JULIA FESTIVAL Band 97
der Werbebranche beschäftigt, um sich einzumischen.
Während Tess duschte, kam Raphael herein.
„Ich habe gehofft, du seist noch nicht aufgestanden.“ Er hatte nur seinen Slip an. „Ich habe etwas aus dem Safe geholt.“
Sie stellte das Wasser ab, kam aus der Duschkabine und ließ sich von ihm in das Badetuch einhüllen. „Ich dachte, du wolltest arbeiten“, erwiderte sie. Er verbrachte die meisten Vormittage in seinem Büro. In der Zeit erteilte Tess den Kindern, deren Eltern auf dem Weingut arbeiteten, Englischunterricht.
„Heute ist Samstag“, erinnerte er sie.
Tess verzog das Gesicht. „Ich bin noch nicht richtig wach. Deshalb wollte ich duschen.“
„Wir duschen nachher zusammen.“ Raphael ging ins Schlafzimmer, und sie folgte ihm.
Sie war beunruhigt. Er hatte sie nicht geküsst und auch nicht berührt, nachdem er ihr das Badetuch um die Schultern gelegt hatte. Was war los? Was hatte er aus dem Safe geholt? Wollte er sie etwa ausbezahlen und wegschicken? Tess erbebte. Wahrscheinlich war sie zu optimistisch gewesen. Nur weil er ihr seine Liebe gestanden hatte, hatte sie gehofft, sie würden für immer zusammenbleiben.
Sie nahm kaum noch etwas wahr um sich her. Eine Hausangestellte hatte das Frühstück auf dem Balkon serviert. Doch Raphael blieb im Schlafzimmer. Er setzte sich auf das Bett und forderte Tess mit einer Handbewegung auf, sich neben ihn zu setzen. Plötzlich war sie sehr gehemmt und wickelte das Badetuch fester um ihren Körper.
Als Raphael sich zu ihr umdrehte, hätte sie ihn am liebsten umarmt und geküsst. Sie beherrschte sich jedoch, denn er wirkte seltsam distanziert. „Ich muss dir etwas sagen“, begann er. „Das wollte ich schon gestern Abend tun. Aber dann verließ mich der Mut.“
Jetzt war Tess sich sicher, was kommen würde. Am Abend zuvor hatten sie auf der Terrasse bei Kerzenlicht gegessen und anschließend zu romantischer Musik getanzt. Es war der letzte gemeinsame Abend gewesen, wie ihr jetzt klar wurde. Statt ihnen beiden den restlichen Abend zu verderben, hatte Raphael sich offenbar in letzter Minute entschlossen, noch einmal mit ihr zu schlafen. Sie hatten sich die halbe Nacht leidenschaftlich und stürmisch geliebt.
Ja, irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mehr. Sollte sie ihm die Sache erleichtern und von sich aus erklären, sie würde ihn verlassen? Sie entschied sich dagegen. Sie wollte es aus seinem Mund hören.
Tess sah ihn an. Es gelang ihr, die Tränen zurückzuhalten. „Was willst du mir sagen?“, fragte sie heiser.
Er senkte den Kopf. „Es ist nicht leicht, Tess. Du weißt, dass ich dich liebe. Aber das reicht mir nicht mehr.“
„Nein?“ Ihre Stimme war kaum zu hören.
„Die Wochen und Monate mit dir waren geradezu zauberhaft. Ich wünsche mir jedoch mehr. Ich muss mir sicher sein können, dass du zu mir gehörst, in jeder Hinsicht.“
„Ich weiß nicht, was du meinst“, erwiderte sie leise.
„Deshalb war ich vorhin am Safe.“ Er legte ein Kästchen auf das Bett. „Es ist ein Verlobungsring, Liebes. Er hat meiner Großmutter gehört, und ich möchte, dass du ihn trägst. Mir ist völlig klar, was es bedeutet.“
Tess schluckte. „Heißt das, du willst mich heiraten?“ Sie konnte es nicht glauben.
Raphael nickte. „Doch wenn du Nein sagst, kann ich es verstehen.“ Er nahm ihre Hand und küsste sie. „Liebes, wir haben nie darüber geredet zu heiraten. Ich weiß, es wäre für dich ein bedeutsamer Schritt. Doch ich bitte dich, darüber nachzudenken. Du brauchst dich nicht sogleich zu entscheiden. Lass dir so viel Zeit, wie du willst.“ Er verzog die Lippen. „Na ja, vielleicht bis heute Abend?“
„O Raphael!“ Sie warf sich ihm in die Arme und lachte und weinte zugleich. „Ich hatte befürchtet, du wolltest dich von mir trennen.“
„Wie bitte?“ Er löste sich von ihr und sah ihr in die Augen. „Schon vor Monaten wollte ich dich bitten, mich zu heiraten. Aber ich wollte dir Zeit geben herauszufinden, was du wirklich willst.“
„O Raphael!“, rief sie wieder aus und küsste ihn. „Ich brauche es mir doch gar nicht zu überlegen!“
Schließlich steckte er ihr den Ring an den Finger. Er passte perfekt.
„Ich habe Maß genommen“, gab er zu. Ihr fiel ein, dass er mehrere Male ihren Siegelring in der Hand gehalten und scheinbar damit herumgespielt hatte. „Willst du mich heiraten, mein Liebling? Willst du meine Frau werden?“
„O ja, natürlich“, erwiderte Tess überglücklich.
– ENDE –
Nur
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