JULIA GOLD Band 32
zu Stan geht dich überhaupt nichts an.“
„Eine kühne Antwort für eine Frau in dieser prekären Situation.“
Sie zwang sich zu einem Lächeln. Keinesfalls würde sie sich von Kahlil unterkriegen lassen. „Ich habe mich verändert, Kahlil. Ich bin nicht mehr das Mädchen, das du geheiratet hast.“
„Schön. Dann müssen wir beide Veränderungen hinnehmen. Ich bin auch nicht mehr der Mann, den du geheiratet hast.“ Er lachte, doch es war ein humorloses Lachen. „Du hast dich verändert. Du bist noch hübscher geworden.“
„Hör auf, mir zu schmeicheln.“
„Ich schmeichle dir nicht. Ich habe in meinem Leben viele Frauen kennengelernt, aber ich kenne keine Frau wie dich. Keine, die so süß ist wie du, so lieblich …“
„Hör auf.“
„Deine helle, makellose Haut. Deine Augen, so blau wie Saphire. Dein Mund, schöner als eine Rose.“
Ein Schauer lief ihr über den Rücken, ihre Haut begann zu prickeln. Hör nicht hin. Lass nicht zu, dass er dir unter die Haut geht. Du hast es bisher ohne ihn geschafft. Du schaffst es auch weiter. „Ich bin nur interessant für dich, weil du mich nicht haben kannst.“
Immer noch lächelnd, ließ er sie los. Doch der Blick in seinen Augen wurde härter. „Ich kann dich haben. Ich habe es nur noch nicht darauf ankommen lassen.“
Nein, bisher nicht. Doch plötzlich wusste sie, dass er extrem skrupellos werden konnte.
Sein Lächeln verblasste. „Weiß Stan, dass du flatterhaft bist?“
„Er weiß, dass ich dich verlassen habe.“
„Hast du ihm erzählt, dass du verschwunden bist, ohne eine Nachricht zu hinterlassen? Oder mir einen Abschiedskuss zu geben? Weiß er, dass du einfach deine Tasche und deinen Pass genommen hast und gegangen bist?“
„Er weiß, dass ich meine Tasche genommen habe und ge rannt bin.“ Sie wich seinem Blick nicht aus. Wenn er die harte Tour wollte, dann würde sie mitspielen.
„Hat Stan dich je gefragt, warum du mich verlassen hast?“
„Er weiß, dass ich unglücklich war. Das genügt ihm.“
Kahlil hob sein Weinglas, drehte den Kelch, und der rote Wein schimmerte in dem Kerzenlicht. „Was für ein verständnisvoller Mann. Wird er auch so verständnisvoll reagieren, wenn du von ihm genug hast und ihn wegwirfst?“
Sein Spott war scharf wie eine Rasierklinge und schnitt tief ein.
Am liebsten wäre sie einfach fortgelaufen, doch sie wusste, dass sie nicht weit kommen würde. Diesmal nicht. „Ich habe dich nicht weggeworfen.“
„Nein? Das Gefühl hatte ich aber. Es machte auch auf andere den Eindruck. Im Palast kursierten die wildesten Gerüchte. Der Skandal wirkte sich auf das gesamte Scheichtum aus. Nicht nur ich habe mein Gesicht verloren.“
„Welcher Skandal?“
„Es ging das Gerücht, dass du – mir untreu warst.“
2. KAPITEL
„Nein!“ Das Blut schoss Bryn in die Wangen. Wie konnte Kahlil so etwas denken? Wie konnte er diesem üblen Gerücht Glauben schenken?
Die Tatsache, dass er es tat, schmerzte mehr, als sie erwartet hatte.
Zuerst hatte sie angenommen, er sei ihretwegen gekommen. Sie hatte auch gehofft, dass er Amins Niedertracht durchschaut hatte. Stattdessen glaubte er, dass sie ihm untreu gewesen war. Offensichtlich war er gar nicht auf die Idee gekommen, dass es sich auch anders verhalten könnte.
Dann hatte er auch versagt. Zwei Mal.
Tränen brannten in ihren Augen, Tränen, die sie nie geweint hatte.
Ihn zu verlassen, hatte sie fast zerstört. Es war der schwierigste Schritt in ihrem Leben gewesen. Und als sie wieder in Texas war und entdeckte, dass sie schwanger war, war ihre Welt zusammengestürzt.
Das Baby, das Kahlil sich so sehr gewünscht hatte. Das Baby, von dem er niemals etwas erfahren würde. Das schlechte Gewissen hatte sie fast umgebracht. Gepriesen sei die Armut. Dadurch war sie gezwungen gewesen, jeden Morgen aufzustehen und zu arbeiten, bis sie abends todmüde ins Bett fiel.
Kahlil mochte sich über Stan und seine Versicherungsagentur lustig machen, doch der Job dort als Sekretärin hatte ihr das Leben gerettet. „Warum lässt du dich nicht einfach von mir scheiden, und dann ist die Sache erledigt?“, fragte sie mit heiserer Stimme.
„Das kann ich nicht.“
„Warum nicht?“ Sie hob den Blick zu Kahlil und bemerkte die frappierende Ähnlichkeit mit ihrem Sohn. Dieselben Augen, dieselbe Nase, derselbe Mund. Warum war ihr das nicht früher aufgefallen? Ben war Kahlil wie aus dem Gesicht geschnitten.
„Zu einfach“, erwiderte er kurz angebunden. „Ich gehe nie
Weitere Kostenlose Bücher