Julia Gold Band 47
den Kopf. „Nein, ich bin nur noch etwas benebelt.“
„Das ist doch ganz natürlich. Sharif hätte warten und nicht gleich nach dem Unfall mit der Tür ins Haus fallen sollen. Männer sind manchmal so ungeduldig.“
Wahrscheinlich war sie noch verwirrter, als sie dachte. Was Rose sagte, ergab keinen Sinn. Shay hatte sich wie ein perfekter Gentleman verhalten. Selbst als sie ihn am liebsten umgebracht hätte.
„Wenn du reden willst, dann höre ich dir gern zu. Aber in der Zwischenzeit sollst du in Ruhe frühstücken.“
„Worüber reden?“
Diesmal klopfte Vi an die Tür. „Hallo, wie geht’s?“
„Gut.“
„Du hast einen Gast“, sagte sie. „Kann Pater Michael heraufkommen?“
„Oh, warum nicht?“
Vi und Rose blickten sich an, dann meinte Vi: „Ich hole ihn.“
Rose zeigte auf das Tablett. „Iss noch etwas, bevor er kommt.“
„Wollen Sie mich mästen?“
„Natürlich nicht, besonders jetzt nicht. Dir soll es nur besser gehen.“
„Was meinen Sie damit?“
Überrascht blickte Rose sie an. „Warum wir wollen, dass es dir besser geht?“
„Nein, Sie sagten besonders jetzt nicht .“
Rose betrachtete Livy nachdenklich. „Wir müssen wohl miteinander reden.“
„Warum will jeder plötzlich mit mir reden?“
Mac steckte den Kopf ins Zimmer. „He du, weißt du immer noch nicht, wie man reitet?“
„Sehr witzig. Entschuldige, wenn ich nicht lache. Mein Kopf tut zu weh.“
Macs Grinsen verschwand, als er zu ihr kam. „Geht’s dir gut?“
„Nein, ich bin von Außerirdischen entführt worden und befinde mich auf einem anderen Planeten. Nur ich verhalte mich normal.“
„Aha, das muss ein Traum sein. Du warst nie …“
„Jetzt reicht es“, unterbrach Rose und scheuchte Mac aus dem Zimmer. „Livy muss essen und sich ausruhen.“
„Weiß etwa jeder im Haus, was passiert ist?“
„Nur die Familie außer Jessica. Sie ist bei Abbie.“
Vi kam wieder. „Hier ist dein Besuch.“
Sie trat beiseite und ließ Pater Michael ins Zimmer.
Voller Mitleid blickte der Pater Livy an, die sich wieder an ihre Jugend im Waisenhaus erinnerte. Er war Vater und Mutter für sie gewesen, hatte geduldig ihre Fragen beantwortet und erklärt, warum es wichtig war, Spinat zu essen.
Sie schuldete ihm so viel.
„Guten Morgen, Pater“, murmelte sie und fühlte sich wie ein Kind. Eines, das etwas furchtbar Dummes angestellt hatte.
„Guten Morgen, so ein Unsinn, es ist schon fast Nachmittag.“ Er blinzelte Rose zu, als er zu Livy ans Bett ging. Er legte die Hand auf ihre Stirn, wie er es immer getan hatte, wenn sie krank war. „Kein Fieber, das ist gut.“
„So krank bin ich nicht. Haben Sie schon Rose Coleman-El Jeved kennengelernt?“
„Das Vergnügen hatte ich noch nicht“, antwortete er und schenkte Rose ein freundliches Lächeln. „Aber ich habe schon von Ihnen gehört.“
Livy wunderte sich, wieso der Pater von Rose gehört hatte. Die Zeitung! Das hieß, dass er das Bild von ihr und Shay gesehen hatte.
Livy wäre nicht überrascht, wenn sie jetzt Fieber hätte. Gut, dass sie schon im Bett saß.
„Sag mir, was passiert ist“, forderte Pater Michael sie auf und setzte sich auf die Bettkante. Sein feines rotes Haar war etwas zu lang wie gewöhnlich, und es war vom Wind zerzaust. „Ein Reitunfall? Das passt gar nicht zu dir.“
Sie starrte ihn an und wusste nicht, ob sie Shay erwähnen sollte. Natürlich hatte er sie gerettet, also konnte man seine Anwesenheit nicht leugnen. „Ich bin mit Prince am See geritten, und er hat sich erschrocken. Durch die Bäume war das Mondlicht nicht hell genug, und …“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Nun, was geschehen ist, ist geschehen.“ Er tätschelte ihre Hand. „Jetzt seid ihr beide sicher.“
Sie lächelte ihn schwach an. „Warum besuchen Sie mich, Pater?“
„Das ist nicht so wichtig. Wir reden wieder, wenn es dir besser geht.“
„Komisch, wenn ich reden will, wollen die anderen nicht“, murmelte Livy. „Sie kennen mich doch, ich werde jetzt die ganze Zeit überlegen, was Sie wollten.“
Rose räusperte sich. „Ich hole noch Kaffee. Möchten Sie auch eine Tasse, Pater?“
„Nein danke, ich bleibe nicht mehr lange“, erwiderte Pater Michael und schwieg, bis Rose das Zimmer verlassen hatte.
„Geht es um das Dach?“ Livy wusste nicht, was sie ihm sagen sollte.
„Eigentlich will ich nicht darüber reden, wenn du krank bist.“
„Wenn ich Sie wäre, dann wäre ich froh, meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu
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