JULIA FESTIVAL Band 98
und schmiegte den Kopf an seine Schulter. „O Gage. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe zwar viele Fragen, habe aber keine Ahnung, wie ich dir helfen kann. Es tut mir so leid.“
Er rückte weder von ihr ab, noch sagte er was. Es fühlte sich gut und richtig an, dass Kari neben ihm saß. Allein ihre Nähe und ihre Worte halfen ihm, sich besser zu fühlen. Er brauchte sie an diesem Abend mehr als je zuvor.
Eine Weile lang saßen sie schweigend nebeneinander.
„Er ist auch Quinns Vater“, bemerkte Gage schließlich. „Die Ähnlichkeit zwischen den beiden ist frappierend.“
Kari hob den Kopf. „Quinns Vater? Aber dann muss die Affäre ja einige Jahre gedauert haben. Wie ist das möglich?“
„Ich weiß es nicht. Obwohl mir der Mann auf dem Foto sofort bekannt vorkam, weil er wie Quinn aussah, habe ich ihn nie zuvor gesehen. Wahrscheinlich ist er nicht von hier.“
Gage konnte nicht verstehen, wie seine Mutter eine Affäre haben konnte. Dazu noch eine, die so lange gedauert haben musste, dass zwei Kinder entstehen konnten. Wo zum Teufel war sein Vater, Ralph, die ganze Zeit gewesen? Gage hätte geschworen, dass sein Vater … Er fluchte still. Ralph war ja gar nicht sein Vater. Er kannte seinen Vater gar nicht. Verflixt, Ralph hätte es doch bestimmt nie toleriert, wenn Edie ihn betrogen hätte, wie sehr er sie auch geliebt hatte. Was war damals nur passiert?
Das Telefon klingelte, doch er rührte sich nicht.
Kari sah ihn an. „Willst du nicht abnehmen?“
„Nein.“
„Es ist wahrscheinlich deine Mutter. Oder John.“
Gage zuckte die Schultern. Er wollte mit keinem von beiden reden.
Kari wollte etwas sagen, doch der Anrufbeantworter schaltete sich genau in diesem Moment ein, und Gages Stimme tönte durch den Raum.
„Hier ist Gage. Ich bin im Moment leider nicht zu Hause. Hinterlasst bitte eine Nachricht nach dem Tonsignal.“
„G…gage?“ Die Stimme seiner Mutter versagte. „Bist du da? Es tut mir so unendlich leid. Ich weiß, dass du außer dir bist und …“ Sie begann zu weinen.
Kari stand auf und ging zum Telefon hinüber. Er versuchte nicht, sie aufzuhalten, weil es keine Rolle spielte, ob sie mit seiner Mutter sprach oder nicht. Die beiden Frauen könnten die ganze Nacht reden, es würde doch nichts ändern.
Ohne Kari an seiner Seite war der Schmerz und die Wut noch unerträglicher. Er hasste es, Angst zu haben, also hatte er die Wut gewählt. Es war einfacher und sicherer so. Das Gefühl des Verrats überwältigte ihn fast. Er wusste, dass er seiner Mutter nie verzeihen könnte, was immer sie auch sagen, was immer sie auch an Entschuldigungen vorbringen würde.
Als Kari zurückkehrte, setzte sie sich neben ihn und ergriff seine Hände.
„Deine Mutter wollte wissen, ob es dir gut geht“, erklärte sie. „Ich habe ihr gesagt, du stündest immer noch unter Schock.“
Sie schaute ihn unverwandt an, während sie mit ihm sprach. Trotz seines Schmerzes und seiner Verwirrung bemerkte er, wie schön Kari war. Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Ihre großen Augen, ihr voller Mund, ihre perfekte Haut – alles an ihr war vollkommen.
Sie drückte seine Hände. „Sie will mit dir sprechen.“
Die Wut flammte erneut in ihm auf. „Nein.“
„Du wirst es aber irgendwann tun müssen.“
„Warum?“
„Damit deine Fragen beantwortet werden.“
„Ich habe keine.“
„Gage, natürlich hast du die. Sogar viele. Edie sagt, sie müsse dir unbedingt einiges erklären, sonst würdest du alles falsch verstehen.“
„Glaubst du das?“, fragte er bitter.
Kari sah ihn mitfühlend an. „Die Beziehung zu deiner Mutter ist für dich immer wichtig gewesen. Du wirst ihr doch jetzt nicht den Rücken zukehren, wie wütend und verletzt du auch immer sein magst.“
„Würdest du darauf wetten?“
„Absolut. Ich kenne dich. Du musst sie anhören. Du musst die ganze Wahrheit erfahren. Es gibt Dinge, die sie dir sagen muss.“
Er riss seine Hände los und sah sie wütend an. „Wie die Tatsache, dass der Mann, den ich für meinen Vater hielt, gar nicht mein Vater war? Danke, das weiß ich schon.“
„Gage, er hat dich geliebt, auch wenn er nicht dein leiblicher Vater war.“
„Ich weiß ja noch nicht mal, ob mein richtiger Vater davon unterrichtet ist, dass ich auf der Welt bin.“
„Ralph ist dein Vater.“
„Nicht mehr.“ Niemals mehr.
Kari sah Gage nachdenklich an. Er war wirklich so dickköpfig wie ein eigensinniges Maultier. Seine Sturheit würde
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