Julia Festival Band 86
Vergangenheit ab und baute sich eine eigene Karriere auf. Sie fand Freunde, ging aus, und nun hatte sie Milton Hoffman, der sie heiraten wollte.
Und dann ist Chase gekommen und hat alles mit seiner unsinnigen Lüge verdorben. Annie biss sich auf die Unterlippe.
Nein, das ist nicht wahr. Nicht seine Lüge hat mich aus der Bahn geworfen. Der Tanz war’s. Der lächerliche Tanz auf der Hochzeit.
Annie versuchte, sich nicht daran zu erinnern. Die Wärme von Chases Armen, die sie umfasst hielten. Sein Herzschlag dicht an dem ihren, seine Lippen an ihrem Haar, auf ihrer Haut. Das Gefühl, endlich heimgekommen zu sein, dass dies der Ort war, an den sie hingehörte.
Oje.
Annie holte tief Atem. Hör auf damit, schalt sie sich heftig, lehnte den Kopf zurück, machte die Augen zu und bemühte sich mit aller Kraft, einzuschlafen.
Chase erwachte von einer Veränderung im Motorengeräusch. Gähnend überlegte er, wo er sich befand, und saß plötzlich vollkommen still.
Annie schlief mit dem Kopf an seiner Schulter, genauso wie früher, wenn sie aneinandergekuschelt auf dem Sofa saßen, er sich Football ansah und sie dabei ein Buch las. Nach einer Weile rutschte ihr immer das Buch aus der Hand, sie legte seufzend den Kopf an seine Schulter, und Chase blieb reglos sitzen, während sie schlief.
Ein Gefühl unbeschreiblicher Zärtlichkeit überkam ihn. Annie träumte, was er daran erkannte, dass ein kleines Lächeln ihre Lippen umspielte.
„Annie?“
Sie seufzte. „Mmmm.“
„Schatz, es ist Zeit zum Aufwachen.“
Lächelnd schmiegte sie sich noch dichter an ihn. „Mmm“, flüsterte sie. „Milton?“
Milton? Milton Hoffman ist also der Mann in ihren Träumen? Deshalb lächelt sie und kuschelt sich an mich? Chase spürte, wie sein Herz zu Eis erstarrte.
Hoffman, diese armselige Gestalt von Mann, dieser kraftlose Knilch. So jemanden wollte Annie also. Das war der Typ Mann, den sie sich schon immer gewünscht hatte. Warum habe ich das nicht schon längst gesehen?, dachte Chase.
Abrupt setzte er sich aufrecht hin, sodass ihr Kopf nach hinten kippte. Mit einem gurrenden Laut drängte Annie sich näher an ihn heran.
„Annie“, sagte Chase kalt. „Wach auf.“
„Mmm.“
Noch wollte sie ihren Traum nicht aufgeben. Sie hatte in einem Seminarraum gesessen, mit Milton vor ihr auf den Knien. Er hatte ihr gerade einen Heiratsantrag gemacht, und sie war im Begriff, ihm ernsthaft zu erklären, weshalb sie diesen nicht annehmen konnte.
Ich mag dich sehr, Milton, sagte sie, und ich schätze und be wundere dich.
Aber er war eben nicht Chase. Seine Küsse erregten sie niemals auf die Weise, wie es bei Chases Küssen der Fall war. Miltons Berührungen lösten keine leidenschaftlichen Reaktionen in ihr aus.
„Annie? Wach auf.“
„Milton“, sagte sie, schlug die Augen auf und begegnete geradewegs dem verärgerten Blick von Chase.
Annie fuhr zurück, die Wangen schamrot. Wie lange habe ich geschlafen? Wie lange war ich so an Chase gekuschelt? Kein Wunder, dass er mich so böse anguckt.
„Entschuldige.“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht zurück. „Ich … muss wohl eingedöst sein.“
„Und hast dabei vom Märchenprinzen geträumt“, ergänzte Chase mit gezwungenem Lächeln.
„Märchenprinz …?“
„Dem guten alten Milty. Deinem Verlobten.“
Annie starrte Chase an und erinnerte sich dann wieder an ihren Traum. „Hab’ ich … hab’ ich irgendwas gesagt?“
„Was ist los mit dir, Annie? Hast du Angst, dass ich einen nicht jugendfreien Dialog mit angehört habe?“
„Nicht jugendfrei, pah! Ich hab’ doch bloß geträumt, dass … dass …“
„Verschwende deinen Atem nicht.“ Chases Stimme war eisig. „Ich bin nicht interessiert.“
Annie versteifte sich. „Tut mir leid. Ich vergaß. Nichts, was ich je zu sagen gehabt habe, hat dich je interessiert, nicht wahr?“
„Mr. Cooper? Mrs. Cooper?“ Die Stewardess lächelte auf sie herab. „Wir werden in wenigen Minuten landen. Würden Sie bitte Ihre Sitze wieder hochstellen?“
„Mit Vergnügen“, meinte Chase.
„Ich besorge mir ein Rückflug-Ticket, sobald wir aufgesetzt haben“, schnappte Annie, ohne ihn anzusehen.
„Das brauchst du nicht. Glaub mir, es wird mir eine große Freude sein, dir das Ticket zu kaufen und dich bis ans Flugzeug zu bringen.“
Das war eine gute Idee. Doch leider ließ sie sich nicht in die Tat umsetzen.
Das nächste Flugzeug nach Boston war bis auf den letzten Platz ausgebucht.
„Dann Providence“,
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