JULIA FESTIVAL Band 98
„Ich schreibe meinen Bericht fertig und melde mich dann bei dir.“
„Okay.“
Als Jack gegangen war, heftete Nash den Blick auf den Monitor. Doch anstatt seinen Bericht einzugeben, dachte er zurück an die Geschehnisse der frühen Morgenstunden. Ein Erdbeben der Stärke 4,2 auf der Richterskala hatte fünfzehn Menschen das Leben gerettet. Es war kaum mehr als eine glückliche Fügung, die das Geiseldrama glimpflich beendet hatte. Umstände, die niemand unter Kontrolle hatte, auch nicht er.
Er legte die Finger auf das Keyboard, ließ sie dann wieder sinken.
Was hast du dir bloß eingebildet?, fragte er sich grimmig. Er konnte die Welt nicht ändern. Er hatte keinen Einfluss darauf, welche Richtung das Leben einschlug. Was er auch wollte oder erwartete oder brauchte, das Schicksal nahm ohne Rücksicht darauf seinen Lauf.
Heute hatte er Glück gehabt. Vor zwei Jahren hatte er Pech gehabt.
Nash trat an das Fenster, starrte hinaus auf die Skyline, doch anstatt der hohen Gebäude sah er die Bombenexplosion, die seine Frau getötet hatte.
Er hatte es nicht voraussehen können, und niemand sonst. Tina hatte impulsiv gehandelt. Er war nicht verantwortlich für ihren Tod, und vielleicht hatte er das immer gewusst. Vielleicht war es ihm nur leichter gefallen, Schuldgefühle zu entwickeln, als sich der Wahrheit zu stellen: dass er sie nie geliebt hatte.
Er hätte sie niemals heiraten dürfen. Das war ihm nun klar. Vielleicht hatte er auch das schon immer gewusst.
Er konnte die Vergangenheit nicht ändern, aber bewältigen und hinter sich lassen. Er konnte aus seinen Fehlern lernen. Aber war er auch bereit, sein einfaches, losgelöstes Leben aufzugeben und die Komplikationen auf sich zu nehmen, die Liebe und Bindung mit sich brachten? War er bereit, ein so großes Risiko einzugehen?
Die Zwillinge saßen auf der Bettkante und beobachteten, wie Stephanie Nashs Sachen packte. Den Nachrichten zufolge war das Geiseldrama bereits am frühen Morgen zu Ende gegangen. Sie hatte fest mit einem Anruf von ihm gerechnet, doch nun war es bereits Nachmittag, und sie musste akzeptieren, dass er für immer fort war.
Jason ließ die Beine pendeln, stieß klappernd mit den Fersen an das Bettgestell. „Aber Nash hat es bei uns gefallen“, verkündete er trotzig.
„Das stimmt.“
Adam sagte nichts, starrte sie nur kummervoll an.
„Es ist Sommer, und ihr habt Ferien“, sagte sie aufmunternd. „Ist das nicht toll?“
Beide nickten ohne Enthusiasmus.
Sie wusste genau, wie sie sich fühlten. Nicht einmal der Gedanke daran, dass die Pension in wenigen Tagen ausgebucht sein würde, milderte ihren Kummer. „Ich kann es nicht fassen, dass ihr beide mit langen Gesichtern dasitzt, obwohl eure Ferien gerade angefangen haben.“
„Brad will nicht aus seinem Zimmer kommen“, teilte Jason ihr mit.
„Ich weiß. Aber ich habe eine gute Idee, wie wir uns alle besser fühlen.“
Die Zwillinge wirkten nicht überzeugt. Sie selbst war auch nicht überzeugt, aber sie täuschte gute Laune vor. Am Abend, wie in der vergangenen Nacht, würde sie wach liegen, sich nach Nash sehnen und ihren Tränen freien Lauf lassen. Doch tagsüber musste sie sich um der Kinder willen zusammenreißen. „Wir gehen in die Badeanstalt“, verkündete sie und wartete auf Begeisterungsrufe.
„Okay“, murrte Jason.
Adam glitt einfach vom Bett und ging wortlos hinaus.
Stephanie ging zur Treppe und rief: „Brad, pack deine Badehose ein! Wir gehen in die Badeanstalt. Und ja, du musst mitkommen.“
Vivian öffnete ihre Tür. „Ist alles klar?“, fragte sie freundlich. „Die Jungen wirken heute so still.“
„Sie vermissen Nash. Ich dachte mir, dass es ihnen hilft, wenn wir baden gehen.“
„Wird es Ihnen auch helfen?“
„Ich bin ein bisschen zu alt, um durch Planschen geheilt zu werden“, gestand Stephanie ein. „Aber es tut immer gut, aus dem Haus zu kommen.“
„Dürfen Howard und ich mitkommen? Wir sind gern mit den Kindern zusammen.“
Stephanie zögerte. Sie wollte nicht, dass ihre Söhne sich erneut für Personen erwärmten, die nur vorübergehend da waren. Aber es erschien ihr unhöflich, Nein zu sagen. Außerdem war sie gern mit ihnen zusammen. „Gern. Aber seien Sie gewarnt, dass es sehr voll und laut sein wird.“
„Kein Problem. Wir sind in fünf Minuten fertig.“
In der öffentlichen Badeanstalt von Glenwood herrschte reges, lautstarkes Treiben, wie Stephanie es geahnt hatte. Sie führte ihre Gruppe zu einem schattigen
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