Julia Festival Band 05
Kindern, und dann fragte Miss Annie, ob jemand die Weihnachtsgeschichte aus ihrer Bibel hören wolle. „Ich habe sie früher jedes Jahr meinen Kindern vorgelesen“, erinnerte sie sich mit einem nostalgischen Seufzen. „Ich hätte sie heute Abend meinen Enkelkindern vorgelesen.“
Alle stimmten natürlich eifrig zu.
Sie hielt sich die abgegriffene Bibel dicht vor die Augen, und ihre Hände zitterten ein wenig, aber sie begann mit kräftiger Stimme: „Und es geschah, dass …“
Lucy spürte einen Kloß im Hals, als die Geschichte endete. Joan wischte sich verstohlen über die Augen. Sogar die Kinder waren fasziniert. Bobby Ray räusperte sich, und Pop küsste Miss Annie auf die Wange.
Tricia seufzte. „Das war sehr hübsch, Miss Annie.“
„Danke, Liebes.“
„Hast du ein Buch, wo das Gedicht Der Abend vor Weihnachten drinsteht?“
„Nein, das habe ich nicht.“
Enttäuscht murmelte Tricia: „Meine Grandma liest uns das immer am Heiligabend vor.“
„Ist doch egal“, maulte Tyler. „Das ist sowieso kein richtiger Heiligabend. Der Weihnachtsmann kommt ja nicht mal.“
Banner rutschte auf seinem Stuhl herum und bemerkte schließlich leise: „Ich könnte dir das Gedicht aufsagen, Tricia.“
„Hast du denn das Buch?“
„Nun … nein.“
Verwirrt wandte sie ein: „Aber du hast doch gesagt, dass du es vorlesen kannst.“
„Ich habe gesagt, dass ich es aufsagen kann.“
„Du kannst das ganze Gedicht auswendig?“, hakte Pop nach.
„Ja. Ich würde bestimmt keinen Oscar für die Vortragskunst kriegen, aber ich habe ein ganz gutes Gedächtnis. Ich habe das Gedicht als Kind gelernt und nie vergessen.“
Tricia rückte eifrig näher zu Banners Stuhl. „Sag es auf, bitte!“
Er räusperte sich verlegen, und dann begann er mit tiefer, warmer Stimme und flüssigen Worten. Die Scheite im Kamin knisterten wie zur Untermalung, und Lucy hatte noch nie eine perfektere Version des beliebten Gedichtes gehört.
Liebe zur Literatur gehörte zu den Kriterien, die ein Mann erfüllen musste, um es auf ihre Kandidatenliste zu schaffen. Wie schade, dass Banner so viele ihrer Anforderungen erfüllte. Wobei „lustig“ eine beachtliche Ausnahme darstellte und doch rein gefühlsmäßig ihren Widerstand erweckte.
„Frohe Weihnachten euch allen und allen eine gute Nacht“, endete er, und Tricia klatschte begeistert Beifall.
„Also“, sagte Bobby Ray, „ich habe Gitarre gespielt, Pop und die Kinder haben gesungen, Miss Annie hat uns was vorgelesen, und Banner hat etwas aufgesagt. Lucy und Joan, ihr bleibt übrig. Womit wollt ihr uns unterhalten?“
Joan errötete. „Ich fürchte, ich habe keine Talente.“
„Hast du doch, Mom“, widersprach Tyler. „Du singst zu Hause immer, und Grandma sagt auch, du hättest ein Star werden können.“
Joan errötete noch mehr. „Meine Mutter neigt zu Übertreibungen.“
„Bitte, Mom, sing für uns“, bettelte Tricia. „Bobby Ray kann für dich Gitarre spielen. Oder?“
„Das tue ich sehr gern.“ Bobby Ray blickte Joan an. „Was möchtest du singen?“
Sie seufzte. „Wie wäre es mit noch einem Weihnachtslied?“
Bobby Ray stimmte einen Song an, und Joan sang mit wirklich bezaubernder Stimme, sodass sie von allen begeisterten Applaus erntete.
„Deine Mutter hat recht. Du hast wirklich eine außergewöhnlich schöne Stimme“, bemerkte Bobby Ray und brachte Joan damit noch mehr in Verlegenheit. Dann fragte er mit einem schelmischen Grinsen: „Nun, Miss Lucy, und womit willst du uns erfreuen?“
Sie krauste die Nase. „Ich nehme an, ihr seid nicht an höherer Mathematik interessiert.“
„Nicht wirklich. Sing uns doch auch was vor.“
Sie lachte. „Glaubt mir, ihr würdet lieber Hulk singen hören als mich.“
„Was kannst du denn außer Mathe, Lucy?“, bohrte Tricia.
„Ich spiele ein bisschen Klavier, aber so was haben wir ja nicht.“
„Was sonst?“, hakte Tricia nach.
„Ich kann mit den Ohren wackeln“, prahlte Tyler und machte es allen vor.
Tricia stöhnte. „Es geht aber um Lucy, nicht um dich.“
Lucy wandte sich an Banner. „Hast du ein Kartenspiel?“
Er nickte, holte ein Spiel aus einem Schrank neben dem Kamin und gab es ihr.
„Du kannst Kartentricks?“, fragte Tyler begierig und rutschte auf Knien näher zu Lucy.
„Ich kann Gedanken lesen“, korrigierte sie.
Er schnaubte verächtlich. „Ja, ja.“
„Ich muss es dir wohl beweisen, was?“ Sie mischte die Karten und hielt sie ihm fächerförmig hin. „Such dir
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