JULIA GOLD Band 32
entkommst mir nicht.“
Sie verspürte von Kopf bis Fuß ein nervöses Prickeln. Wie war es nur möglich, dass er genau wusste, was sie dachte? „Du willst mich doch nur demütigen.“
„Ach ja?“ Er blieb stehen und sah sie spöttisch an. „Und du? Du hast mich vor meiner Familie und meinem Volk lächerlich gemacht. Du hast Glück. Was auf dich zukommt, spielt sich eher – privat ab.“
„Wieso bist du so sicher, dass ich deinem Vorschlag zustimmen werde?“
„Du warst früher sehr mutig. Du hast dich nach Abenteuern gesehnt, nach Reisen, nach dem Unbekannten. Übt das Unbekannte keinen Reiz mehr auf dich aus?“
Nein. Nicht mehr, seitdem sie Mutter geworden war. Jetzt machte sie sich ständig wegen Ben Sorgen. Um seine Sicherheit und seine Zukunft. Und seit sie selbst Mutter war, fragte sie sich, was ihre Eltern sich dabei gedacht hatten, sie als kleines Kind durch den Mittleren Osten zu schleppen, mit ihr in Zelten oder im Wohnwagen zu leben und an verlassenen Plätzen irgendwo am Ende der Welt zu schlafen. Sie hatten ein gefährliches Leben geführt und es teuer bezahlen müssen.
Ihre Eltern waren ihr nur noch durch Fotos in Erinnerung. „Ich ziehe jetzt die einfachen Dinge vor“, erwiderte sie. „Unkomplizierte Beziehungen.“
„Wie die mit Stan?“
Sie warf ihm einen warnenden Blick zu. „Lass ihn da raus.“
„Wie könnte ich. Er ist der Feind.“
„Stan ist nicht der Feind. Du bist es.“
Er lachte. „Vier Tage. Vier Tage, und du könntest frei sein. Du könntest Stan heiraten. Eine Familie haben. Dein Leben hier weiterleben.“
Wie clever von Kahlil. Wie manipulierend. Der Teufel wollte sie in Versuchung führen.
Aber der Teufel kannte sie, musste sie sich eingestehen. Er hatte nicht vergessen, dass sie immer wieder die Hände nach ihm ausgestreckt hatte, ermattet von den Freuden der Liebe, doch so begierig darauf, dass sie nicht genug bekommen konnte.
Das war in ihrer Beziehung mit Stan nicht so. Ihr Fehler, sie wusste es, doch trotz der Dankbarkeit, die sie ihm entgegenbrachte, verspürte sie keine Leidenschaft. Sie redete sich ein, dass sich ihre Gefühle nach der Hochzeit ändern würden. Doch war dies tatsächlich so? Konnten sie sich überhaupt ändern?
Verstohlen sah sie zu Kahlil hinüber. Das Mondlicht beleuchtete sein Profil. Wenn sie mit ihm ging, wenn sie alles tat, worum er sie bat, würde er sie dann wirklich freilassen? Konnte sie ihm vertrauen? Würde er zu seinem Wort stehen?
Sie hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Das Atmen fiel ihr schwer. Sie würde erst wieder ruhig atmen können, wenn sie sich von ihm befreit hatte. „Vier Tage, drei Nächte. Aber ich bestimme Ort und Hotel.“
„Den Ort und das Hotel?“
„New York“, sagte sie. „Das Ritz-Carlton Hotel.“ Ein paar Nächte mit ihm in New York. Was konnte daran so schlimm sein? Sie würde sich darauf einlassen, und dann hätte sie die Scheidung.
„Paris. Das Ritz-Carlton.“
„Ich werde die Staaten nicht verlassen.“
„Du vertraust mir nicht.“
„Nein.“ Sie hob das Kinn. „Im Moment benimmst du dich wie Richter, Jury und Henker in einer Person. Das ist nicht fair.“
Er lachte. „Du glaubst doch nicht, dass du so einfach davonkommst? Du wirst einiges dafür tun müssen, um mich zufrieden zu stellen.“
Vor Wut schäumend, ging sie zurück zur Limousine. Ihr war bewusst geworden, dass sie nur Zeit verschwendete – seine, ihre, Bens. Kahlil sah in seiner teuren Kleidung vielleicht wie ein moderner Mann aus, aber seine Denkweise war feudalistisch.
Die Limousine hielt vor ihrem Haus, und Kahlils Fahrer öffnete die Wagentür. Bevor sie aussteigen konnte, hielt Kahlil sie am Ellenbogen fest.
„Mit mir zu gehen, ist vielleicht nicht sicher“, sagte er sanft, „aber es könnte sich als das Klügste erweisen, was du je in deinem Leben getan hast. Alles im Leben ist ein Risiko. Selbst die Freiheit.“
Sie entgegnete nichts.
Leicht strich er über ihren nackten Arm. Die Berührung ließ sie erbeben. „Das Wochenende wird auch für dich ein Spaß sein“, fuhr er fort. „Du sehnst dich nach mir. In dir lodert bereits ein Feuer.“
Fasziniert starrte sie auf ihren Arm. Sie fühlte sich fiebrig, ihre Haut prickelte, ihr Körper erwachte zum Leben. So hatte sie immer auf ihn reagiert. Voller Verlangen und Sehnsucht nach seiner Berührung. Auch jetzt verspürte sie heftige Erregung, ihr Puls raste. Er war wie eine Droge, süß und gefährlich, bewusstseinsverändernd. In seinem
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