JULIA FESTIVAL Band 98
weit offen, und Sonnenschein strömte herein.
Das Leben ist schön, dachte sie und kicherte leise, als sie den Arm mit der Rolle hoch über den Kopf streckte und ein leichtes Ziehen in der Hüfte verspürte. Es rührte daher, dass sie die Beine ganz weit gespreizt und um Nash geschlungen hatte. Das Unbehagen steigerte nur ihre gute Laune. Muskelkater, der von Sport herrührte, war unangenehm, aber überwältigender Sex mit einem unglaublichen Liebhaber war jedes Wehwehchen wert. Noch immer verspürte sie ein wohliges Prickeln im Innern. Es war erst drei Stunden her, seit sie sein Bett verlassen hatten, und doch konnte sie es nicht erwarten, dorthin zurückzukehren.
Im Geist zählte sie bereits die Stunden, bis die Jungen im Bett lagen, und sie fragte sich, wie sie es so lange aushalten sollte. Seit sie wusste, dass die Wirklichkeit mit Nash noch schöner war als ihre Fantasien, wollte sie jede Sekunde auskosten, die ihr mit ihm vergönnt war.
„Du arbeitest ja gar nicht“, bemerkte er, als er aus der Küche kam. „Du stehst nur da und grinst.“
Sie lachte. „Ist es okay, wenn ich dir sage, dass ich an uns beide denke?“
„Absolut.“
Mit einer Dose Feinputz und einem Spachtel in der Hand lehnte er sich an den Türrahmen. Ihr gefiel, wie kompetent er in allem war, ob er nun sie in Ekstase brachte oder eine Wand verspachtelte. Ihr gefiel, dass er sich nicht scheute, ihr seine Hilfe im Haushalt anzubieten und nach ihren Vorlieben im Bett zu fragen. Ihr gefiel, dass er ein bisschen nervös war, was seine neue Familie anging, und er sie gern als Puffer dabeihatte. Letzteres hatte er zwar nie direkt ausgesprochen, aber sie erahnte es aus seinen Worten.
Vor allem aber gefiel ihr, dass sie gleichgestellt waren. Beide hatten Bedürfnisse. Keiner besaß mehr Macht. Keiner war unterwürfig. Sie kümmerten sich gegenseitig umeinander und bekamen beide, was sie wollten.
Sie tauchte die Rolle in die Farbe. „Wie kommst du voran?“
„Die Küche ist fertig. Soll ich diese Wände nicht lieber weiterstreichen? Du bist zu klein, um bis ganz oben zu reichen.“
„Deshalb wurde die Leiter erfunden. Ich tue es gern. Wenn du helfen willst, kannst du die Fensterrahmen streichen. Ich habe die Scheiben schon abgeklebt.“
„Okay. Ich räume nur diese Sachen weg.“ Er schloss die Dose Feinputz mit dem Deckel und stellte sie auf die behelfsmäßige Werkbank, die sie aus zwei Holzböcken und einem Türblatt errichtet hatte. Dann ging er hinaus und wusch den Spachtel ab.
Erneut freute und wunderte sie sich darüber, wie ordentlich und häuslich er doch war.
Als er zurückkehrte, nahm er eine Dose Lack und einen Pinsel und trat an das große Fenster.
Sie beobachtete, wie geschickt er mit dem Pinsel hantierte. „Wie hat ein FBI-Agent gelernt zu streichen?“
„Ich habe als Teenager ein paar Mal geholfen, unser Haus zu streichen, und mich später an Renovierungsarbeiten bei Arbeitskollegen beteiligt.“
„Gefällt dir dein Job?“
„Meistens. Nicht an schlechten Tagen.“
Sie wusste nicht sehr viel über seine Tätigkeit, aber ihr war bekannt, dass er die Verhandlungen mit den Tätern bei Geiselnahmen führte. Ein schlechter Tag bedeutete für ihn, wenn jemand ums Leben kam. „Wie hast du dich für diese Richtung entschieden?“
Er zuckte die Achseln. „Das FBI hat mich vom College weg rekrutiert. Eine Weile habe ich in Dallas gearbeitet, Psychologie studiert und eine Vorlesung von einem Vermittler besucht. Es hat mir gefallen, und ich dachte mir, dass ich das richtige Temperament dafür habe.“
„Bedeutet es, dass du mit nervenaufreibenden Situationen umgehen kannst?“
„Das auch, und ich kann emotionale Distanz zu den Vorfällen wahren.“
Besonnen und distanziert, dachte sie. So hatte er sich bei dem Familientreffen gegeben. Freundlich, aber nicht total engagiert. Sie beneidete ihn um diesen emotionalen Abstand. Hätte sie auch ein wenig davon aufbringen können, hätte sie Marty verlassen.
„Demnach hast du deine Frau vermutlich auf die Palme gebracht, wenn sie mit dir streiten wollte. Sie war außer sich vor Wut, und du bist sachlich und logisch geblieben.“
Sie hatte es als Neckerei gedacht, aber Nash wurde nachdenklich statt belustigt.
„Wir waren sehr unterschiedlich“, sinnierte er. „Tina war sehr gefühlsbetont. Dramatik lag ihr. Ich hätte nie gedacht, dass sie es als Agentin schaffen würde.“
Stephanie ließ beinahe die Farbrolle fallen. Sie hatte nicht groß über seine
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