Julia Festival Band 86
Kaffeekannen und Schachteln mit klebrigen Doughnuts.
Susannah blickte sich müde in der Runde um. Alle waren erschöpft. Die Ausgabe mit dem Beitrag über das Restaurant mit dem meisten Sex-Appeal war gerade ausgeliefert worden und erwies sich als Bombenerfolg. Die Zulieferer konnten die Regale nicht schnell genug auffüllen, um die Nachfrage zu befriedigen, und die Anzeigen für die nächste Ausgabe erzielten Höchstpreise. Jetzt hieß es, Kapital aus diesem Erfolg zu schlagen.
Der Aufreißer für die nächste Ausgabe – das Liebesnest mit dem meisten Sex-Appeal – war vorbereitet. Die Redaktion hatte drei wundervolle Orte ausgewählt. Jetzt musste nur noch der Sieger gekürt und ein besonders schönes, romantisches Foto des ausgewählten Ortes geschossen werden. Dann stand schon das Thema für die Februarausgabe an „Der Mann mit dem meisten Sex-Appeal“.
Was mehr wie ein Gag begonnen hatte, erwies sich als Knüller des Jahres. Verkaufsstellen, Zeitungen und Fernsehwerbung machten einen gewaltigen Rummel um die Sache. Und „CHIC“ stand natürlich nicht nach. „Warten Sie nur bis zum Valentinstag“, schwärmte die Ankündigung in der laufenden Ausgabe. „Dann werden wir den Mann mit dem meisten Sex-Appeal weit und breit küren. Wow! Auf einem Poster zum Ausklappen werden Sie mit ihm auf Tuchfühlung gehen und ihm ganz tief in die wundervollen Augen blicken können!“
Die Reaktion war phänomenal. Gleich säckeweise waren die Vorschläge der Leserinnen eingegangen, und die Redaktion hatte inzwischen die Liste auf vier Bewerber zusammengestrichen.
Brat Fitt, ein Schauspieler, dessen knackiger sonnengebräunter Po die Einschaltquoten einer beliebten Fernseh-Seifenoper ankurbelte. Alejandro Rio, ein attraktives Model für Unterwäsche, dessen Luxuskörper auf einer Reklamefläche über dem Times Square prangte. Zeke McCool, Rocksänger mit rauchiger Stimme, dessen athletischer nackter Oberkörper auf der Bühne regelmäßig Millionen von Frauen zum Kreischen brachte. Und Stefan Zyblos, ein Schriftsteller mit Dreitagebart und verruchtem Lächeln, dessen Erstlingswerk so heiß sein sollte, dass man es eigentlich mit Topflappen hätte verkaufen müssen.
„Für jeden etwas“, hatte Claire festgestellt, nachdem die Auswahl getroffen war. „Und scharf sind sie wirklich alle vier!“
Susannah hatte sich einmal mehr gewünscht, sie hätte dieses dumme Wort nie in anderem Zusammenhang benutzt.
„Allerdings nicht schärfer als unser Mr. Romano“, hatte Claire denn auch bezeichnender Weise hinzugefügt, was Susannah tunlichst überhört hatte.
Warum sollte sie noch einen Gedanken an Matthew Romano verschwenden? Susannah stand auf und holte sich einen weiteren Doughnut. Er schmeckte wie Pappe, aber sie zwang sich, ihn zu essen. Sie war erschöpft und brauchte Nervennahrung. Dass ihre Gedanken schon wieder bei Matthew gelandet waren, bewies es. Er hatte sich zurückgezogen, sobald ihm klargeworden war, dass es der Mühe nicht wert war, sie zu verführen. Und im Grunde war Susannah erleichtert. Jetzt war Joe Romano ihr Ansprechpartner, und mit ihm ließ es sich gut zurechtkommen. Er war begeistert von ihren Ideen für das Liebesnest und den Mann mit dem meisten Sex-Appeal.
Für Susannahs Geschmack verschob sich der Akzent zu sehr in Richtung Sex zu Ungunsten der Romantik. Aber das verkaufte sich, so war das Leben. Sie brauchte nur an ihren letzten Abend mit Matthew zu denken. Ein romantischer Abend, sie im eleganten Paillettenkleid, er im Smoking – und was war passiert? Sie hatte zu viel von sich preisgegeben und ihn damit vergrault.
Wer wollte schon einen Kerl wie Matthew Romano in seinem Leben? Matthew Romano war Vergangenheit. Die Zukunft, das war die Februarausgabe von „CHIC“, vorausgesetzt, sie würde rechtzeitig auf den Weg gebracht!
An guten Ideen mangelte es inzwischen längst nicht mehr. Was jetzt fehlte, war Zeit. Zeit, um die Reportage über die Liebesnester mit dem meisten Sex-Appeal fertigzustellen, einen Sieger zu küren und ein Fotografenteam hinzuschicken. Zeit, um die vier „Sexy Boys“, aus der Endauswahl zu interviewen, den Burschen mit dem meisten Sex-Appeal auszuwählen und die Fotosession für das Poster im Mittelteil zu organisieren.
Zeit, dachte Susannah und seufzte. Deshalb hatte sie die gesamte Redaktion zum Gedankenaustausch zusammengetrommelt: um eine Lösung für die organisatorischen Probleme angesichts der enormen Zeitknappheit zu finden.
„Es ist unmöglich“,
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