Julia Festival Band 86
und?
Reichte das, damit ein Mann ihre verflixte dumme Sturheit ertrug? Er, Joe, hatte ihr doch gesagt, dass er sie liebte und sie falsch beurteilt hätte. Was wollte sie mehr? Sollte er sagen, dass er sie für immer bei sich haben, sie heiraten wolle?
Verdammt, genau das wollte er!
Joe spürte, wie die Wut von ihm abfiel und stattdessen die Angst zurückkehrte. Er musste Lucinda finden und ihr klarmachen, dass sie kein Spielzeug für ihn war oder irgendeine Salome. Er liebte sie, brauchte sie und wollte sein Leben mit ihr teilen.
Und wenn sie ihm nicht glaubte, wenn sie nicht zugab, dass es ihr genauso erging, würde er sie sich über die Schulter werfen und wegtragen, wie er es schon einmal getan hatte.
Lucinda lief die Straße einen Häuserblock weiter hinunter. In diesem Nebel wird Joe mich nie finden, dachte sie grimmig, auch wenn er wüsste, wo er suchen muss. Und das wusste er nicht, da war sie sich sicher.
Sie hatte von der nächsten Ecke aus verfolgt, wie er aus dem Blue Mountain gekommen war, war dann dahin zurückgekehrt und hatte es durch den Hintereingang wieder verlassen. Und da er jetzt bestimmt die Charles Street in beiden Richtungen abfuhr, dürfte es ihr einen Vorsprung von etwa fünfzehn Minuten verschaffen.
Geld für ein Taxi besaß sie auch, denn Miss Robinson hatte vor Beginn der Party mit ihr abgerechnet. Jetzt brauchte sie nur noch eins zu finden. Das Glück war ihr hold, denn nur wenige Meter von ihr entfernt wurde gerade eins frei, sodass sie gleich einsteigen konnte.
„Wenn Sie mich so schnell wie möglich nach Pacific Heights bringen, bekommen Sie ein extragroßes Trinkgeld“, sagte Lucinda zu der Fahrerin.
„Der Nebel dürfte ein Problem sein.“
„Genauso wie der Mann, dem ich zu entkommen versuche.“
Die Frau lächelte. „Das sind sie alle. Aber ich tue mein Bestes, okay?“
Lucinda lehnte sich zurück. „Mehr kann man nicht verlangen.“
Nur dass Joes Bestes nicht gereicht hat, dachte sie dann. Es war schlimm genug, dass er sie für eine Frau hielt, die sich auf Privatfeiern auszog. Schlimmer war jedoch, dass er ihr nicht glaubte und ihr nicht vertraute. Dass er wirklich meinte, sie könnte nachts in seinen Armen liegen, mit ihm zusammen sein, das Leben mit ihm teilen …
Mach dir nichts vor, ermahnte sie sich stumm. Sie teilte das Leben nicht mit ihm. Sein Bett, ja, und auch seinen Tagesablauf. Aber sein Leben? Geliebte teilten das Leben der Männer nicht wirklich. Und mehr war sie nicht für ihn.
Ja, er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte. Doch es bedeutete nichts. Er hatte sich damit nur aus der für ihn misslichen Situation im Blue Mountain herauswinden wollen. Liebe war nur ein Wort für ihn. Anders als für sie. Sie liebte Joe wirklich.
Lucinda kämpfte mit den Tränen. Was war sie für eine Närrin gewesen! Warum hatte ihr Verstand sie verlassen? Was war aus ihren Moralvorstellungen geworden?
„Wir sind da.“
Lucinda schreckte aus ihren Gedanken, bezahlte die Taxifahrerin und eilte aufs Haus zu. Wenn sie noch einmal Glück hatte, fuhr Joe jetzt die nähere Umgebung des Blue Mountain ab. Aber zur Sicherheit verriegelte sie alle Türen im Erdgeschoss und lief dann in ihr Zimmer hinauf.
Innerhalb von fünf Minuten hatte sie ihre Sachen in den Koffer geworfen und klappte den Deckel zu. Fertig, dachte sie erleichtert und wollte ihn vom Bett nehmen.
„Irgendwohin unterwegs, Blondie?“
Lucinda schrie auf, wirbelte herum und sah Joe mit finsterer, wütender Miene auf der Schwelle stehen. „Wie … wie bist du hereingekommen?“
Spöttisch verzog er den Mund. „Ich habe eine Scheibe eingeschlagen.“
Sie blickte ihn überrascht an. „Du hast ein Fenster eingeschlagen?“
„Genau das sagte ich.“
Er wusste nicht, ob er Lucinda schütteln oder küssen wollte, bis sie fast besinnungslos war. Oder auch beides. Die letzte halbe Stunde war entsetzlich gewesen. Er hatte Lucinda in allen möglichen Gefahrensituationen gesehen. In einem im Nebel verunglückten Bus, in einer entgleisten Straßenbahn, im Auto eines Messermörders, der sie als Anhalterin mitgenommen hatte …
Doch sie war in Sicherheit. Sie war in seinem Haus – genau dort, wo er sie haben wollte. Was sollte er jetzt tun? Beruhige dich erst einmal und reagiere kühl, zumindest für eine Weile, ging es ihm durch den Kopf.
Lässig lehnte er sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wo liegt dein Problem? Schlagen die Männer aus deinen Kreisen keine Scheiben
Weitere Kostenlose Bücher