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JULIA FESTIVAL Band 76

JULIA FESTIVAL Band 76

Titel: JULIA FESTIVAL Band 76 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Mallery
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durch sein Hemd wie flüssiger Stahl. Seine Reaktion erstaunte ihn zutiefst. Er spürte, wie er schwach wurde und die Vergangenheit zu vergessen begann …
    Er drehte sich zu Jenny um, nahm ihre Hände in seine und streichelte sie mit den Daumen. Sie hatte lange, zarte Finger mit kurzen, geraden Nägeln. Kein roter Nagellack, keine glatte, makellose Haut. Keine Ringe. Es waren Hände, mit denen sie ihren Lebensunterhalt verdiente.
    Er warf einen Blick auf ihr Gesicht, aber sie sah auf ihre Hände. Fühlte sie es auch? Die Verbindung zwischen ihnen. Hatte sie all die Jahre überdauert? Er war gekommen, um sich mit seinem Vater zu versöhnen. Er hatte Jenny Davidson gehasst, seit er aus Harrisville fortgegangen war. In seinem Leben war kein Platz für etwas anderes.
    Seine Daumen fanden alte Narben. Der winzige Strich an ihrem rechten Mittelfinger, den der Schulhofzaun hinterlassen hatte. Chase drehte die Hände um, sah die Schwielen von der Gartenarbeit, die leichte Schwellung vom vielen Schreiben und die drei winzigen Brandwunden, die denen an seinen Händen glichen. Sie hatten zusammen gelernt, dass Stahlplatten zum Abkühlen mehr als nur ein paar Minuten brauchten.
    Sie stand so dicht vor ihm, dass er die Schatten sehen konnte, die ihre Wimpern warfen. Und die Sommersprossen an der Nase. Damals waren es siebzehn gewesen.
    Er drückte ihre Hände und sie erwiderte den Druck. Niemand hatte ihn so gut gekannt wie Jenny. Weder seine Familie, noch seine Freunde. Und erst recht nicht die Frauen, mit denen er sein Leben geteilt hatte.
    „Ich habe dich vermisst, Chase.“
    „Das glaube ich.“ Er ließ ihre Hände los. „Es muss schwer gewesen sein, noch einen Dummkopf wie mich zu finden.“
    Sie zuckte zusammen, als hätte er sie geohrfeigt. Gut. Jetzt wusste sie, wie es war, abgeschoben zu werden.
    „Chase, ich habe nicht …“ Sie nickte. „Okay. Ich habe verstanden. Wenn du es so willst. Hier.“ Sie zog die oberste Schublade des Schreibtischs auf und nahm einen Umschlag heraus. „Ich war nicht sicher, ob du noch einen Schlüssel zu eurem Haus besitzt. Hier hast du einen. Ich habe dir die Karte des Herzspezialisten und meine Privatnummer dazu gelegt.“ Sie reichte ihm den Umschlag. „Du wirst mich nicht anrufen, ich weiß, aber trotzdem …“
    Er steckte den Umschlag ein. „Du hast recht. Ich werde dich nicht anrufen. Ich will deinen Alten nicht aufregen.“
    „Meinen Alten? Ich wohne nicht mehr bei meinen Eltern.“
    Zum ersten Mal, seit er das Telegramm bekommen hatte, war ihm nach Lächeln zumute. „Ich meinte deinen Ehemann.“
    „Ich bin nicht verheiratet.“ Sie schloss die Schublade und setzte sich. „Ich wohne in der Nähe der High School. Ein kleines rotes Eckhaus. Ich habe dir die Adresse aufgeschrieben, falls … Vergiss es. Ich dachte nur, ich sollte es tun.“
    „Danke. Ich fahre jetzt ins Krankenhaus.“
    „Ich muss auch nach Hause.“
    Als sie den Kopf hob, sah er den Schmerz in ihren Augen. Er spürte den Klumpen in seinem Magen. Sie ging ihm wieder unter die Haut, und er konnte nichts dagegen tun. Warum konnte er sich nicht an das klammern, was sie ihm angetan hatte?
    Auf ihrem Schreibtisch stand kein Foto. Auch an den kahlen Wänden hing keins. Auch stolz zur Schau gestellte Zeichnungen eines … er rechnete nach … zehnjährigen Kindes waren nirgends zu sehen. Glaubte sie etwa, dass er alles vergessen hatte?
    Sie schaltete die Kaffeemaschine aus und ging zur Tür. „Können wir aufbrechen?“
    „Sicher.“ Er folgte ihr aus dem Gebäude. Sie schloss die Tür ab und ging zu ihrem Wagen. Der Kies knirschte unter ihren Füßen. Sein gemieteter Geländewagen wirkte neben ihrem fünf Jahre alten Kleinwagen neu und groß.
    Jenny öffnete die Tür und warf die Handtasche hinein. „Ich hoffe, du kannst mit deinem Dad sprechen.“
    Die Art, wie sie am Wagen lehnte, und ihn ansah, kam ihm vertraut vor. Wie oft hatten sie beide spätabends so dagestanden und den unvermeidlichen Abschied hinausgezögert?
    „War es das?“, fragte er sie jetzt. Ein besserer Mann hätte geschwiegen. Aber wäre er ein solcher Mann, hätte er seinen Vater nicht immer nur enttäuscht.
    „Ich verstehe nicht.“ Mit blassen Finger umklammerte sie Wagentür. „Brauchst du noch etwas?“
    „Findest du nicht, dass du mir erzählen solltest, wie es meinem Kind geht?“

2. KAPITEL
    Jenny atmete tief durch. Sie hatte gehofft, dass Chase nicht nach dem Baby fragen würde. Jedenfalls nicht so bald. Es gab andere

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