Julia Gold Band 47
verfolgte ihn, so wie die Erinnerung an Emily.
Eigentlich hatte er vor, noch ein wenig zu arbeiten, doch er konnte sich nicht konzentrieren. Er dachte darüber nach, was er über seine zukünftige Frau inzwischen erfahren hatte. Er wusste nun, dass sie sich nur als Helferin verstand. Offenbar hatte sie keine Vorstellung von ihren eigenen Talenten, auch nicht, wie umwerfend sie in diesem schwarzen Cocktailkleid aussah. Sie war eine ausgezeichnete Köchin und eine begnadete Gärtnerin. Er brauchte zwar keine Köchin und keine Gärtnerin, aber er hatte nichts dagegen, dass sie auch das noch konnte.
Sie würde seine Frau werden. Für ein Jahr. Nur für ein Jahr. Danach würde er zu seinem gewohnten Leben zurückkehren, zu Partys und Frauen, die wussten, dass sie schön waren, und nicht hinter anderen zurückstehen wollten. Zu Frauen, die er nicht erst von ihrer Attraktivität und ihren Begabungen überzeugen musste. Warum hatte er sich unter ihnen nicht gründlicher nach einer Ehefrau umgesehen? Die Ehe mit Emily würde nicht so einfach sein, wie er sich vorgestellt hatte. Sie war ernsthafter als der Typ Frau, den er im Auge gehabt hatte. Viel bescheidener und unschuldiger.
Bis in sein Schlafzimmer drang der Duft der Rose. Er dachte an Emilys schüchternes Lächeln, ihre sanften grauen Augen und ihre langen Beine. Wie sie wohl reagiert hätte, wenn er dem Verlangen nachgegeben hätte, ihren Nacken zu küssen, als er ihr die Kette abnahm? Hätte sie ihm eine Ohrfeige gegeben? Vielleicht! Oder hätte sie sich umgedreht, ihn umarmt und ihn auf den Mund geküsst? Unwahrscheinlich! Wenigstens hatte sie den Kopf an seine Schulter gelehnt, im Wohnzimmer, nachdem sie sich gestochen hatte. Da hätte er sie gerne gestreichelt und ihr gesagt, dass alles gut wird.
Er rieb sich das Kinn und musste unwillkürlich lächeln. Sie hatte sich ziemlich unwohl gefühlt, weil er in ihr Refugium eingedrungen war. Sie wollte ihn schnell wieder loswerden. Aber ihm war es richtig schwergefallen zu gehen. Er hörte ihr gerne zu, wenn sie über ihre Familie sprach. Er schaute sie gerne an, wenn ihre Augen vor Begeisterung leuchteten, sobald das Thema auf Rosen kam. Sie hatte keine Ahnung, wie schön ihr Gesicht war, wenn sie lächelte.
So vergingen die Stunden. Alles lief auf eine zweite schlaflose Nacht hinaus. Und das nur wegen Emily. Schließlich stand Ben auf, verbannte die Rose in den Kühlschrank und konnte endlich einschlafen.
5. KAPITEL
In den nächsten zwei Wochen tat Emily einfach so, als plante sie die Hochzeit einer anderen. Erst als sie auf der Suche nach einem Hochzeitskleid war, konnte sie sich nicht länger etwas vormachen. Sie, Emily Claybourne, heiratete Scheich Ben Ali. Sie war seine Braut und würde im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Die Erkenntnis traf sie mitten ins Herz.
Am liebsten hätte sie sich auf und davon gemacht. Doch ihre Freundin Peggy jagte sie von einem Geschäft ins nächste, bis sie endlich ein Kleid übergestreift hatte, bei dem der Verkäuferin der Mund offen stehen blieb und Peggy sagte: „Das ist es!“
Wegen der ganzen Hektik traf Emily nur noch selten mit Ben zusammen. Nachdem sie endlich ein Brautkleid und passende Schuhe gefunden hatte, wollte sie sich wieder einmal in seinem Büro blicken lassen. Doch Ben war nicht da. Hinter dem Schreibtisch saß sein Vater.
Der alte Scheich war traditionell in Weiß gekleidet. Auf dem Kopf trug er ein Tuch, das von einer goldenen Kordel gehalten wurde. „Komm herein, meine Liebe!“, sagte er und begrüßte sie mit einer höflichen Verbeugung. Dann küsste er sie auf beide Wangen, hielt sie bei den Schultern und betrachtete sie mit Wohlgefallen. „Du siehst jetzt schon aus wie eine Braut, Emily. Schöner denn je. Mein Sohn kann sich glücklich schätzen.“
Sie errötete bis unter die Haarwurzeln. „Ich bin die Glückliche“, murmelte sie.
Er bot ihr einen Platz an, griff zum Telefon und bestellte Tee. „Wahrscheinlich bist du enttäuscht, Ben nicht anzutreffen. Ich habe ihm befohlen, einen Tag freizunehmen, und spiele hier die Vertretung.“
Sie bemühte sich zu lächeln und fragte sich, seit wann Ben Befehle entgegennahm.
Der Tee wurde gebracht, der alte Scheich goss ein und reichte ihr eine Tasse. „Um ehrlich zu sein, Emily, ich bin froh, dass ich ein paar Minuten ungestört mit dir sprechen kann.“
Sie bedankte sich für den Tee. Ob Ben mit sechzig auch so aussehen würde wie sein Vater? So gepflegt, mit sympathischen Charakterfalten
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