JULIA GOLD Band 32
Kopf hob. „Das muss ich für mein Land und meine Leute tun. Es gibt keine andere Möglichkeit.“
Sein Körper war warm, und sie spürte seine harten Muskeln. Fühlte ihn, fühlte seine Hitze und Stärke und erinnerte sich daran, wie es gewesen war, neben ihm zu liegen, ihn zu lieben und von ihm geliebt zu werden. „Versuch nur, ihn mir wegzunehmen“, keuchte sie. „Ich werde um ihn kämpfen. Jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde.“
„Und du wirst verlieren!“
„Ich habe keine andere Wahl als zu kämpfen. Er ist meine Hoffnung.“
„Meine auch.“
6. KAPITEL
Bryn ging in ihrem Schlafzimmer unruhig auf und ab. Die Szene im Badezimmer spielte sich immer wieder in ihrem Kopf ab. Sie versuchte, das Gefühl seiner Lippen auf den ihren zu vergessen, die Kraft seines Körpers. Kahlil hatte sie nicht aus Liebe geküsst, trotzdem war sein Mund alles andere als hart gewesen, und seine Berührung konnte sogar als liebevoll bezeichnet werden. Sie spürte das alte Verlangen aufflackern. Er wollte sie immer noch, aber diesmal, um sich an ihr zu rächen.
Ein Schauer lief ihr über den Kücken, als ihr bewusst wurde, wie heftig sie auf ihn reagierte. Wie konnte sie sich zu einem Mann hingezogen fühlen, der ihr den Sohn wegzunehmen drohte? Aber Kahlil war nicht irgendein Mann, er war ihr Ehemann. Bens Vater.
Bens Vater.
Oje, was hatte sie getan? Wie hatte sie glauben können, dass sie Bens Existenz vor ihm geheim halten könnte? Kahlil war einer der wohlhabendsten und mächtigsten Männer der ganzen Welt. Natürlich hätte er irgendwann von Ben erfahren. Wenn nicht jetzt, dann später, wenn Ben älter wäre und darauf drängen würde, mehr von seinem leiblichen Vater zu erfahren. Kinder wollten diese Dinge wissen. Sie hatten ein Recht darauf.
Bryn verspürte ein schlechtes Gewissen, doch sie hatte auch Angst. Instinktiv wusste sie, dass Kahlil Ben niemals wehtun würde – jedenfalls nicht bewusst. Aber unbewusst? Ungewollt?
Mit Kahlil zu diskutieren, war immer schwierig gewesen. Er war intelligent und sehr redegewandt. Er verdrehte ihr die Worte im Mund, bis sie sich am Ende selbst widersprach.
Aber jetzt konnte sie mit ihm nicht einmal argumentieren. Sein Wille war Gesetz, und er erwartete von ihr, dass sie sich diesem Willen unterwarf. Aber sie lebten nicht mehr im Mittelalter, und sie war keine Frau, die in einem Harem aufgewachsen war.
Dennoch verstand sie Kahlils Ärger und Frust, und sie erkannte, dass er Zeit brauchte, seine Gefühle zu ordnen. Aber sie würde nicht zulassen, dass Kahlil ihr ihre Rechte entzog.
Ben war ihr Sohn. Er war erst drei Jahre alt und trotz seiner Intelligenz und Abenteuerlust ein sensibler kleiner Junge. Sicherlich fragte er sich, wo seine Mutter war, und vermisste sie.
Wenn Kahlil sie nicht zu Ben brachte, dann würde sie zu ihm gehen.
Im Palast herrschte Dunkelheit. Stille. Bryn lief ein Schauer über den Rücken, als sie auf Zehenspitzen an Lalias Lager vorbei in die vorderen Räume schlich und schließlich die schummerige Halle betrat.
Das Mondlicht fiel auf den Marmorfußboden. Bryn verließ die Gemächer der Frauen, eilte an den Räumen für offizielle Empfänge vorüber und betrat dann den Flügel mit den Gästequartieren. Sie war sicher, dass Kahlil Ben hier untergebracht hatte. Es gab nicht viele Möglichkeiten. Die Quartiere der Männer, der Frauen, die Gästezimmer und dann noch die Privatsuite des Scheichs.
Langsam öffnete sie die erste Tür und warf einen Blick in das vom Mondlicht erleuchtete Zimmer. Die Fensterläden waren nicht verschlossen, und das große, niedrige Bett war leer.
Behutsam schloss sie die Tür, bewegte sich zu der nächsten und öffnete diese. Leeres Zimmer. Leeres Bett.
An der dritten Tür verspürte sie ein Angstgefühl. Ihre Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Durch den Palast zu schleichen, war beklemmender, als sie gedacht hatte, und einen Moment lang hatte sie das schreckliche Gefühl, verfolgt zu werden.
Lächerlich. Alle schliefen. Nichts regte sich.
Bryn stieß die Tür weiter auf. Der Raum wirkte unheimlich und voller Schatten. Die Vorhänge waren zugezogen, und sie konnte nur Umrisse ausmachen. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte sie eine plötzliche Bewegung, und instinktiv wollte sie fliehen.
Gleißendes Licht erstrahlte plötzlich und blendete sie. Hände griffen um ihre Oberarme und hielten sie fest.
„Lassen Sie mich los!“, schrie Bryn und schlug mit Händen und Füßen um sich.
„Hör auf, Bryn. Du machst
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