JULIA GOLD Band 32
in ihrem Wohnzimmer serviert wurde. Es gab Suppe, Fisch in einer köstlichen Soße, Lamm mit Reis und Gemüse, verschiedene Käsesorten mit Obst, Sahnepudding und kleine Schokoladenkuchen. Pippa probierte von allem etwas, riss jedoch kaum ein Loch in das aufwendige Festmahl.
Nachdem der Diener das Essen abgeräumt hatte, blätterte Pippa in den Büchern und Zeitschriften, aber sie war zu nervös, um sich zu konzentrieren. Sie dachte immer wieder an Hassan. Er steckte voller Widersprüche. Vielleicht hätte sie sich weismachen lassen, dass er durch seine Ausbildung in den Vereinigten Staaten moderner war als seine Landsleute – wenn sie nicht die Unnachgiebigkeit unter seinem weltmännischen Äußeren erkannt hätte. Eine typische Mogelpackung. Hassan war ein Mann, der seinen Willen durchsetzte, ganz gleich, was es erforderte.
Pippa ging rastlos auf und ab. Sogar der Harem wäre besser als diese Einsamkeit. Der Gedanke heiterte sie auf. Warum nicht Taleesha einen Besuch machen? Wenn sie nur den Weg dorthin finden konnte! Die Sorge war überflüssig. Vor der Tür stand ein Wachposten, der sie nicht hinauslassen wollte. Dieser Beweis für Hassans Misstrauen beruhigte Pippa nicht, aber anstatt darüber nachzudenken, kümmerte sie sich erst einmal darum, den Wachposten zu überreden, sie zum Harem zu bringen.
Die Frauen des Sultans waren in dem großen Salon mit dem Springbrunnen versammelt. Einige unterhielten sich, andere lackierten sich die Nägel, zwei konzentrierten sich auf irgendein Spiel.
Taleesha empfing Pippa herzlich. „Haben Sie das Missverständnis mit dem Sultan geklärt?“
„Nicht dank Ihnen“, beschwerte sich Pippa freundlich. „Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass er Englisch spricht?“
„Ich wusste, dass er Ihnen einen Streich spielt, und wollte ihn nicht verderben.“
„Freut mich, dass ich Ihnen allen so viel Vergnügen verschafft habe“, erwiderte Pippa trocken.
„Sie dürfen nicht ärgerlich sein. Er hat es sicher nicht böse gemeint. Der Sultan ist ein sehr netter Mann.“
„Ich hoffe, Sie haben recht.“ Pippa dachte an Raysims Behauptung, dass Hassan den Harem zumindest nicht offen nutzen würde. „Ich vermute, Sie sind dazu gekommen, ihn ziemlich gut zu kennen.“
„Erst seit seiner Rückkehr. Ich bin in den Harem aufgenommen worden, nachdem er zum Studium fortgegangen war.“
„Er ist schon seit sechs Monaten wieder da.“
„Das stimmt“, sagte Taleesha ausdruckslos. Falls sie verstand, was Pippa zu erfahren versuchte, so half sie ihr nicht dabei.
Pippa wechselte die Taktik. „Er hat viele Jahre in meinem Land gelebt. Mehrere Ehefrauen zu haben ist bei uns gesetzwidrig. Was meint er denn dazu?“
„Er hat keine Unzufriedenheit mit uns zum Ausdruck gebracht.“
Was für ein Schwindler Hassan war! Redete über Reformen, aber sein eigenes Vergnügen sollte nicht beschränkt werden. Pippa hatte ihr Antwort bekommen und ließ das Thema fallen. „Wird er wirklich Analya heiraten? Ich würde meinen, er könnte sich verbessern.“
Taleeshas Augen wurden groß. „Sie haben sie kennengelernt?“
„Sozusagen. Wir sind uns begegnet. Sie war ziemlich unhöflich.“
„Sie stammt aus einer adligen Familie.“
„Das mag ja sein, aber niemand hat ihr gute Manieren beigebracht.“
„Die Ehefrauen und Töchter der Adligen kommen niemals in Kontakt mit Haremsfrauen“, sagte Taleesha beschwichtigend.
„Vom Zufall der Geburt abgesehen, könnte sie selbst eine Haremsfrau sein.“
„Aber sie ist es nicht. Wir sind, was wir sind“, erwiderte Taleesha ruhig.
„Das muss nicht so sein! Sie können sein, was auch immer Sie wollen.“
„Möchten Sie Tee?“
Pippa erkannte, dass sie nichts erreichte, wenn sie lange bestehende Bräuche kritisierte. „Ist Analya die Einzige, die gute Chancen hat, die Sultanin zu werden?“
„Die Angehörigen des Hofs wünschen, dass der Sultan sie heiratet. Ihr Vater ist ein hoch geachteter Minister, ein Amt, das ihr Großvater vor ihm hatte.“
„Das ist ja alles sehr schön, aber sie kann doch nicht die einzige geeignete Frau im ganzen Land sein.“
„Sie versteht es, Rivalinnen zu entmutigen. Sie würden gut daran tun, sie nicht zu beleidigen.“
„Sie war mir gegenüber beleidigend! Ich würde nichts lieber tun, als es der blöden Zicke heimzuzahlen!“
„Seien Sie vorsichtig. Die Dame hat einflussreiche Freunde, während Sie niemand haben, der Sie beschützt.“
„Ich bin es gewohnt, selbst auf mich aufzupassen. Sie
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