Julia Festival Band 86
ihrer Seite des Bettes, mit dem Rücken zu ihm und so steif, dass Chase es nicht über sich brachte, sie zu berühren.
Er hatte gehofft, die Dinge würden sich bessern, als schließlich das Geld zu fließen begann. Er kaufte extravagante Geschenke für Annie, Dinge, die er ihr schon immer gerne geschenkt hätte, schickte ihr Pralinen und riesige Rosenbouquets.
Sie bedankte sich höflich bei ihm, und er hatte das Gefühl, sie irgendwie enttäuscht zu haben.
Noch immer verbrachte er viele Stunden auf Baustellen; er war ein Mann der Tat, kein Büromensch. Als dann die Einladungen zu den verschiedensten Gelegenheiten eintrafen, wusste er, dass er es geschafft hatte. Diners bei der Handelskammer, Wohltätigkeitsveranstaltungen, Einladungen, die er nicht ausschlagen konnte, denn wenn man keine Verbindungen knüpfte, verlor man die Aufträge, um die man sich bemühte, an jemand anders. Aufträge, die es Chase ermöglichten, jene Dinge zu kaufen, die er sich für Annie und Dawn wünschte. Dinge, auf die Annie schon so lange hatte verzichten müssen.
Also hatte er die Einladungen angenommen, nervös und aufgeregt zunächst, ganz anders als Annie.
„Wird erwartet, dass ich dich begleite?“, fragte sie ihn, als er das erste Mal eine cremefarbene Einladung zu einem Wohltätigkeitsball auf den Küchentisch warf.
Ihre Reaktion kränkte Chase. Er hatte gehofft, sie würde sich darüber freuen, dass er sie in der Gesellschaft nach oben gebracht hatte.
„Ja“, antwortete er kalt, um seine Enttäuschung zu verbergen. „Du bist schließlich meine Frau, nicht wahr?“
„Selbstverständlich“, hatte sie gesagt, war losgegangen, hatte ein passendes Outfit erstanden, sich frisieren lassen und war in die vergoldeten Ballsäle und holzverkleideten Konferenzräume geschwebt, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan.
Lieber Himmel, bin ich stolz auf sie gewesen, dachte er. Sie war so schön und geistreich. Am liebsten hätte er sie die ganze Zeit an seiner Seite gehabt, doch er hielt sich zurück. Er wusste, wie hart sie all die Jahre im Hintergrund gearbeitet hatte. Es war das Wenigste, was er für sie tun konnte, nun selbst in den Hintergrund zu treten und ihr ihren glanzvollen Auftritt zu gönnen. Solange er derjenige war, der sie zur Party und wieder nach Hause begleitete, war er glücklich.
Was für ein Trottel ich doch gewesen bin! Es stellte sich nämlich heraus, dass Annie es hasste, diese Abende mit ihm zu verbringen. Den ersten Hinweis darauf bekam er, als sie anfing zu sagen: Nein, sie könne nicht mit zu dieser Veranstaltung oder jenem Dinner kommen, weil sie sich in irgendeinen künstlerischen oder literarischen Kurs eingeschrieben habe, der keinerlei praktischen Nutzen besaß außer dem, Chase klarzumachen, dass das, was sie wirklich wollte, ein eigenes Leben war.
Daraufhin widmete er sich noch intensiver seinem Unternehmen, blieb tagelang fort von zu Hause. Was machte es schon? Dawn wuchs zum Teenager heran und traf sich mit ihren Freunden, wann immer sie konnte. Und Annie … Annie war nie da, sondern ständig in irgendwelchen Kursen, die die wachsende Entfremdung zwischen ihnen nur noch mehr betonte.
„Japanische Haiku-Gedichte“, „Annäherung an die Kunst von Jasper Johns“, Batik und zahllose Kurse in Floristik und Design. Und dann, schließlich, stand Chase da, mit dem Koffer in der Hand. Das war die Trennung, nach fast fünfzehn Jahren Ehe. Na ja, da war noch dieses Theater ganz zum Schluss gewesen, als seine Sekretärin sich ihm an den Hals geworfen hatte, auch wenn Chase sie in keiner Weise dazu ermutigt hatte, gleichgültig, was Annie denken mochte.
Peggy war einsam gewesen, so einsam wie er. Manchmal hatten sie sich unterhalten, waren ein paarmal zusammen essen gewesen, nachdem sie bis spät in den Abend hinein im Büro über Zahlen und Bilanzen gesessen hatten. Der Kontakt war nie persönlicher gewesen als das. Umso erstaunter war Chase, als Peggy sich ihm eines Abends in die Arme geworfen hatte. Und ausgerechnet diesen Abend in wer weiß wie vielen Jahren hatte Annie sich ausgesucht, um unvermutet in sein Büro hereinzuplatzen.
Chase seufzte. Nicht, dass es ihm noch irgendetwas ausmachte. Er und Annie waren schon so lange geschieden. Er hatte sich ein neues Leben aufgebaut, ein angenehmes Leben. Und er wusste, dass Janet begeistert sein würde, dieses Leben mit ihm zu teilen, falls er sie darum bat.
Er war glücklich und zufrieden gewesen. Bis heute. Bis er Annie auf der
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