JULIA FESTIVAL Band 97
klar, warum du das wissen willst.“
„Oh …“ Rhea wirkte nachdenklich. „Vielleicht bin ich einfach nur neugierig. Ich kann mich nicht entsinnen, wann Milos das letzte Mal eine Frau zu sich nach Hause eingeladen hat.“
„Das hat er nicht.“
„Doch.“ Rhea war sich ganz sicher. „Es war offensichtlich, dass er unter vier Augen mit dir reden wollte.“
Helen spürte, wie sie errötete. „Und warum hat er mich dann nicht selbst eingeladen?“
„Vielleicht weil er dachte, du würdest Nein sagen?“
„Das glaube ich nicht.“
„Nein?“ Rheas Blick war fast genauso scharf wie der ihres Bruders. „Ich kenne Milos sehr gut, Helen. Seine Bitte war unmissverständlich.“
„Es tut mir leid, wenn du das Gefühl hast, dass er dich benutzt hat, um an mich heranzukommen …“
„Das habe ich nicht behauptet. Ich will dir nicht zu nahe treten, Helen. Ich möchte nur wissen, wie ihr beide euch kennengelernt habt. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen, oder?“
„Nein.“ Helen befeuchtete sich die Lippen. „Aber dein Bruder ist ein … sehr attraktiver Mann, Rhea. Auf seinen Reisen begegnet er sicher vielen Frauen.“
„Wahrscheinlich.“ Rhea seufzte. „Allerdings ist er kein Schürzenjäger. Die Frauen, die er mir vorgestellt hat, kann ich an einer Hand abzählen.“
Da Helen nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte, begann sie zögernd: „Er … Wir … Ich habe ihn … vor gut zwölf Jahren in England kennengelernt.“
Erstaunt sah Rhea sie an. „ Psemata? Wirklich?“
„Ja.“ Helen bemühte sich, lässig zu klingen. „Mein … Vater hatte ihn gebeten, mich zu besuchen.“
„ Katalava . Verstehe.“ Rhea wirkte interessiert. „Aber warum hat er mir das nicht erzählt?“
„Wahrscheinlich hat er es nicht für wichtig gehalten.“
„Du musst damals sehr jung gewesen sein.“
„Es geht“, erwiderte Helen schnell und überlegte, wie alt sie vor zwölf Jahren gewesen war. „Ungefähr zwanzig.“
„Aha.“
Erst jetzt wurde Helen bewusst, dass sie Rheas Argwohn geweckt hatte, indem sie sich älter gemacht hatte. „Damals warst du sicher noch in der Grundschule“, sagte sie, um sie abzulenken.
„Ich glaube schon.“ Das interessierte Rhea allerdings nicht. „Warst du verheiratet, als du Milos kennengelernt hast? Ja, sicher.“
Es wurde immer komplizierter. Fieberhaft überlegte Helen, wie sie sich aus der Affäre ziehen konnte. „Du kommst bestimmt gern hierher.“ Sie deutete um sich. „Wer kümmert sich um den Garten? Deine Mutter?“
„Wohl kaum.“ Nun lachte Rhea. „Wenn du Athene kennenlernst, wirst du es verstehen. Sie ist der Meinung, dass sie ihre Pflicht erfüllt hat, indem sie meinem Vater fünf Kinder schenkte.“
Helen lächelte höflich und war erleichtert, als Rhea dann ihre Frage beantwortete. „Ja, ich bin gern hier. Es ist viel schöner als in Athen. Dort teile ich mir mit einer Freundin eine Studentenwohnung.“
„Du könntest doch …“ Helen verstummte, und Rhea beendete den Satz für sie.
„Zu Hause wohnen? Ja, das ginge. Aber ich möchte unabhängig sein und beweisen, dass ich es allein schaffe. Leider hatte Papa recht. Es wäre bequemer, bei meinen Eltern zu leben.“
„Dann kommst du also her, wenn du kannst?“ Helen fühlte sich nun etwas wohler. „Das verstehe ich gut. Es ist sehr schön hier.“
„Gefällt es dir?“ Starr blickte Rhea sie an.
„Sehr sogar.“
Jetzt krauste Rhea die Stirn. „Melissa muss noch ein Baby gewesen sein, als du Milos kennengelernt hast“, nahm sie den Faden wieder auf, und Helen unterdrückte ein Stöhnen.
„Ja, ich glaube schon.“ Es fiel ihr nicht leicht zu lügen, doch sie konnte nicht anders. Entschlossen stand sie auf. „Komm, gehen wir zurück.“
Rhea sah zu ihr auf und blinzelte, weil die Sonne sie blendete. „Ich habe dich in Verlegenheit gebracht.“
„Nein“, antwortete Helen etwas zu scharf. „Warum …?“
„Indem ich dich auf Milos angesprochen habe“, unterbrach Rhea sie sanft. „Ich habe den Eindruck, dass es damals mehr war als nur eine flüchtige Begegnung.“
„Du irrst dich.“ Helen atmete nun schneller, was Rhea zu ihrem Leidwesen merkte.
„Ich behaupte ja nicht, ihr hättet eine Affäre gehabt. Schließlich warst du verheiratet. Aber ich weiß, wie attraktiv mein Bruder ist. Und er war offensichtlich ziemlich … fasziniert von dir.“
„Nein.“
Rhea ließ sich allerdings nicht beirren. „Da muss etwas gewesen sein“, beharrte sie. „Und wenn
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