JULIA FESTIVAL Band 84
vor dem Schreibtisch und ging selber um den Schreibtisch herum, um in seinem Sessel Platz zu nehmen, womit er bedeutete, dass er zum geschäftlichen Teil übergehen wollte.
Die Kontrolle war in seiner Hand und sollte es bleiben, auch wenn er Katie küssen würde. Und dazu war er fest entschlossen, bevor sie sein Büro verlassen würde … vorausgesetzt, Katie Beaumont würde in der erwarteten Weise auf das Stichwort „Carmen“, reagieren!
4. KAPITEL
Befangen nahm Katie in dem Besuchersessel Platz. Sie war jetzt Carvers Klientin, nicht mehr und nicht weniger, und durfte das nicht noch einmal vergessen. Für ihn war dies ein rein geschäftlicher Termin, und falls er wirklich der Seeräuber auf dem Maskenball gewesen war, musste sie auch das vergessen. Es hatte keinerlei Bedeutung für die Verhandlungen.
Sie wünschte sich, sie hätte gewusst, wie Robert Freeman aussah. Dann hätte sie im Geiste seine Züge vor Carvers schieben können. In dieser Situation wäre eine Maske für sie sehr hilfreich gewesen, denn die hätte verhindert, dass sie sich wieder von Dingen ablenken ließ, die mit dem, was sie hier bezwecken wollte, nichts zu tun hatten.
So aber konnte sie nicht umhin, den Mann, der ihr jetzt am Schreibtisch gegenübersaß, mit dem Carver von früher zu vergleichen. Die zehn Jahre, die inzwischen vergangen waren, hatten seine Züge noch markanter werden lassen, sodass er Stärke und Autorität ausstrahlte. Der Erfolg stand ihm gut zu Gesicht. Aber der Blick seiner dunkelbraunen Augen war nicht mehr warm und liebevoll, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Ich bedeute ihm nichts mehr, dachte sie. Was es ihr erleichtern sollte, die Vergangenheit ad acta zu legen. Sofort.
„Am besten fasst du zunächst einmal kurz zusammen, was du überhaupt vorhast und warum du es für eine gute Investition hältst“, wies Carver sie nun an, als sie schwieg, anstatt, wie sie es sich vorgenommen hatte, die Initiative zu ergreifen. „Ich muss wissen, wo du herkommst, um das wahrscheinliche Ergebnis dessen, worauf du abzielst, einschätzen zu können“, fügte er erklärend hinzu und sagte ihr damit nur, was sie sowieso schon wusste.
Sie hatte ihren Vortrag so viele Male geübt und hätte ihn ohne Schwierigkeiten abspulen können, wenn sie nicht Carver, sondern einem Fremden gegenübergesessen hätte. Also musste sie einfach so tun, als wäre er ein Fremder … als würden sie sich, wie er vorgeschlagen hatte, zum ersten Mal begegnen.
Mit diesem festen Vorsatz begann Katie, die gut einstudierte Präsentation ihrer Geschäftsidee vorzutragen, wobei sie zunächst auf ihre weit reichenden Erfahrungen in der Kinderbetreuung abhob, angefangen von ihrer Tätigkeit als Kindermädchen in England bis hin zu ihrer gegenwärtigen Anstellung in einem Tageshort. Und sie legte dar, wie ihr aus der täglichen Erfahrung zunehmend der Bedarf für einen sicheren und zuverlässigen Transport der Kinder von und nach zu Hause klar geworden sei, um berufstätige Eltern zeitlich zu entlasten.
Carver nickte nachdenklich. „Du denkst an Kinderkrippen und Horte?“
Sie beugte sich eifrig vor. „Sicher, dort würde ich anfangen, meine Werbezettel zu verteilen. Aber auf lange Sicht habe ich nicht nur die Kleinkinder im Blick, sondern denke auch an Schulkinder, die nachmittags zu Arztterminen, Schwimm- und Ballettunterricht, Schulveranstaltungen oder Geburtstagsfeiern gefahren werden müssen, ebenso an Teenager, die abends vom Kino oder von einer Party abgeholt werden müssen und deren Eltern häufig ein ungutes Gefühl dabei haben, sie im Dunkeln mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu wissen.“
„Das würde aber für dich einen sehr langen Arbeitstag bedeuten“, gab Carver zu bedenken.
Katie nickte. „Das ist mir klar. Während der Woche müsste ich um sechs Uhr früh anfangen. Die Hauptgeschäftszeiten wären vor Schulbeginn und nach Unterrichtsende. Dazu kämen die Nachmittagsveranstaltungen. Ich rechne damit, an den meisten Tagen gegen neun Uhr abends fertig zu sein. An den Wochenenden lägen die Dinge etwas anders. Da geht es wesentlich um Freizeitaktivitäten der Kinder und, später am Abend, den Abholservice für die Teenager, die Partys besucht haben.“
„Dir ist bewusst, dass die von dir vorgeschlagenen Arbeitszeiten dir praktisch keine eigene Freizeit lassen?“ Carver betrachtete sie forschend.
Sie winkte ab. „Ich brauche keine Freizeit.“
„Entschuldige bitte!“ Sein Blick wurde skeptisch. „Du bist eine sehr
Weitere Kostenlose Bücher