JULIA GOLD Band 32
und reich verzierten Vasen für sie gekauft und in ihr Zimmer legen lassen. Für seine Braut, seine zukünftige Königin, hatte alles perfekt sein sollen.
Es war alles anders gekommen.
Ihr Blick fiel auf die kleine, kunstvoll geschnitzte Holztruhe auf dem Nachtisch neben ihrem Bett.
Ihr Schmuckkasten.
Amin. Der Streit. Ihre letzte Nacht im Palast vor dreieinhalb Jahren.
Ihr Herz begann zu rasen, und sie bebte am ganzen Körper bei dem Gedanken an jenen Abend. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, als könne sie so Distanz zwischen sich und die Erinnerung bringen.
Dann aber bewegte sie sich wie in Trance auf den Nachttisch zu und öffnete im Zeitlupentempo den dunklen, schweren Deckel der Box. Brillanten, Saphire, Rubine und Smaragde funkelten auf dunkelrotem Samt.
Das konnte nicht sein. Sie hatte alles mitgenommen, den Inhalt der Box in ihre Tasche gelehrt, bevor sie aus dem Palast floh. Armbänder, Halsketten, Ohrringe, eine goldene, mit Brillanten besetzte Tiara – alles Geschenke von Kahlil. Sie hatte die Juwelen für ihre Flucht aus Zwar gebraucht, um damit den Charterflug nach New York und von dort einen Linienflug nach Dallas zu bezahlen, wo ihre Tante Rose sie vom Flughafen abgeholt hatte.
Doch die Juwelen waren alle vorhanden. Vielleicht waren es aber auch nur Ersatzstücke. Erneut überfiel sie tiefer Kummer.
Er hatte Amin geglaubt, aber nicht ihr. Er hatte Amin vertraut, aber nicht ihr.
Bryn ließ den Deckel fallen, und die kleine Truhe schloss sich mit einem dumpfen Geräusch. Es klang genauso gedämpft wie das Pochen ihres Herzens.
Langsam ließ sie sich auf die Bettkante nieder und legte die Hände auf die weiche Seidendecke. Verzweifelt und voller Gram dachte sie an die letzte Nacht im Palast, in diesem Zimmer. Amin hatte sie hier abgefangen. Ihre angstvollen Schreie hatte er mit einem Kuss erstickt. Er hatte widerlich geschmeckt, nach Alkohol und Zigarettenrauch. Mit seinem Körpergewicht hatte er versucht, sie auf das Bett zu drücken.
„Prinzessin, dies ist Ihr altes Zimmer, ja? Ihnen gefällt das Zimmer, ja?“
Altes Zimmer … Ja. Bryn zitterte, blinzelte und zwang sich, die Vergangenheit zu verdrängen und sich auf Lalia zu konzentrieren. Es war ihr altes Zimmer. Ein Zimmer, das ihr jahrelang Albträume beschert hatte.
Bryn stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war wütend, dass sie wieder hierher – in diesen Raum und in dieses Leben – gelockt worden war. „Tut mir leid, aber ich kann hier nicht bleiben. Sagen Sie Seiner Hoheit, dass ich ein anderes Zimmer benötige.“
Lalia öffnete den Mund, doch bevor sie etwas sagen konnte, ging Bryn schon an die Tür. „Ich habe es mir anderes überlegt. Ich sage es ihm selbst.“
Bryn kam nicht weit. Die Wachen vor dem Eingang zu den Gemächern der Frauen ließen sie nicht passieren. Sie standen einfach da, Seite an Seite, und schüttelten den Kopf. „Ich fange gleich an zu schreien.“
Die Wachen zuckten nicht einmal mit den Wimpern.
Also schrie sie. So laut sie konnte. Schrie, als versuche jemand, sie zu misshandeln oder gar zu ermorden, doch niemand kam.
Und die Soldaten rührten sich nicht.
Nur Lalia fiel weinend vor Bryn auf die Knie. „Bitte, Prinzessin, bitte, Prinzessin, bitte.“
„Lalia, hör auf!“
„Prinzessin, Sie bringen mich in große Schwierigkeiten. Ich werde hart bestraft, wenn Sie unzufrieden sind.“
Das Mädchen umklammerte Bryns Füße, presste seine Lippen auf die Knöchel. „Lalia!“
Aber das Mädchen bettelte weiter und murmelte unter Tränen unzusammenhängende Dinge auf Arabisch. Es sprach so schnell, dass Bryn nur einige Worte und kurze Sätze verstand. „Lalia, niemand wird dich bestrafen.“
„Seine Hoheit wird es tun!“
„Das stimmt nicht.“
Lalia warf einen ängstlichen Blick auf die Wachen. „Prinzessin“, stieß sie mit tränenerstickter Stimme hervor und drückte ihr nasses Gesicht an Bryns Schienbein, „Ihre letzte Dienerin ist an einen sehr schlimmen Ort geschickt worden. Bitte, Prinzessin, ich will nicht weggeschickt werden.“
Bryn bekam Gewissensbisse. War das wahr? War Adjia, ihre erste Dienerin, bestraft worden? „Ich muss Seine Hoheit sprechen. Unbedingt“, erklärte sie, äußerlich ruhig.
„Das werden Sie. Seine Hoheit wird nach Ihnen rufen. Ich weiß es. Ich bin sicher. Jetzt kommen Sie, Prinzessin, und trinken Sie etwas Tee.“
Kahlil war erst seit drei Stunden zu Hause und hatte schon einen Anruf von Amin bekommen.
Langsam
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