Gedanken abzulenken, blickte sie zur Uhr. „Es ist fast fünf. Wir sollten uns etwas fürs Dinner einfallen lassen.“
„Ich habe schon Lasagne in den Ofen gestellt.“
Überrascht blickte sie ihn an. Sie hatte überhaupt nicht gehört, dass er in der Küche hantiert hatte, bevor er ins Wohnzimmer gekommen war. „Wie …“
„Sie war eingefroren. Ich mache immer gleich größere Mengen, wenn ich gerade Lust habe zu kochen. Zusammen mit ein paar Beilagen, die ich auch aus Resten eingefroren hatte, müsste es für alle reichen.“
„Sie sind ein sehr einfallsreicher Mensch, was?“
Es zuckte flüchtig um seine Mundwinkel. „Ich bemühe mich, es zu sein.“
Oh je, durchfuhr es Lucy. Sie fing an, ihn zu mögen, und zwar entschieden zu sehr. Er hatte sich nicht nur heimlich auf ihre Kandidatenliste geschlichen, auf die er absolut nicht gehörte – und auf der er gewiss nicht stehen wollte –, sondern er kletterte auf der Liste auch noch beständig höher.
Kerzen spendeten ein heimeliges Licht bei dem Essen, das Banner auf den Tisch gezaubert hatte. Die Reisenden waren sich im Laufe der Stunden wesentlich vertrauter geworden, und so lachten und scherzten sie während der Mahlzeit ausgelassen.
Ein Außenstehender hätte meinen können, dass sie einander seit einer Ewigkeit kannten, zumal sie angesichts der räumlichen Nähe und der weihnachtlichen Stimmung übereingekommen waren, sich gegenseitig zu duzen.
Obwohl Banner nicht viel zur Unterhaltung beitrug, schien er das Zuhören zu genießen. Lucy gewann immer mehr den Eindruck, dass er nicht ganz der Eigenbrödler war, der er zu sein vorgab. Sie vermutete, dass mehr dahinter stand als das Gefühl, der Außenseiter in der Familie zu sein. Wovor versteckte er sich in Wirklichkeit an diesem ländlichen Zufluchtsort?
Noch bevor das Essen beendet war, erregte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit, das sie ebenso wenig anging wie Banners Geheimnisse, aber fast so sehr faszinierte: Bobby
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