Julia Festival Band 86
und vermutlich unfähigen Susan Soundso. Madison? Washington? Coolidge? Auf jeden Fall der Name eines amerikanischen Präsidenten … Egal. Sobald der Name erst auf einem Abfindungsscheck stand, würde Susan Wie-auch-immer samt ihrer neunmalklugen E-Mails Geschichte sein.
Was für eine Frau schrieb solche Dinge über einen Mann, den sie überhaupt nicht kannte? Was für eine Frau nutzte einen Mann aus, während sie einem anderen Grüße und Küsse bestellen ließ? Eine Frau mit einem sehr zweifelhaften Verständnis von Gleichberechtigung! Susan … Hoover? … spielte ein Spiel mit den Männern, für das sie vermutlich im umgekehrten Fall die Männer verurteilen würde, pochte aber, wenn es ihr gerade passte, auf absolute Gleichstellung.
Wütend stellte Matthew die Dusche aus, trocknete sich ab und ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Diese Frau hatte die ungeheuerlichsten sexistischsten Bemerkungen über ihn gemacht und fast im gleichen Zusammenhang unterstellt, sie sei bei der Beförderung übergangen worden, weil sie eine Frau sei. Doch da irrte sie sich gewaltig. Matthew hatte bei „CHIC“ einige Nachforschungen angestellt. Nach allem, was er in Erfahrung gebracht hatte, war Susan Soundso in keiner Weise qualifiziert, eine Zeitschrift zu leiten. Und deshalb musste sie gehen.
Entschlossen zog Matthew sich das Jackett seines maßgeschneiderten grauen Anzugs an. Seine Entscheidung hatte natürlich nichts mit dem zu tun, was die Frau über ihn gesagt hatte … dass die Frauen in seiner Begleitung dumm wären, dass er scharf, aber hirnlos sei oder dass er sich für den Mann mit dem meisten Sex-Appeal weit und breit hielte.
Er war nicht rachsüchtig. Es machte ihm auch nichts aus, dass sein halber Mitarbeiterstab die Bemerkungen dieser Frau gelesen hatte und nun hinter vorgehaltener Hand über ihn lachte.
„Es macht mir überhaupt nichts aus!“, sagte Matthew zu seinem Spiegelbild. Er nahm seine schwarze Aktentasche und verließ die Suite. „Nicht das Geringste!“, wiederholte er und schlug die Tür krachend hinter sich zu.
2. KAPITEL
An diesem klaren, kühlen Herbstmorgen fügte Susannah ihren allgemeinen Lebensregeln zwei hinzu: Vertraue nie einem Wecker an einem Tag, der dein ganzes Leben verändern könnte. Und: Nur Superman hätte es zur Hauptverkehrszeit in weniger als zwanzig Minuten von Greenwich Village bis nach Manhattan hinein schaffen können.
Eingequetscht zwischen einer üppigen Dame, die Knoblauchchips gefrühstückt haben musste, und einem Mann, dessen Ellbogen als tödliche Waffen bezeichnet werden konnten, fuhr Susannah in der überfüllten U-Bahn ihrem Ziel entgegen. Es war eine Höllenfahrt, aber Susannah ertrug sie mit der typischen stoischen Gelassenheit der New Yorker. Was hatte es für einen Sinn, sich aufzuregen? Sie würde sowieso zu spät kommen.
Warum hatte sie nicht einen zweiten Wecker gestellt? Warum hatte sie nicht für Ersatzschnürsenkel gesorgt? Ach was, Schnürsenkel! In ihrer Position setzte sie jetzt Maßstäbe! Sie hätte für diese Besprechung ein cooles, elegantes Outfit wählen müssen, das alle beeindruckt hätte.
Wenn sie wenigstens mit einem tollen Konzept hätte aufwarten können! Stattdessen hatte sie das Wochenende über Zahlen und Statistiken verbracht. Die U-Bahn bremste unvermittelt. Susannah spähte zum Fenster hinaus. Nur noch eine Station, ein kurzer Fußweg und dann würde sie da sein.
„Ich brauche eine Idee“, flüsterte sie verzweifelt. „Nur eine einzige Idee.“
„Sie brauchen einen Psychiater“, sagte die dicke Frau lakonisch.
Susannah nickte bedrückt. „Ja, vielleicht auch das.“
Die Bahn hielt an ihrer Station. Susannah kämpfte sich zum Ausgang durch, eilte durch die Menschenmenge auf dem Bahnsteig und dann die Treppe hinauf. Sobald sie oben auf dem Bürgersteig ankam, begann sie zu rennen.
Das Taxi hielt am Straßenrand vor dem Gebäude, in dem sich die Büros der „CHIC“-Redaktion befanden. Matthew bezahlte den Fahrer, stieg aus und blickte prüfend an dem Gebäude hoch.
Es war ein altes Haus für New Yorker Verhältnisse. Vermutlich aus den dreißiger Jahren, der Blütezeit des Art déco. Unter dem grauen Straßenstaub war immer noch die ehemals schmucke Fassade zu erahnen. Keine Überraschung für Matthew, denn immerhin hatten einige der klangvollsten Namen in der Verlegerwelt einst zum Mitarbeiterstab von „Elerbee Publications“ gezählt.
Während Matthew durch das Foyer zu den Aufzügen ging, kam ihm der
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