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JULIA FESTIVAL Band 97

JULIA FESTIVAL Band 97

Titel: JULIA FESTIVAL Band 97 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE MATHER
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zusammen gewesen war, war Ashley offenbar gar nicht ins Bewusstsein gedrungen. Vielleicht hatte sie nach dem Abend in der Villa Castelli auch wichtigere Dinge zu tun gehabt. Immerhin konnte sie sich von dem Geld, das Raphael ihr in Aussicht gestellt hatte, eine Wohnung in London leisten.
    Den Rest des Abends hatte Tess sich kaum noch an der Unterhaltung beteiligt. Ihr war übel geworden, als Ashley Raphaels Angebot bereitwillig und erfreut akzeptiert hatte. Dass er glaubte, für Geld alles kaufen zu können, brauchte niemanden zu verwundern. Aber Tess fiel es schwer, ihm zu verzeihen, dass er sie praktisch gezwungen hatte, mit anzusehen, wie geldgierig ihre Schwester war.
    Als Ashley ins Haus zurückgegangen war, hatte er versucht, mit Tess zu sprechen. „Bitte, lass uns reden“, bat er sie. Sie schwieg jedoch, und er fügte ärgerlich hinzu: „Du liebe Zeit, Tess, was hätte ich denn tun sollen?“
    „Ich möchte nicht darüber reden“, erwiderte sie steif. „Du hattest keinen Grund, mich in diese üble Affäre hineinzuziehen.“ Sie sah ihn an und bemerkte seine geradezu verzweifelte Miene. „Hast du wirklich befürchtet, Ashley würde dich eventuell wegen Vergewaltigung anzeigen, wenn du mit ihr allein gesprochen hättest? Oder wolltest du mir vor Augen führen, wie rücksichtslos du sein kannst?“
    „Rücksichtslos?“, wiederholte er verblüfft.
    „Es ist zumindest sehr clever, Ashley das Geld in vier Jahresraten zu überweisen. Du hoffst wahrscheinlich, dass Marco, sobald er einundzwanzig ist, vernünftig geworden ist und seine Zuneigung zu meiner Schwester überwunden hat.“
    Raphael seufzte. „Marco ist es bestimmt egal, was Ashley macht. Wenn es nur um sie gegangen wäre, hätte ich ihr weder Geld noch sonst etwas angeboten. Ich habe jedoch gehofft, uns, dir und mir, die Sache dadurch zu erleichtern. Sie sollte glauben, sie hätte gewonnen.“
    Tess wusste nicht, was sie davon halten sollte. Es war ein geschickter Schachzug, alles umzudrehen und so zu tun, als hätte er es nur ihretwegen getan. Er konnte jedoch nicht erwarten, dass sie ihm verzieh, was er gemacht hatte. Ohne zu antworten, lief sie an ihm vorbei ins Haus.
    Mit sichtlicher Erleichterung bat Signora di Castelli den Chauffeur, Tess und ihre Schwester nach Porto San Michele zurückzufahren. Nur Marco schien es zu stören, dass sein Vater nicht da war, um die Gäste zu verabschieden.
    Seitdem hatte Tess viele schlaflose Nächte damit verbracht, darüber nachzugrübeln, warum sie unbedingt das Schlimmste von Raphael hatte annehmen wollen. Vielleicht war es für sie die einzige Möglichkeit gewesen, aus der Sache herauszukommen, ohne zusammenzubrechen. Egal, was er gesagt hatte, ihr war klar gewesen, dass es für sie und ihn keine gemeinsame Zukunft geben konnte. Der Gedanke, er hätte für alle Beteiligten wirklich nur das Beste gewollt, wäre ihr unerträglich gewesen.
    Draußen regnete es. Schon die ganze Woche war das Wetter schlecht gewesen, was zusätzlich auf Tess’ Stimmung gedrückt hatte. East Vale lag etwas außerhalb von Buxton und war ein netter Ort. Sie hatte gern hier gelebt. Aber jetzt kam ihr die Zukunft trostlos und freudlos vor.
    Die Tür zu Mrs. Peacocks Büro war angelehnt, und Tess klopfte. Niemand antwortete, aber die Tür ging etwas weiter auf. War die Schulleiterin etwa krank geworden?
    „Mrs. Peacock?“, fragte Tess. Plötzlich erblickte sie den Mann, der am Fenster stand, und glaubte sekundenlang, es sei ein Einbrecher oder dergleichen. Doch der Mann mit dem dunklen Haar kam ihr vertraut vor. Sie bekam Herzklopfen.
    „Komm herein, Tess“, forderte Raphael di Castelli sie auf, ohne sich umzudrehen.
    Was will er hier?, überlegte sie. „Wo ist Mrs. Peacock?“ Etwas Besseres fiel ihr in dem Moment nicht ein.
    „Sie sucht jemanden, der uns einen Kaffee bringt“, erwiderte er und drehte sich zu ihr um. Ihr fiel sogleich auf, dass er sich verändert hatte. Er hatte Gewicht verloren, und seine Züge wirkten härter. „Wie geht es dir, Tess? Du siehst gut aus.“ Er schob die Hände in die Taschen seines Wildledermantels und verzog die Lippen. „Dein Haar ist länger.“
    „Ja, ich trage es normalerweise lang. Aber vor den Osterferien habe ich es abschneiden lassen.“ Sie befeuchtete sich die trockenen Lippen. „Wie geht es dir? Was machen Marco und deine Mutter?“
    „Marco ist wieder in der Schule. Und meine Mutter?“ Er zuckte die Schultern. „Sie macht mit Vittorio eine Kreuzfahrt.“ Er zögerte

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